Olaf Scholz hat sich dann gestern mal endlich aus dem Schlaf gerüttelt und der Hamburger Bürgerschaft seine Sicht der Eskalation auf die Geschehnisse zum G20-Gipfel präsentiert. Kurz gefasst: „Wir haben alles richtig gemacht. Polizeigewalt hat es nicht gegeben. Die Beamten haben heldenhafte Arbeit geleistet. Wer Anderes behauptet, will nur denunzieren.“
Passt ja auch alles gerade nicht so recht in das ganze Wahlkampfgeblubber, in dem die SPD aktuell ganz selbstverantwortet die schlechteren Karten hat. So einfach allerdings will man es Scholz und der Hamburger Polizei, die sich ja auch und immer noch kritikresistent gibt, dann ganz zu Recht dann doch nicht machen.
Screenshot of the Day: Olaf Scholz zu G20-Krawallen: „Polizeigewalt hat es nicht gegeben“ vs G20-Einsatz: 35 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten.
G20 Doku sammelt etwaige Polizeigewalt und Grundrechtsverletzungen, die während des Gipfels stattgefunden haben könnten. Da ist übles Zeug bei und die Verkürzungen der Darstellungen entschuldigen dabei halt nur wenig, denn an die Staatsgewalt müssen halt immer andere Maßstäbe gesetzt werden, als an Protestierende. So auch in diesen Fällen. Straftaten sollen und müssen verfolgt werden, aber eben halt auch auf beiden Seiten. Bisher verlief die rechtlich betrachtete Debatte dazu imho eher einseitig. Olaf Scholz und die Polizei sehen das erfahrungsgemäß anders und werden am Ende wahrscheinlich auch – wieder mal – ganz gut dabei wegkommen.
Es gibt nach wie vor viele Fragen, die auf Antworten warten. Es gibt kritische Stimmen aus den Reihen der Polizei. Und auch ein internes Polizeipapier bringt Scholz in Bedrängnis.
Es wird wohl noch etwas Zeit brauchen, um die Geschehnisse aufzuarbeiten, auch wenn der politische Wille dazu aktuell recht klein zu sein scheint. Was in meinen Augen ein echtes Problem ist.
Mein ganz persönlicher Eindruck ist der, dass die Linke nach dem Wochenende in Hamburg in eine Identitätskrise gefallen ist. Auf allen Kanälen. Ich habe dafür weder eine Lösung noch irgendwelche Antworten darauf. Aber womöglich könnte ein unabhängiger Untersuchungsausschuss dafür sorgen, dass es Klarheit über Fragen gibt, die Morgen vielleicht für viele keine Rolle mehr spielen werden. Für mich schon – und ich denke, ich hoffe, ich bin damit nicht allein.
Vorerst abschließend für jene, die meinen, das man schon zum Linksextremisten gemacht werden muss, weil man die dortigen Verhältnisse auf Seiten der Polizei kritisiert – und dabei meine ich nicht mal mich. Hört euch diesen Podcast von Sascha an. Ich bin dabei nicht bei allem mit ihm einer Meinung. Weiß Gott nicht. Aber Differenzierung tut Not. Weil ohne die wird nichts besser. Eher im Gegenteil. Und das kann ja keiner wollen.
PS: Auch in dem Fall der Frau, die vom Räumpanzer gepfeffert wurde, hat das Hessische Landeskriminalamt mittlerweile einen Prüfauftrag an die Hamburger Polizei gerichtet. Dabei wird am Ende sehr wahrscheinlich nicht viel bis nichts bei rauskommen, aber ein „Prüfantrag“ ist immerhin besser als Ignoranz.
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