Ich habe so vor 15 Jahren mal dadurch meinen Lebensunterhalt bestritten, altes Studio-Equipment aufzukaufen und dann wieder zu verkaufen. Das elternunabhängige BAföG wurde mir trotz vorheriger Zusage, aber bis dahin ungeprüfter Sachlage, dann doch nicht gezahlt und ich musste irgendwie mit dem Arsch an die Wand kommen. Es gab halt sonst nichts.
Miete, Auto, Internet und Kindergarten wollten dennoch bezahlt werden. Mit dem Zeug kannte ich mich damals ein wenig aus – zumindest mit den Preisen. Also kaufte ich drei mal die Woche die „Zweite Hand„, ein Anzeigenblatt für Gebrauchtes, das damals ganz ordentlich florierte, checkte die Preise für gebrauchtes Studio-Equipment, fuhr drölf Stunden durch Berlin, um das Zeug einzukaufen, um es dann später auf eBay wieder zu verhökern. Damit konnte ich die kleine Familie über Wasser halten, auch wenn das irgendwann auch fast zu einem 40-Stunden Job mutierte, aber das ist eine andere Geschichte.
Jedenfalls kaufte ich etliche Sachen, die damals trotz ihres Alters immer noch interessant genug waren, um das dafür andere ordentliche Summen auszugeben bereit waren. Die geilsten Dinger davon versuchte ich zu behalten, aber wenn gerade mal wieder eine Miete oder die Steuern für den Bulli fällig waren, musste ich auch Geräte verkaufen, die ich am liebsten nie weggeben hätte. Ein Fender Rhodes Mark 2 zum Beispiel, bei dem zwei Klangstäbe abgebrochen waren, und für das es dennoch noch unverschämt viel Geld gab. Es ging nach München, nachdem wir jede Taste in drei verschiedenen Anschlagstufen auf dem Sampler aufgenommen hatten. Einem E-mu Emax II, auch so eine alte Kiste. Aber geilste Filter! In München wurde das gute Rhodes dann zerlegt und alles wurde als Ersatzteile verkauft. Traurig, aber die zu zahlende Miete ließ keine andere Entscheidung zu.
Später kaufte ich für einen Spottpreis einen Minimoog, der aus den 1970ern stammte und in irgendeiner Stubenecke in Berlin einstaubte. Ich wusste, dass der Geld bringen würde – alle wollten damals diese alten Moog-Geräte und zahlten ordentlich dafür. Ich saß Stunden an dem Dingen, was ein paar Macken hatte, aber immer noch einen derbe fetten Sound von sich gab. Ich liebte diese Kiste, aber es gab mal wieder irgendwas zu bezahlen. Also verkaufte ich den Minimoog über eBay für dickes Geld an Lee Buddah, der gerade dabei war, im deutschen HipHop aufzufallen.
Er wusste, dass „die Gute“ Macken hatte, kannte aber einen, der „sich damit auskannte“, wie er damals schrieb, und die Kiste zerlegen und restaurieren lassen wollte. Ein paar Monate später stellte sich raus, dass jener Tüp halt schon wusste, wie man so einen Moog zerlegt, aber eben nicht, wie man diesen wieder zusammenzubauen hatte. Er hatte den von mir geretteten Minimoog gekillt – und ein anderer hatte dafür ziemlich viel Geld bezahlt. Eine wirklich sehr traurige Geschichte, wie ich bis heute finde.
Meine einzige wirklich persönliche Moog-Geschichte. Ansonsten habe ich halt immer geguckt, was da so kam, aber mich nie wieder dazu durchgerungen, nochmal einen Moog zu kaufen. Auch wenn ich den Sound immer noch mag.
Moog jedenfalls bringt jetzt eine Serie, in über jene, die an Moogs musizieren: Sonic Origin. Und irgendwie ist das natürlich ein Grund, da mal wieder ganz genau hinzusehen. Den Anfang macht Produzent Russell E.L. Butler – und der weiß, was die Zauberkisten so können.
„Today we debut Sonic Origins, a new video series that seeks to unearth the underlying elements of artistic identity. The series kicks off with Oakland-based producer Russell E.L. Butler.
Here, Butler takes pause to reflect on ancestral inspirations, the interconnections of varied identity consciousnesses, and, ultimately, music as self-liberation.“
(Direktlink, via BoingBoing)