Drei Stunden! Ganze drei Stunden haben die gespielt. Daran hätte ich im Vorfeld nicht mal im Traum gedacht. Man hat ja so einiges gelesen in letzter Zeit, was eben darauf hätte schliessen lassen, dass es so dolle nicht werden würde. Bühenpräsenz gleich null, habe ich irgendwo gesehen, keinerlei Kommunikation mit dem Publikum und auch nicht untereinander auf der Bühne. Auch von keiner sichtbaren Spielfreude der Fünf war irgendwo die Rede. Das alles hatte ich im Kopf auf dem Weg dahin, dafür reicht es an Objektivität nicht aus. Wie auch? Ich hatte die vorher nie gesehen, dachte ich. Nun gut, es hat eine Stunde gedauert, bis sie warm waren. Corgan ist ein Genie, keine Frage. Blöd nur irgendwie, dass er nicht mal annähernd versucht, dass zu verstecken. Er wirkte ein wenig, wie ein kleiner Diktator, der sprachlos, gestenlos alles im Griff hat. Das er kein Mann der großen Worte, dafür aber eben einer der großen Musik ist, ist ja nicht neu und es hat mich nun nicht wirklich überrascht, dass er genau das an diesem Abend handhabte, wie er das immer getan hat. Aber ich will mir ja von dem auch keine Geschichten erzählen lassen, sondern die sollen, bitte schön doch, Musik spielen. Genau das haben sie getan. Fast alle relevanten Klassiker, wenn man das so sagen kann, haben sie zum besten gegeben, und zwar voller Magie, was es wohl am besten trifft. Natürlich wurden aber auch neue Songs gespielt und eines ist mal klar: Wenn das Album musikalisch dass hält, was da heute versprochen wurde, dann werden diese ganzen homogen klingenden englischen Indiebands, postpubertärer junger Männer zurück auf die Insel geblassen. Was ja auch mal an der Zeit wäre. Denn anders als diese, ist Corgan eine absolute Einheit mit seiner Gitarre, seinen Gitarren, von denen er heute Abend gefühlte 32,6 Stück bespielt hat. Die neue Lady am Bass mindestens die Hälfte davon, ihres bevorzugtem Instruments. Der spielt und spielt und spielt, wenn er denn die Zeit dazu hat, genau dass zu dürfen. Er ist der Chef auf der Bühne und das sieht man eben auch. Der Rest reiht sich ein. Und zwar treffsicher, durch und durch. Irgendwie gibt es dennoch eine spürbare Kommunikation, zwischen ihm und Jimmy Chamberlin, dem Drummer, der einer Maschine gleichkommt, einem Uhrwerk. Nichts da mit nur rythmischen Begleitmaterial. Der Mann hat begriffen, dass sein Drumset ein vollwertiges Instrument ist, dass er blindlings beherrscht. Das Bassistin Ginger Reyes und Gitarrist Jeff Schroeder nunmal ziemlich frisch sind, ist nicht zu übersehen. Aber was tut das schon zur Sache, sie machen einen großartigen Job auf der Bühne. Aber ein Corgan kann es sich eben auch erlauben, nach anderthalb Stunden vier Stücken solo auf vier verschiedenen Akustikklampfen zu spielen, was die Stimmung kurzzeitig dämpft, um danach wieder zu kochen. Sehr geil. Zum Thema Spielfreude: Es war ein Gastgitarrist dabei, dessen Namen ich nicht behalten habe. Da Corgan nun mal keine Labertasche ist hatte er den nur einmal erwähnt, was ich einfach nicht so recht verstanden habe. Ex-Scorpions Gitarrist Uli John Roth. Eine Ikone, nehme ich an, der zur seiner Gitarre ein ebenso inniges Verhältnis zu pflegen scheint, wie eben Corgan zu den seinigen. Wenn die Beiden gemeinsam spielen, wirkt Billy wie ein kleiner, faszinierter Junge, für den ein Traum in Erfüllung geht. Das ist dann Spielfreude pur. Er grinst sich einen ab und freut sich über jeden Anschlag, der eine Saite trifft und versinkt in expirimentellen, psychedelischen Klangstrukturen, die kein Ende zu nehmen scheinen. So auch die zweite Zugabe die in etwa 30 Minuten dauerte, obwohl sie nur einen Songs spielten. Die wollten einfach nicht aufhören.
Fazit: Ein großartiger Abend. Ein großartiges, dreistündiges Konzert mit einem Billy Corgan, der wie ein Kühlschrank wirkt. Zugegeben in etwas ungewohnter Form, aber ich habe noch nie einen Kühlschrank so charmant lächeln sehen…