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Die Eröffnungsfeier war wie erwartet eher so naja. Das ist einfach nicht so das meinige. Dieses nationale Geschwurbel macht für mich nirgendwo auf der Welt irgendeinen Sinn, auch nicht in Russland. Immerhin aber haben die damals Nazi-Deutschland besiegt, weshalb ich ihnen das nachsehe. Und die feiern sich hier wirklich wie die geilste Sau schlechthin. Man könnte meinen, die improvisierten Spiele sind einzig dazu da, sich als Volk selber zu feiern. Und so improvisiert die baulichen Begleitumstände auch sein mögen, so technisch perfekt inszeniert war das gestrige Opening. Da wurde kein LED-Lämpchen und kein Laser Scanner auch nur irgendeinem Zufall überlassen. Wer sieht im dunkeln schon, dass auf den Klos immer noch die Silikonfugen fehlen. Da heißt es Prioritäten setzen.

Dieses ganze pompöse Gedöns ist einfach nicht so meine Baustelle, auch wenn es schon so ein bis zwei „Wow-Momente“ gab. Habt ihr das mit dem Hammer und der Sichel gesehen? Ich fühlte mich an die Pioniernachmittage in der POS erinnert. „Wow-Moment“. Ansonsten war ich etwas betrübt, dass ich mir in dem Stadion das nicht enden wollende Variete-Theater angesehen habe, während draußen die geilste Pyro-Action überhaupt durch die Luft ballerte. Ich liebe Pyros.

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Sicherheitsmäßig lief alles fließend. Also fließend ausziehen, sich fließend abtasten lassen (immer noch sehr zärtlich), fließend die DSLR auseinandernehmen und wieder fließend zusammenschrauben. Dass man ein iPhone nicht öffnen kann zumindest war nun schonmal klar.

Bissl Aufsehen erregte die Tochter, die sich dachte, „Nehme ich doch einfach mal meine Federtasche mit ins Stadion.“ Warum auch immer. Da die Russen allerdings damals den Kugelschreiber-Revolver erfunden haben, wollten die nun jeden Stift auseinandernehmen. Klar. Für größeres Tara in Form von gleich sechs Sicherheitsbeamten allerdings sorgte ihr Taschenlocher, der auch locker als Zünder hätte durchgehen können. Was weiß denn ich, warum sie Derartiges mit auf so eine Veranstaltung nimmt. Vermutlich fragten sich die Abtaster genau das auch – solange bis einer von ihnen verstand, was ein Taschenlocher sei. Heute hat sie dann bei einer Kontrolle noch mal mit ihren Armbändern „gepunktet“, die ständig im Scanner gepiept haben. Auf dem Rückweg dann mit ihrer Kaugummi-Dose. Keine Ahnung, wie sie das immer hinbekommt.

Heute waren wir in Sotschi Centrum. Riesig und irgendwie großstadtmäßig uncharmant. Der Hafen war schön, dass die Bahn aber von hier ein halbe Stunde lang direkt hinter dem Kieselstrand am Schwarzen Meer langtuckert und man quasi am Strand auf seine Bahn wartet, war noch (mindestens) sieben Mal schöner als das.

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Ansonsten ist die City nicht sonderlich wunderschön. Viel Glas, viel vermeintlicher Luxus, viel unschöne Seitenstraßen. Ich glaube, wir hätten es mit unserem Hotel in Adler kaum besser erwischen können. Urig scheint es hier zu sein, etwas alltäglich auch. Wie das hiesige Leben eben so spielt und trotzdem nur 100 Meter bis zum Meer.

Man findet sich so ein, gewöhnt sich an das bisschen Zeitverschiebung und verdrängt, dass man eigentlich schon wieder kurz vor Heimreise ist. Deshalb eben noch mal 300 Gramm Schaschlik vom Spieß mit 200 Gramm Zwiebeln und georgischer Soße mit Chili, Knoblauch und frischem Koriander am Strand reinhauen – könnte ja das letzte Mal sein.

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Sonst noch was erwähnenswert? Ja. Als wir gestern aus dem Stadion kamen, brannte oben im Gebirge ein Stück des Waldes. Keine Ahnung, warum und weswegen, es fiel eben nur auf. Während in den letzten Tagen die Flugzeuge stets nur rechts und links an uns vorbei flogen, schienen sie gestern kreuz und quer über das komplette Arial zu fliegen. Sie hinterließen unzählige Kondensstreifen und allerschönsten Sonnenschein. Diesbezügliche Zusammenhänge? Sicher nur rein zufällig.

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Stefan, ein Tüp aus Mönchengladbach, der ausgewiesener Borussen-Fan ist, öffnet in einem Stau auf der Autobahn schon mal per Hand die Tür des Busses, wenn er pissen muss und der Busfahrer sich weigert, ihn dafür raus zu lassen. Da stören ihn auch die 57 Bullen auf der Strecke nicht. „Pippi machen muss man“, sagt er. Ich denke an die Lokalmatadore, pflichte ihm bei und latsche ihm einfach auf dem Standstreifen der Autobahn hinterher. Ebenso wie der gesamte Rest der Truppe.

Als wir da gestern im Stadion saßen, sagte ich Putin, dass ich Teile seiner Politik total beschissen finde und einen furchtbar bösen Blogartikel darüber schreiben würde, um daran was zu ändern. Er saß 1000 Meter von mir weg und hörte mich nicht. Zumindest tat er so. Der Auftritt von t.A.T.u, der als Warm Up im Stadion statt fand und vielleicht als Versuch der Relativierung zur homophoben Politik Moskaus gedacht war, war dann auch eher Kuchenbacken im Sandkasten als ein wirklich, wohl so gedachtes, taktisch kluges Statement. Mehr als Händchenhalten war nicht. Also nach dem Motto: „Wir lassen hier sogar Lesben auf die Bühne!“, aber nur wenn sie da nicht explizit zeigen, wie lesbisch sie tatsächlich sind. Die beiden haben sich den Abend sicher gut bezahlen lassen. Wenn ich das richtig gepeilt habe, haben sie einen ihrer Songs auch für die Olympia-Hmyne der russischen Mannschaft zur Verfügung gestellt. Nun ja, nichts die Welt bewegendes.

Was gefehlt hat? Dass tatsächlich irgendwer aus irgendeinem Team die tatsächliche Regenbogenfahne rausholt, während damit ins Stadion gelaufen wird. Jetzt ausgerechnet dem Deutschen Team dieses Vorhaben aufgrund ihres Outfits andichten zu wollen, was ja einige gerne taten, ist leider total lächerlich. Kein Design hier ist so bunt und regenbogenartig wie das offizielle des russischen Kleidungsaustatter. Dahinter kann sich nicht nur die Klamotte der deutschen Mannschaft verstecken. Sondern sogar die Regenbogenfahne selber. Viele Farben machen eben noch lange keine Toleranz. Leider. Reichen aber, dass so mancher das Deutsche Team genau dafür feiert. Ja.

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Noch was? Ja, ich habe drei Sorten Vodka probiert. Alle super. Was bei uns der Whiskey an Platz in den Regalen einnimmt, bekommt hier der Vodka. Ich finde das ja angemessen. Natürlich.

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Morgen geht es dann zum Skispringen. Haha. Ich und Skispringen! Als Kind guckte ich das immer gerne mit meinem Vater. Ich stellte mich dann währenddessen immer auf einen Stuhl und immer wenn ein Springer von der Schanze abhob, sprang ich eben dazu von diesem Stuhl. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

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Und wenn ich groß bin, mache ich doch noch einen Führerschein und kaufe mir eines dieser russischen Autos! <3

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Und unten in der Russendisko unterm Fenster läuft gerade russischer Chanson. Nach einem Tag, der wie Frühling war. Liebe.

[Disclaimer: Weil ja schon gemunkelt wurde, ich würde mich für derartige Artikel vielleicht sogar vom Russen kaufen lassen: Nein. Ich bin in Sotschi, weil P&G die Reise dorthin bezahlt hat. Dass ich darüber schreibe, war keine Bedingung des Deals (nicht mal erwünscht) und ich tue das deshalb total privat, ebenso freiwillig und sogar sehr gerne. Dass ich eine große Schwäche für Russland an sich habe, ist kein Geheimnis. Das ich dafür viel zu selten hier bin, vielleicht. Dass andere viel lieber ganz woanders hinfahren auch nicht, aber das kann ja nicht mein Problem sein.]

30 Kommentare

  1. jener8. Februar 2014 at 23:28

    Wer ist denn P&G?

  2. Pöllus8. Februar 2014 at 23:35

    Lada Niva = Kindheitserinnerungen

  3. mmmk8. Februar 2014 at 23:49

    Wo ist denn eigentlich der Schnee?

  4. Markus Jakobs8. Februar 2014 at 23:58

    sehr schöner Reisebericht, vorallem deine Bilder im Fischstadion gefallen mir.
    Alle viel besser als die 2000 Instagrambilder von den anderen anwesenden Leuten :D

  5. raytek9. Februar 2014 at 04:10

    P&G..? Würde jetzt mal Procter&Gamble in den Raum werfen…war ich auch von 1995-2007…

  6. nappel29. Februar 2014 at 14:26

    Ronny ist von Putin lupenrein gekauft, jetzt isses raus!

    Die Bilder finde ich aber auch toll!

  7. Steve9. Februar 2014 at 15:51

    Nette Bilder, manche sind mir in den Farben etwas zu knallig aufgedreht. Egal. Was ich vermute jedoch das beim Import der Bilder (schätze mal das Du die RAWs nimmst und nicht die JPGs, da bei JPG die Kamera das direkt richtig machen würde), die Korrekturen für Deine Linse (18-200mm) im Lightroom nicht mit setzt. Man sieht das gut bei dem Bild „Sotschi2-8-von-56“, wo am linken Rand die Laterne steht und einen tüchtigen Bogen macht. Vielleicht sind die dort so krumm?! Ansonsten noch viel Spass. Und Danke!

  8. Andreas9. Februar 2014 at 20:56

    Ich find dich gut Ronny. Bin Jahrgang 79 im Bezirk Halle groß geworden und irgendwie – Hach – du sprichst mir so oft aus der Seele. Dolles Ding hier das Ganze.

  9. kevin9. Februar 2014 at 22:54

    was hast du denn mit p&g am hut…?!

  10. contekt9. Februar 2014 at 23:46

    sorry aber ich schnall das nicht. was hat den P&G mit Sochi zu tun? Und was du, ronny, mit P&G?
    Absolut, Fotos sind genial!

  11. jener11. Februar 2014 at 00:47

    Ja, das P&G für Procter & Gamble stehen könnte habe ich mir auch gedacht.
    Konnte aber auch keinen Zusammenhang zu Ronny und/oder Sotschi herstellen, daher die Frage ;)

  12. Strugarkowski11. Februar 2014 at 03:05

    ‚Die Eröffnungsfeier war wie erwartet eher so naja. Das ist einfach nicht so das meinige. Dieses nationale Geschwurbel macht für mich nirgendwo auf der Welt irgendeinen Sinn, auch nicht in Russland. Immerhin aber haben die damals Nazi-Deutschland besiegt, weshalb ich ihnen das nachsehe.‘

    Sorry, Sotschi steht mitnichten für die ehemalige Sowjetunion. Für die Anti-Hitler-Koalition steht’s schon gar nicht. Deine Formulierung ‚Geschwurbel‘ trifft’s wohl eher. Bis heute tun mir Oppositionelle der verflossenen ‚SU‘ leid, weil genau die gleichen Leute, die in der Vergangenheit den Sozialismus predigten, ihnen heutzutage als Real Existierende Kapitalisten unverfroren gegenübertreten. Ich erinnere Dich beispielsweise an die bis heute anhaltenden Behinderungen der Tätigkeit von ‚Memorial‘ (http://de.wikipedia.org/wiki/Memorial). Für ‚Muschi-Krawall‘!!! B)

  13. maybeadayoff11. Februar 2014 at 10:46

    Ronny, wie vereinbart Ihr Euern Konsum der Spiele mit Eurem Gewissen, vor dem Hintergrund der ganzen beknackten, in Kauf genommenen Begleitumstände? Abholzung von mehreren ha seltener Bäume, Verdrängung und Vertreibung von Teilen der Bevölkerung Sotschis, Vernichtung von Ökosystemen und Verschlechterung der Trinkwasserqualität (durch den Bau der Bahnstrecke entlang des Fluss Sotschi), Zumüllen der Landschaft durch die Baufirmen – und last but not least: Staatliche Einschüchterung und Kriminalsierung der Proteste, die auf diesen Mist aufmerksam machen?

  14. LQM11. Februar 2014 at 12:28

    sehr sehr gute Bilder dabei!

  15. Wieseau11. Februar 2014 at 14:34

    Wann kommt dein konsum/kapitalismuskritischer Exklusiv Bericht von der Eröffnung der P&G Family Home 2014? Wir sind schon sehr gespannt!
    P.S. Für welches Unternehmen würdest du dich für ein paar Annehmlichkeiten eigentlich nicht vor den Karren spannen lassen?

  16. Ronny11. Februar 2014 at 14:43

    Wieseau,
    Willst Du den nicht lieber schreiben? Du scheinst da gut im Stoff zu stehen.

    P.S. Von dem deiner Mudder.

  17. Wieseau11. Februar 2014 at 15:00

    Ich mein ja nur, dafür daß du hier immer so den Gutmenschen vom Dienst spielst, ist das etwas… nun, unglaubwürdig und/oder unsympathisch. Stichwort Menschenrechte. Stichwort Putin. Ziemlich arm so was auf diese Art hier mit zu unterstützen. Aber egal, ist dein Ding hier.

  18. Ronny11. Februar 2014 at 15:08

    Wieseau,
    Oh, Leute, die „Gutmenschen“ in ihrem Vokabular führen. Die mag ich und mit denen diskutiere ich besonders gerne. Weil die immer ganz besonders sympathisch sind. -.-

    Und ja, mein Ding.

  19. Ronny11. Februar 2014 at 15:13

    maybeadayoff,
    Ich kann vieles von dem, was da im Vorfeld passiert ist, shice finden und trotzdem hinfahren. Mir fehlt allerdings gerade die Motivation, das konkret zu erläutern – vielleicht mache ich das noch gesondert.

  20. Wieseau11. Februar 2014 at 15:48

    Wärst du damals auch nach Berlin gefahren, trotz der „Shice“, die da „im Vorfeld“ abgelaufen ist? Der Vergleich hinkt jetzt nicht allzu sehr, wie ich finde.

  21. Wieseau11. Februar 2014 at 16:41

    Whatever, Ronny…

  22. maybeadayoff12. Februar 2014 at 11:59

    Ronny,

    Ja, klar. Kannste natürlich. Aber wie gesagt, irgendwie sollte es ja dann an deinem Gewssen nagen. Naja, ich würde mich auf den Beitrag freuen und bin gespannt, wie du damit genau umgehst. Ich nehme den Blog hier stellenweise (wie Wieseau) sehr angenehm subversiv, emanzipatorisch und stellenweise auch systemkritisch wahr, so dass diese (noch?) undifferenzierte Berichterstattung zu Sochi aus meiner Sicht dann noch etwas heraussticht.

  23. Ronny12. Februar 2014 at 12:04

    maybeadayoff,
    Letztendlich soll das nicht als objektive Berichterstattung dienen, sondern als etwas auf einer Reise völlig subjektiv Erlebtes. Genau das nämlich fehlt fast gänzlich in der breiten Berichterstattung über Sotschi.

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