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Schlagwort: Echo

Der „Echo“ wird abgeschafft

Als Reaktion auf die Summe der Unnötigkeiten der letzten Jahre wird der Musikpreis „Echo“ nun abgeschafft. Verantwortlich gemacht dafür wird das diesjährige Debakel um Kollegah und Farid Bang, wie es sich aus diesem Statement ließt. Man möchte wohl einen Neuanfang mit veränderter Ausrichtung. Da stellt sich die Frage, ob und so wenig ich das auch will, man den beiden ein wenig dankbar sein sollte?

Den „ECHO“ wird es nicht mehr geben. Das hat der Vorstand des Bundesverbandes Musikindustrie gestern in einer außerordentlichen Sitzung in Berlin beschlossen. Der ECHO sei viele Jahre ein großartiger Preis und zugleich zentrales Branchenevent mit vielen bewegenden Momenten und herausragenden Künstlerinnen und Künstlern gewesen. Auch steht für den Vorstand außer Frage, dass Deutschland als drittgrößter Musikmarkt der Welt zur genre- und generationsübergreifenden Auszeichnung von Künstlerinnen und Künstlern weiterhin Musikpreise mit Leuchtturm-Charakter braucht. Man wolle jedoch keinesfalls, dass dieser Musikpreis als Plattform für Antisemitismus, Frauenverachtung, Homophobie oder Gewaltverharmlosung wahrgenommen wird. Das um den diesjährigen ECHO herum Geschehene, wofür der Vorstand sich entschuldigt habe, könne zwar nicht mehr rückgängig gemacht werden, man werde aber dafür sorgen, dass sich ein solcher Fehler in Zukunft nicht wiederhole.

Vermissen dürfte den Preis in dieser Form wohl kaum jemand.

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Frei.Wild beim Echo: Jennifer Rostock rufen zu Boykott auf

Ich bin etwas erstaunt, dass nach dem Riesentheater um die Echo-Nomminierung von Frei.Wild im letzten Jahr, es in diesem so scheint, als wäre das für alle Beteiligten irgendwie okay und man irgendwie auch hofft, dass die Leute sich daran gewöhnen würden, was sie sicher ja auch tun. Drohten Bands wie MIA und Kraftklub im letzten Jahr noch damit, dieser Veranstaltung nicht beizuwohnen, sollten Frei.Wild tatsächlich eingeladen werden, geschieht in diesem Jahr genau gar nichts in diese Richtung. Für alle Nominierten scheint es klar zu gehen zu gehen, sich die Liste der Auszuzeichnenden mit den Patrioten-Rockern aus Südtirol zu teilen. Frei.Wild wurde im letzten Jahr dann wieder ausgeladen.

In diesem Jahr nun „hatten die Veranstalter einen Beirat gegründet. Das unabhängig besetzte Gremium soll künftig in Zweifelsfällen bei der Nominierung beziehungsweise Auszeichnung von Künstlern eingeschaltet werden.

In seiner ersten Entscheidung war der Beirat im Februar zu dem Schluss gekommen, das aktuelle Frei.Wild-Album „Still“ solle nicht von einer Nominierung ausgeschlossen werden, da „hier insgesamt die Grenze vom künstlerisch Vertretbaren zum gesellschaftlich völlig Unvertretbarem nicht überschritten sei“. (SZ) Damit hat man sich auch recht einfach aus der Verantwortung zu nehmen versucht. Nun sollte alles ruhig und gesittet ablaufen, Frei.Wild darf kommen.

Einigen allerdings ist das nicht ganz recht und so ruft Christoph Deckert, Basser von Jennifer Rostock, auf Facebook zu einem Boykott der Veranstaltung auf:

Vorsicht: Lang! Und: kein Hoeneß! Aber: Echo! Und: Frei.wild! Da steht ihr doch auch ein bisserl drauf!

Verehrte Musikanten und Musikantenwirtschaftende.

Was ist 2014 los mit euch?

Der Echo steht auf der Türschwelle und nahezu NIEMAND hat sich bis dato zu der Thematik geäußert, die noch letztes Jahr für einen Riesen#aufschrei sorgte. Weder Künstler noch Industrielle. Ja, es geht natürlich um die Nominierung unserer allseits beliebten blut- und bodenneutralen tiroler Partisanenkapelle.

Es ist mir bewusst, dass der Echo stumpfen und damit quasi wertneutralen Regularien gehorcht. Du verkaufst, du bist nominiert. Dementsprechend gewinnt im Normalfall die konsenstauglichste Belanglosigkeit. Wobei ich es generell für schlechtweg dumm halte, Verkaufszahlen als Maßstab zur qualitativen Bewertung von Musik heranzuziehen. Diese Praxis sollte dringend überdacht werden, damit „Deutschlands wichtigster Musikpreis“ tatsächlich irgendwann mal so etwas künstlerische Authentizität erlangen kann. Vielleicht könnte 2015 ein weiterer hochproduktiver Rat zu dieser Thematik tagen. Höhö. Ich schweife ab, zurück zum Thema: denn wie schon letztes Jahr gibt es auch 2014 eine Abweichung von Normalfall, nämlich Frei.wild. Das Argument, die Band käme aus Norditalien und sie in einer „nationalen“ Kategorie untergebracht zählt leider nicht, diverse Mitglieder sind wohl mittlerweile in Deutschland gemeldet. Also bleibt einem als logische Konsequenz nur der aus dem letzten Jahr antrainierte Usus: Man geht einfach nicht hin!

Wir, Jennifer Rostock, halten es für ausgeschlossen, einer Veranstaltung beizuwohnen, in der eine Band nominiert ist, die im letzten Jahr aus gutem Grunde ausgeschlossen wurde. Und zusätzlich den Preis verhöhnte, indem sie ihre -berechtigte- Absage zur Eigen-PR ausnutzte und es sich daraufhin in der ihr allseits beliebten Opfernische bequem machte. Es ist uns nicht nachvollziehbar, wie nach dem allgemeinen Aufruhr, der letztes Jahr im Zuge der Nominierung von Frei.wild herrschte, eine erneute Ernennung überhaupt in Betracht gezogen werden konnte.

Ist es euch das wert, euch stundenlang von einer schmierigen Laudatio zur nächsten zu quälen in der Hoffnung, dass euch die Kamera kurz beim Applaudieren einfängt? Das bisschen Aufmerksamkeit? Oder sind es Freigetränke? Oder weil eure „Freunde“ auch alle hingehen? Zeigt doch lieber Haltung! Nehmt der Veranstaltung ihre Relevanz! GEHT NICHT HIN!

Wir jedenfalls möchten in keiner medialen Berichterstattung rund um die Preisverleihung „auf Augenhöhe“ mit dieser Band erscheinen, nicht in die selben Kameras grinsen müssen und neutrale Miene zum bösen Spiel machen. Jeder andere Musiker sollte sich das ebenfalls ganz dringend durch den Kopf gehen lassen. Wir tolerieren nicht, dass diese Form von reaktionärer Nationaltümelei als ganz selbstverständlich in der Mitte der Gesellschaft akzeptiert wird.

Schade um den Freifusel auf der Party, aber ich wünsche allen anderen Beteiligten viel Spaß, ein dickes Fell oder einen Eingebung der Vernunft.

Shalömchen,

Christough // Jennifer Rostock

Gut, dass es manche ganz so still und leise dann doch nicht hinnehmen möchten. Ja.

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Frei.Wild und der Echo, nächste Runde

Wir alle erinnern uns noch ziemlich lebhaft an die Diskussionen, die es im letzten Jahr gab, weil die Jammerpatrioten von Frei.Wild in der Kategorie “Rock / Alternative National” für den Echo nominiert und eingeladen wurden. Ich erinnere mich ziemlich genau daran, weil ich einen Artikel darüber und wohl nie vorher soviele Knüppel im Blog hatte, ja.

Die Hosenträgerrocker von „Kraftklub“ sagten damals ihre Teilnahme ab, weil die mit einer Band wie Frei.Wild nicht zusammen auf der Nominierungsbühne genannt, bzw. gesehen wollen wollten. Sie waren nicht die einzigen, andere Bands zogen nach. Mia oder Die Ärzte hatten auch keinen Bock mehr. Es gab allerhand mediale Kloppe für die Echo-Veranstalter – wir erinnern uns, ich weiß.

Aufgrund eben dieser Aufregung zogen die Veranstalter des Echos, „musikindustrie.de“ (sic!), die Reißleine und luden Frei.Wild kurzerhand wieder aus. Musikindustrie.de (sic!) kündigte daraufhin an, etwas am Regelwerk ändern zu wollen, um eben nicht noch einmal so dermaßen auf die Fresse fallen zu wollen. War ja aber auch alles furchtbar peinlich für fast alle Beteiligten. Auch wenn es Frei.Wild noch mehr Schub gegeben haben dürfte. Die „Wir hier unten – ihr da oben“-Fans mögen es, wenn das Geheule der von ihr favorisierten Band immer wieder medial ausgeschlachtet wird. Das bestätigt nur die kruden Thesen, die ihre Band aus den Verstärkern zu pumpen nicht müde wird.

Ende letzten Jahres veröffentlichte die Südtiroler „wir sind nur ‚Patrioten‘-Combo“ dann ihr Album „Still“. Ich erinnere mich im Bus gesessen zu haben, als einer mit der gerade frisch gekauften Deluxe-Edition Box sich vor mich setzte, und ich dachte, „Ja, wenn sie nur das endlich mal auch wären, still.“ Aber so war wohl ihr Plan nicht. Die Platte verkaufte sich bombig und platzierte sich für eine Woche auf Platz 1 der Deutschen Charts (Musikindustrie.de und so). Frei.Wild machte mit einem Song noch eine auf die Tränendrüse drückende Charity Nummer und das Ding lief. Sehr gut sogar. Es war zu erwarten, dass musikindustrie.de sich auch in diesem Jahr wieder einmal mit dem Thema auseinander setzen müsste. Und das taten sie. Vorsorglich hatten sie nun einen „externen Beirat“ in ihrem Regelwerk verankert, der dafür sorgen sollte so derartige Problem-Fälle wie eben Frei.Wild genauer zu beleuchten, bevor die Nominierungen dann auch offiziell öffentlich gemacht werden sollten. Dieser setzte sich letzte Woche zusammen und beratschlagte sich „sachlich“ fünf Tage lang darüber, wie es denn jetzt im Fall Frei.Wild (so haben die das natürlich nicht gesagt) perspektivisch laufen sollte.

Prof. Dieter Gorny, Vorstandvorsitzender des Bundesverbands Musikindustrie:
„In der sehr emotionalen Debatte des vergangenen Jahres haben wir erlebt, dass die Grenzen zwischen gesellschaftlichen Normen und künstlerischer Freiheit fließend verlaufen und wir uns in einem Spannungsfeld bewegen, das für einen Musikpreis eine große Herausforderung und Verantwortung bedeutet. Aus diesem Grund haben wir in unserem Regelwerk nunmehr einen ECHO-Beirat verankert und damit eine außenstehende Instanz, die uns in Zweifelsfragen berät und mit dazu beitragen wird, dass kritische Diskussionen auf einer sachlichen Ebene geführt werden können.“

Man könnte fast meinen, die haben die Verantwortlichkeit dafür jetzt nicht mehr bei sich lassen, sondern auf eben jenen Beirat abschieben wollen, aber so haben die das sicher nicht gemeint. *hust*

Und der Beirat hat entschieden: Frei.Wilds Patrioten-Gejammer darf nun im Jahr 2014 ganz offiziell für den Echo nominiert sein.

Nach der Gründung eines neutralen und unabhängigen Beirats, der in Zweifelsfällen hinsichtlich der Nominierung bzw. Auszeichnung von Künstlern beim Musikpreis ECHO vom Vorstand des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI) eingeschaltet werden kann, hat der neue ECHO Beirat im Zuge der aktuellen Prüfung des Albums „Still“ der Band Frei.Wild folgenden Entschluss gefasst:

„Der ECHO Beirat hat nach langer und intensiver Diskussion und Abwägung aller Gesichtspunkte in seiner Sitzung am 19. Februar 2014 einstimmig beschlossen, dass die Künstler „Frei.Wild“ mit dem Album „Still“ nicht von einer Nominierung im Rahmen des „ECHO – Deutscher Musikpreis“ ausgeschlossen werden sollen.

Der ECHO Beirat hat die Künstler „Frei.Wild“ mit ihrem Tonträger „Still“ im aktuellen Gesamtkontext bewertet und ist zu dem Schluss gekommen, dass hier insgesamt die Grenze vom künstlerisch Vertretbaren zum gesellschaftlich völlig Unvertretbarem nicht überschritten sei. Er findet sich in seiner Auffassung bestätigt, da die aktuellen Tonaufnahmen der Künstler von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien nicht indiziert sind und auch die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft für die Filmanteile des Produkts „Still“ eine Altersfreigabe ab 12 Jahren erteilt hat.“

Helene Fischer wird nun das moderieren, was der Deutsche im Jahr 2013 zu kaufen bereit war (Helene Fischer!) und was musikindustrie.de genau deshalb als auszeichnungswürdig ansieht. Weitere Nominierungen sind bisher nicht bekannt, aber das Frei.Wild in diesem Jahr dabei sein soll haben die Echo-Macher hiermit schon mal klar gemacht. Mal gucken, wer sich dann dort neben denen auf der von musikindustrie.de gestellten Bühne noch verheizen lassen mag. Ich mach mal Popcorn warm, da gibt es ganz sicher auch in diesem Jahr wieder Gegenwind in die Echo-Segel.

Und vielleicht kaufen wir einfach nur gute Musik ohne Gejammer und patriotische Attitüde, denn:

droste
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