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4 Suchergebnisse für "Ulrich Joho "

Ulrich Johos Fotoband „DDR-Erinnerungen“ online

Ich muss das kurz erläutern. Ich hatte hier vor gut einem Jahr das Flickr-Set von Ulrich Joho, welches zu den besten DDR-Alltags-Fotografie-Sammlungen überhaupt gehört, wie ich finde. Ich war da schwer von angetan, was in dem Beitrag auch durchkam.

Einige Tage später kam der Kollege und schenkte mir einen Fotoband namens „DDR-Erinnerungen“. Ein gemeinsamer Freund hatte mein Beitrag gelesen und ihm dieses Buch für mich mitgegeben. Der Autor dieses Buches war Ulrich Joho. Der Mensch, der es mir zukommen lies, ist sein Sohn, wovon ich nicht die geringste Ahnung hatte. Internetz, ick liebe Dir!

Ich habe mir dieses Buch unzählige Male angesehen, viele Menschen, die mich besuchen taten das ebenfalls. Es ist das einzige Buch in meinem Regal, was mit dem Frontcover in den Raum steht. Außerdem zählt der Inhalt des selbigen zu den besten Fotografien, die ich bisher aus dem DDR-Alltag gesehen habe. Immer noch und ich habe mittlerweile wirklich viel derartiges gesehen.

Es gäbe da noch 2-3 andere mir bekannte Fotografen aus jener Zeit in der DDR, die ein ähnliches Talent wie Joho hatten, den Alltag der DDR zeitlos, vor allem aber authentisch bis in die Gegenwart transportieren zu können. Einer davon hält rein gar nichts vom Internet und fotografiert immer noch analog um seine Bilder dann zu archivieren, ein zweiter hat die Wende-Zeit nahezu perfekt porträtiert und danach sein Fotoberuf an den Nagel gehängt. Einige seiner großartigen Fotografien hängen in meinem Flur, aber ich schweife ab.

Die großartigen Bilder von Ulrich Joho, die Hauptbestandteil seines Buches „DDR-Erinnerungen“ sind, stehen jetzt für jedermann sichtbar im Internet. Und zwar hier: Fotogemeinschaft | Ulrich Joho – Meine DDR. Zu einigen Bildern gibt es kleine Geschichten von ihm dazu, auch die Einleitung ist durchaus lesenswert. Überhaupt sind auch alle anderen Bilder von Joho sehenswert, auch im nicht DDR-Kontext.


(Danke, Mogreens!)

Ein Kommentar

eBoutiqe


CC: Ulrich Joho
Ulrich Joho hat Anfang der Woche wieder einige seiner Fotos hochgeladen, die den Alltag der Menschen in der DDR zeigen. Ich behaupte jetzt mal, dass das die schönsten Aufnahmen dieser Art überhaupt im Internetz sind. Gerade die „flüchtigen Porträts“ haben es mir angetan, brillieren sie durch ihre minimale Darstellung, was was Wahrhaftiges, was Echtes auf die Bilder bringt. Ich pack mir jetzt das Flickr-Album von ihm in den Reader, denn es gibt immer wieder neue dieser wunderbaren, erinnerungsschwangeren Bilder. Mittlerweile unter CC-Lizenz.

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Jugendkultur im Deutschland der 80er-Jahre und Icke so

IslBG

Ich hatte nur wenig von den 80ern, andererseits hatte ich alles. Zum Beginn der selbigen war ich Vorschulkind, zum Ende war die Mauer gerade eingefallen und ich war ziemlich bis verdammt pubertär. Und ich liebte Musik. Die Kultur auch, die Musik mit sich brachte, wenn sie bitte schön rotzig und dreckig war. Da war der Mainstream, den ich schon damals ziemlich beschissen fand: Pop und Falco, der heute ja auch obhin seiner Koks-Nase gerne zum kuhlen Tüpen stilisiert wird. Da waren die alten Scherben-Platten, die mein großer Bruder zwar besorgte, obwohl er eigentlich lieber die von Phil Collins und von Westernhagen mochte (der tatsächlich auch mal gute Platten machte). Die Ärzte, die es sogar auf Amiga schafften. The Cure, die damals alle interessanten Mädels in der Stadt mochten, viel mehr noch als BROS, die eigentlich schon in den 80gern so total tragisch späterer 90er-Bullshit waren. Die waren ihrer Zeit auf tragische Weise sehr viel hinaus. Da war der Kassetten-Rekorder meines Bruders, der RIAS konnte, und sein Plattenspieler, den ich nie hätte benutzen dürfen, was ich natürlich trotzdem tat, um die Platten zu hören, die er zwar hatte, aber nie so wirklich gerne mochte: Rio Reiser, Opel-Gang, Grönemeyers „Gemischte Gefühle“ (bis heute auch deswegen ein Riesenalbum), die Dada-Sachen von Trio, 80er eben.

Später dann kamen Anne Clark (Die Nummer haben wir dann bis auf die Vocals Mitte der 90er komplett auf der MC-303 nachprogrammiert), die die eine Grufti-Betreuerin (Gott, was war die lieblich) mit ihren lila Strähnen im Ferienlager total gerne mochte. Und New Orders Blue Monday.

Und dann waren meine 80er auch schon wieder vorbei. Musikalisch verabschiedeten sich diese irgendwo in der Mitte zwischen Techno, der gerade alles zu runterreißen vermochte, und zwischen Punk. Beides mag ich bis heute, wie ja hier nur unschwer zu erkennen sein dürfte. Nur war Techno für mich schon damals nicht nur dumpfes Geballer für den Dancefloor, sondern alles, was aus Maschinen kam – was bis heute so geblieben ist. Und Punk schon immer viel mehr als nur ein 3-Akkorde-Riff, sondern viel mehr eine Haltung. Im Kopf eben punken. Nicht nur, aber eben auch. Auch in der Playlist, die damals noch als Mixtape auf die papierende Hülle einer Kassette geschrieben wurde. Natürlich.

Populärmusikalisch waren in Deutschland eigentlich nur die 80er noch schlimmer als die der 90er. Populärmusikalisch nämlich kann man beide Jahrzehnte gerne in den Tonne drücken. Und jetzt kommt mir nicht mit NDW und kommt mir nicht mit Eurodance. Beides war musikalisch für den musikalischen Arsch (Jehova, Jehova!). Bei mir ohne jegliche Tränen, ohne jegliches Vermissen. 20 Jahre für nichts. Aber daneben passierte so vieles, was so viel wichtiger war, als die „Heavy Rotation“ auf RIAS. Es pulsierte im Unten auf soviel mehr zu Erwartendes.

Aber ich verschreibe mich hier gerade mal wieder fürchterlich. Was ich eigentlich sagen wollte und was man sich gerne auch mal anhören könnte/sollte vielleicht: Deutschlandradio (ich mag den Namen nicht, aber was kann ich schon dafür) hat gerade ein ziemlich hörenswertes Feature über die Jugendkultur im Deutschland der 80er-Jahre, auch der im Osten dieses Landes.

[audio:http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2013/09/29/dlf_20130929_2005_62197152.mp3]
(Direktlink)

Hippies verschwinden fast völlig, Punks gewinnen die visuelle Oberhand, aus Rockern werden Heavy-Metal-Fans, daneben gibt es Gothic-Anhänger, Skinheads und, und, und; in Anfängen auch in der DDR. Charakteristisch für das Jahrzehnt: der Protest vor allem junger Leute gegen die Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen in Ost und West, gegen den Bau von Atomkraftwerken oder Wiederaufbereitungsanlagen sowie gegen das Waldsterben.

Die Jugendarbeitslosigkeit steigt. Pessimismus greift um sich. In der DDR äußert sich die zunehmende Politisierung der Jugend vor allem in der kirchlichen Arbeit oder der alternativen Friedensbewegung „Schwerter zu Pflugscharen“. Gorbatschow weckt ab 1985 neue Hoffnungen, die sich vier Jahre später in der Friedlichen Revolution in der DDR erfüllen.

Und ich gebe mir jetzt ein The Cure-Konzert voll alter Klassiker. Aus Gründen. Die nämlich spielen sie auch heute gerne mal noch, mittlerweile fast 30 Jahre später. Auf dem Lollapalooza. In Chicago. „Pictures of You“ und so. Nämlich.


(Direktlink)

Das Foto ganz oben ist übrigens vom großartigen Ulrich Joho, der wohl, wie es kein anderer vermochte, die Jugend der DDR mit seiner Linse festzuhalten vermochte. Wirklich.

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Fotos: die DDR von 1970 bis 1990

Ich habe vor ein paar Wochen ein ziemlich cocktailgeschwängertes Gespräch mit einem Mann gehabt, der eine wirklich erzählenswerte Biographie in der DDR mit sich brachte. Um damals nicht in den Knast zu gehen, hatte er sich dazu bereit erklärt, „irgend eine Ausbildung zu machen“. Ohne diese hätte er in der DDR als „asozial“ gegolten, was durchaus gereicht hätte, ihn für 1-2 Jahre hinter Stahlgardinen zu verstecken. Er hatte sich dann, nicht ganz freiwillig, dazu entschieden, Erzieher zu werden, so wie ich, aber das nur am Rande. Irgendwie hat das dem Staat nach seiner Ausbildung auch nicht gereicht, und er musste, um einer Inhaftierung zu entgehen, noch einen Beruf erlernen – als Erzieher nämlich war er „subversiv aufgefallen“, wie das zu jener Zeit so hieß. „Studieren wäre damals noch besser gewesen“, sagte er. Weil „das länger dauerte, und er länger Ruhe gehabt hätte“, wie er meinte. Diese Ruhe allerdings ist nur relativer Natur: seine Zimmer waren damals verwanzt, sein Leben auch, was als solches durchaus auch so zu verstehen ist. Er war das, was man heute nur allzugern als „Stasi-Opfer“ durch die Medien jagt.

Er hat sich dann daraufhin an der Kunsthochschule Leipzig eingeschrieben und Fotografie studiert, ohne das er da wirklich einen Sinn drin gesehen hätte, weil er dazu „keinerlei Bezug“ hatte, wie er sagte. Nur: die haben ihm den Arsch gerettet. Er galt als Künstler, und war somit, zumindest für einen überschaubaren Zeitrahmen, halbwegs gesichert. Dann kam die Wende… Er war als Fotograf anerkannt, bekam eine ABM-Stelle und bereiste, im Namen des Arbeitsamtes, den Osten der Republik um den Abzug der Russen zu dokumentieren. Davon konnte er gut leben in den 90´ern.

Ich fragte ihn dann, warum er diese 100e Fotos, die er ja gemacht haben müsste, nicht ins Netz stellen würde. Er meinte, „weil das wohl kaum jemand sehen wollen würde“ – er hat „keine Ahnung vom Netz“, sagte er auch, was mir schmerzlich aufstieg, irgendwie. Denn: er hat offenbar wirklich keine Ahnung vom Netz, von der Multiplikation des Netzes und so. Er tat mir etwas leid, weil ich weiß, wie sehr er am Knabbern ist, der Kunst wegen. Das sagte mir seine Freundin, die ich lange schon kenne und lange schon mag. Er meinte, er würde sich das alles mal ansehen mit Fickr und so, die „Rechte auf die Bilder hätte er ja“, sagte er.

Ich ging, trunken. Peinlicherweise vergass ich sogar seinen Namen, was mir wirklich unangenehm ist, nur er war einer der Menschen, die das alles als nicht wichtig empfinden, mit dem Netz und so. Ich traf ihn nochmal vor ein paar Tagen, wo er für so eine abgefuckte Stiftung, die in Potsdam als andere als beliebt ist, rumlief, und mit seiner immer noch analogen Spiegelreflex Fotos machte, um die für so ein Werbeheftchen klar zu kriegen. Das gibt ihm Brot, das macht ihn satt.

Zugegeben, das alles hat nichts mit dem Flickr-Pool zu tun, den ich hier jetzt eigentlich bringen will, aber es fiel mir dazu ein, denn ich denke, seine Bilder wären noch viel besser. Die, die er noch in seiner Kammer liegen hat, die, die er vor 18 Jahren vom Abzug der Russen gemacht hatte, und die nur darauf warten im Netz zu landen. Im nächsten Jahr dann wird er nach Peru auswandern und ich hoffe sehr, er wird seine Bilder endlich zugänglich machen für den Rest der Welt. Vorher.

Bild: ulrichkarljoho
Flickr-Pool: die DDR von 1970 bis 1990

Den Namen zu dem oben zitierten Fotografen werde ich selbstredend nachtragen, versteht sich.

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