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Kategorie: Täglicher Sinnwahn

Wenn man jünger ist, hat man mehr Biss. Man nimmt den ganzen Shice, der täglich auf einen niederprasselt nicht so ohne weiteres hin. Man ärgert sich, man regt sich auf, man ist bereit zu kämpfen für die Dinge, die einem wichtig sind. Die im Alter so gerne als „Gelassenheit“ benannte Fähigkeit über Sachen hinweg zu sehen ist nichts weiter als Faulheit, glaube ich. Nichts weiter als Resignation. Man kapituliert wenn man seinen eigenen Arsch an der Heizung weiß. Oder man macht Politik, was auf das selbe hinausläuft. Nichts Impulsives mehr, nochmal drüber schlafen und jede Menge Tee trinken. Soviel Tee, dass der Ärger darin ersäuft, sich so sehr verdünnt, dass man ihn nicht mehr sehen kann, nicht mehr spürt. Altersweisheit ist eine Illusion, die die Alten geschaffen haben, um sich selber im Spiegel ansehen zu können, ohne das ihnen der Brechreiz kommt. Nicht mehr – nicht weniger. Viel drüber reden, diskutieren auch, von mir aus auch schreiben. Nur ändern tut sich nichts. Alles bleibt anders, wird immer schlimmer und man nennt es Gelassenheit, Weisheit. Irgendwie ekelhaft.

Wo ist es hin, das Gefühl, dass es für eine gute Sache zu kämpfen sich lohnt, bei den Alten, bei uns, die wir noch nicht mal 40 sind. Kaufen, kaufen – Fressen, fressen.

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O, wie sehr ich sie nicht mag

Zugegeben, „nicht mögen“ wäre in diesem Zusammenhang ziemlich tiefgestapelt, eher empfinde ich immer so eine ungesunde Mischung aus Miss, – und Verachtung, wenn ich Eltern sehe, die mit ihren Kindern so reden, als sollte aus denen mal Soldaten werden, als wären die schon als US-Marines geboren worden, so reden, als seien sie die Befehlsgeber und die Kinder nicht mehr als Empfänger für die Anweisungen, die die Alten ihnen entgegen bellen. Ganz so als hätten die Kinder keinen eigenen Kopf zu haben, der ihnen die Richtung in die sie gehen wollen vorzugeben vermag. Komm her! Geh weg! Steh mir nicht im Weg rum! Setz dich! Steh auf! Sei leise! Geb Ruhe! Sag guten Tag! Halt die Klappe! Wenn ich dir sage! Hör auf! Mach Platz! Geh mir aus dem Weg! Hörst du schlecht? Bist du Taub? Mach den Mund zu! Komm mit! Bleib hier! Leg dich hin! Iss! Iss ordentlich! Iss alles auf! Mach das weg! Räum auf! Mach aus! Mach an!…

Diese Liste kann unendlich weitergeführt werden. Es ist als fehlen da einige Wörter im Stammwortschatz, als fehle etwas Erinnerung an die eigene Kindheit und daran, wie sehr man es selber gehasst hat, wenn die Alten einen verbal umher geschubst haben. So als verstehe man als Kind nur die wenigen Worte, die Befehle – so wie ein Hund.

Derlei Triaden hatte heute Morgen eine Mutter für ihre beiden Mädchen in der Bahn über. Hat sie immer. Mehr nicht. Kein Lächeln, kein liebes Wort immer nur Befehle. Der Gipfel war die Ansage, dass man nicht haut! Sprach es und versetzte der Kleinen einen Schlag auf den Po.

Und so als wolle die Mutter auch wirklich kein gängiges Berlin-Marzahn-Klischee auslassen, hießen ihre Kinder „Lucien“ und „Chayenne“. Wenn doch Namen alleine glücklich machen könnten… Das wäre fein.

Ganz tief könnte ich mir den Finger in den Hals stecken, wenn ich so etwas miterleben muss. Ganz tief… Um dann zu kotzen.

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Revolution nicht ohne Ticket

Sie muss Mitte dreizig sein und sitzt in der Haltestelle genau neben mir. Aus ihren guten, offenen Sennheiser-Kopfhörern ballert „Kopfüber in die Hölle“:

„Revolution – stand auf unseren Fahnen
Revolution – stand uns im Gesicht
Wir haben erlebt – was andere nicht mal ahnen
Revolution- weniger wollten wir nicht.“

So wie sie sich zurecht gemacht hat, könnte es sein, dass sie zu die Ärzte in die Wuhlheide will, die ab heute drei Abende am Stück die Wuhlheide in ein Pulverfass verwandeln wollen. Wie ich die kenne, wird ihnen das ohne weiteres gelingen.

„Revolution – wir wollten weg von der Masse
kopfüber in die Hölle und zurück
Heute stehst du – bei Herti an der Kasse
da ist keine Sehnsucht mehr in deinem Blick
du sagst man tut halt was man kann
und dir gehts gut du kotzt mich an!“

Die Tram fährt ein, alle Wartenden steigen ein. Sie verschwindet mit anderen im hinteren Teil des Wagons, dort gibt es die Tickets am Automaten. Die alten Damen, die von genau dort kommen, setzen sich gelassen, sehen aus den Fenstern. Sie setzt sich nervös in den vorderen Teil der Tram und dreht ihren Kopf noch nervöser zwischen Fahrerkabine und Ticketautomat hin und her. Nach zwei Stationen hält es sie nicht mehr auf dem Sitz und klopft an die Fahrerkabine: „Äh, hallo, ich würde mir ja gerne ein Ticket kaufen wollen, aber der Automat ist kaputt, wissen Sie? Was soll ich denn jetzt machen?“

Batsch.

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Supermärkte in sozialen Brennpunkten zu benutzen hinterlässt manchmal ein mulmiges Gefühl. Die Blicke jener, die dort einkaufen, nach außen aber nur zu gerne das Gefühl vermitteln, sie sein nicht von dort, sprechen einen schuldig. Schuldig dort zu leben wohnen. Auch wenn man von ganz woanders kommt. Am vorwurfsvollsten gucken immer die Verkäuferinnen, gerade wenn man ein Kind dabei hat. Dabei habe ich nicht mal was Alkoholisches gekauft.

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Fotos: Vietnam Krieg

Hunderte von Bilder die mitunter das Zeug haben, das ganz verrückte Grauen zu dokumentieren. Bilder reichen bekanntlich nie aus, um wirklich nahe an das Geschehene ran zu kommen, aber das hier geht wirklich unter die Haut und hinterlässt ein starkes Zerren in der Magengrube. Offizielle Pressebilder, Privataufnahmen und auch Fotos von Soldaten, die mitunter nicht mehr die Zeit hatten, diese Bilder entwickeln zu können, weil sie vorher ihr Leben lassen mussten. Ganz harter Tobak. Am besten erst nach dem Frühstück.

No one other than those who have been in Vietnam and experienced it all with their own eyes can really write a true picture.
Therefore I request anyone out there who has something to share about their days in Vietnam to kindly leave a write up / comment and help those like me and future generations to understand the Vietnam experience as it truely was.

Flickr

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Und auf einmal wollen sie genau das sein, gegen das sie mal angetreten sind zu sein – weil es so war, wie es war. Und weil es so altbacken war, damals. Heute aber ist es dann doch gut genug.

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Im Supermarkt von dem alten Leder der alten Verkäuferin mit „Moin.“ begrüßt, und mit „Acht vierenfuffzich.“ verabschiedet zu werden, ist auch um 21:00 Uhr und auch nach einem Tag mit über 30 °C nicht sonderlich freundlich. Über höflich will ich gar nicht erst reden.

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