Die Herzensdame und ich haben uns im vergangenen Sommer auf den Weg nach Wien gemacht, um dort Kruder & Dorfmeister dabei zu sehen, wie die beiden ihre K&D Sessions im Wiener Konzerthaus auf die Bühne brachten. Wir hätten vorher auch in Berlin gehen können, aber wir dachten wenn die Wegbereiter der „Wiener Schule“ ihren ikonischen Sound in Wien präsentieren würden, wäre das irgendwie angemessener. Also sind wir hin, haben nebenbei liebste Freunde besucht und uns wahnsinnig auf diesen Abend gefreut.
Dann saßen wir auf einen Drink gegenüber dieser wirklich opulenten Location und sahen die Menschen in diese reinströmen. Ich musste kurz darüber nachdenken, dass die beiden in ihren jungen Jahren dort vielleicht mal gemeinsam vorbeigelaufen sein könnten und Dorfmeister zu Kruder sagt: „Du, Peter! Irgendwann verkaufen wir dieses Haus aus. An zwei Abenden hintereinander!“ und Kruder antwortet, „Du spinnst, Richard!“ Aber dem war dann so.
Wir sind dann rein und im Foyer bahnte sich die stilvollste Ü-40 Party an, die ich bisher gesehen habe – und das nicht nur musikalisch. Wir gingen in den Oberrang direkt gegenüber der Bühne. Stuck, roter Samt, Blattgold. Ganz so, als wäre der Saal für diesen Moment gebaut worden. Ein Meer aus Sonnenblumen in denen sie dann das live spielten, was ich vor über 25 Jahren so unfassbar habe lieben lernen und was mich musikalisch so intensiv beeinflusst hat, wie vielleicht nichts anderes.
Ich saß dann da mit andauernder Gänsehaut und hin und wieder mit einem Tränchen im Auge. Ich war ein bisschen überwältigt. Das war alles sehr großartig. Danach sind wir mit Freund:innen in der Innenstadt noch auf einen Drink an der Donau gesessen und haben den lauen Sommerabend ausklingen lassen. Ein Konzert, das sehr wahrscheinlich für immer in meiner Erinnerung bleiben wird. Hach! Und der klang so:
Kruder & Dorfmeister übertragen den organischen Puls ihres legendären Albums mit einer vierköpfigen Live-Band in den Raum des Wiener Konzerthauses – nicht als Rückblick, sondern als präzise Gegenwart. Der Konzert-Film “Kruder & Dorfmeister play the K&D Sessions live at Wiener Konzerthaus” ist mehr als nur ein Konzertmitschnitt. Er ist eine Reise – nicht zurück, sondern nach innen. Ein Tauchgang in die Schichten von Dub, Breakbeats und jazzigen Texturen. Fragmentarisch, flirrend, atmosphärisch.
Die VHS-Ästhetik zerschneidet die Klarheit der digitalen Welt, lässt Raum für Brüche, für Erinnerungsreste, für das Unaussprechliche zwischen den Tönen. Die Kamera streift durch Licht und Schatten, durch Körper, Wände, Frequenzen. Alles ist durchlässig. Alles ist Klang. Was früher Wohnzimmer vernebelte, durch Straßen bei Nacht vibrierte, sitzt heute tiefer – bewusster, dichter, unmittelbarer. “The K&D Sessions” ist kein Dokument der 90er. Es ist ein Zustand, der weiterlebt – lauter, klarer und radikaler denn je. Nicht retro. Nicht neu. Sondern jetzt. Und immer.
[Update:] Was aber auch gesagt werden muss: die K&D Sessions™ wäre damals nie so erfolgreich gewesen, wenn man sie wie an diesem Abend mit einer Band aufgenommen hätte. Keine Band kann die Statik eines Loops und kein Synth kann ein exaktes Saxophon Sample ersetzen.
Toll war es trotzdem.
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