Mein Bruder kaufte damals, kurz nach dem die Mauer fiel und ich noch gar nicht wusste, was es da alles so gab, Schallplatten. Von Police und Rio Reiser. Ich mochte das. Nicht nur die Platten, sondern auch den Sound. Er kaufte auch andere Platten, aber das gehört hier nicht her.
Als ich dann 1990 mit 14 mit einem Freund das erste Mal die Ferien alleine bei seiner Tante in Dresden verbrachte, kaufte ich meine erste Platte. Run DMCs „My Adidas“. Ich hatte nicht mal einen Plattenspieler, aber ich mochte den Sound. Sehr sogar.
4-5 Jahre später explodierte dann diese Techno-Kiste in Berlin. Ich sparte mir den Arsch für zwei 1210er und einen Vestax-Mixer ab und began den Techno zu kaufen, zu dem ich am Wochenende tanzen ging. Erst bei Jordan im WOM im Forum, später dann im Delirium in der Krummen Straße. Noch später waren wir zu dritt alle 14 Tage Stammgäste bei Spacehall. Und egal, wie verpeilt wir dort am Samstagmorgen immer ankamen, wir wurden immer gut bedient. Vielleicht auch, weil wir immer irgendwas um die 500 DM dort liesen. Zu dieser Zeit kaufte ich eigentlich fast nur noch Downbeats, Drum’n’Bass oder Goa ein. Alles auf Vinyl. Ich habe es geliebt – ich liebe diese Fundstücke immer noch. Bis heute. Sehr sogar.
15 Jahre später habe ich fast immer noch jede Platte, für die ich jemals bezahlt habe. Ohne, dass ich sie irgendwann nochmal spielen wollen würde. Zumindest trifft das auf viele von denen zu. Als ich mich letztens auf den Downbeat-Gig in der Ritter Butzke vorbereitet hatte, allerdings, habe ich feststellen müssen, dass es viele dieser Nummern, die ich einst so sehr mochte niemals anders geben würde als auf Vinyl. Du findest sie einfach nicht im Netz. Die Labels sind lange pleite, die einstigen Musiker haben heute andere Dinge im Kopf, was heißt: entweder du hast die Platte, oder du bist am Arsch. Ich habe einige davon.
Ich spiele heute ausschließlich digital. Weil es keiner Koffer bedarf und weil ich immer alles dabei habe – ich immer auf alles vorbereitet bin. Und dennoch mag ich diese spleenigen Vinyl-Nerds, die manchmal schon fundamentalistisch wirken, was okay ist, denn sie sind alt. Und ich liebe immer noch die Schallplatte, auch wenn ich sie nicht mehr in den Klub mitnehmen würde. Ich liebe jede von denen, für die ich jemals Geld bezahlt habe. Und ich habe viel Geld dafür ausgegeben. Ich habe fast jede Kraftwerk VÖ der letzten 30 Jahre. Wenn ich irgendwann mal gehen muss, bleibt nicht viel für meine Kinder – bis auf meine Plattensammlung. Zumindest diese lohnt sich.
Aber was erzähle ich? Das hier ist die beste Dokumentation über Vinyl-Nerds, die je gemacht wurde. Ich habe mitgefühlt, verstanden und dennoch sehr oft schmunzeln müssen. Und: ich ziehe natürlich weiterhin mit meinem Controller durch die Landen, auch wenn mein Vinyl für immer im Schrank stehen wird. Sogar das der B-52’s.
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