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Doku: Rostock von ganz unten (1993)

Die Qualität ist unterirdisch, die Doku dennoch sehr sehenswert. Sie zeigt jene, die damals wohl nicht ganz zu Unrecht das Prädikat „Wenderverlierer“ bekamen.

Ganz unten in Rostock hält die Kamera auf die nackte Realität in den noch nicht sanierten Straßenzügen rund um Budapester, Waldemarstraße und Ulmenmarkt. Nicht lange nach der Wende, noch mit reichlich DDR in der Substanz. Einschließlich der Protagonisten. Als alter KTV-Bewohner kennt man einige ‚Stadtgestalten‘ noch aus dem Straßenbild der 80er und 90er (inzwischen hab ich seit Jahren keinen von ihnen mehr gesehen). 17 Jahre später muten die Aufnahmen absolut bizarr, bisweilen grotesk an. Doch es war der simple Alltag – „jaja so sieht dat aus un nich’n bisschen anners“…

(Stadtgestalten)

Der Fernsehjournalist Peter Gatter nahm u.a. Anfang der 80er Jahre an der Besetzung der Danziger Werft durch die Solidarnosc teil und konnte die ersten Fernsehbilder davon in den Westen schmuggeln. … Ab dem 1. August 1992 war er Fernsehchef und stellvertretender Direktor des NDR-Landesfunkhauses Mecklenburg-Vorpommern in Rostock. Die Reportage „Rostock ganz unten“ muss damit zu seinen ersten Projekten in dieser Funktion gehört haben. Peter Gatter starb 1997 im Alter von nur 54 Jahren.


(Direktlink, via Marten)

15 Kommentare

  1. Wurstbrot schrie die Kuh als sie den Mond betrat und Hunger hatte1. März 2013 at 14:21

    kann man bei vimeo auch direkt downloaden, falls man’s jetzt nicht schafft, das zu glotzen.

    dangge für den video!

  2. Da Na1. März 2013 at 15:15

    OMG! Wie krass hat sich die KTV verändert! Heute ist das eins der teuersten Wohnviertel o_Ô

  3. olli1. März 2013 at 15:16

    so eine menge gescheiteter existenzen… schlimm. ich bin im westen aufgewachsen und wurde etwas später geboren, 1979. aber auch ich wuchs in einem viertel mit lauter gescheiterten auf, unter alkoholikern, depressiven, kriminellen, fast genau zwischen düsseldorf und köln. hier bei uns redete man immer darüber wie schlimm es im osten doch sei, wie arm doch alle sind usw. aber ich habe irgendwann bemerkt das leute, die über andere, die da drüben, die türken usw. reden selbst nix auf die reihe bekommen.
    die themen sind immer die selben: das scheiss leben, das sich niemand um einen kümmert, daß das amt nicht zahlen will, das der peter ne neue glotze hat und man nun unbedingt mindestens gleichziehen muss. der obligatorisch kranke hund mit dem ebckenleiden kann nicht mehr so gut laufen, was meist als bvegründung herhalten muss das der hund nun in den hausflur kacken muss, oder direkt draussen vor der türe. auch bei uns wollten alle irgendwie arbeiten. aber was leichtes, nicht zu viel, und nicht zu lang. und überhaupt darf es sich nicht mit den eigenen aktivitäten überschneiden.

    ich denke in dieser dimension ist es eine kollektivdepression der kriegskinder und der kinder der kriegskinder. wenn man so viele ängste mit sich herum trägt und angst hat was alles so passieren kann, über keinerlei selbstkenntnis und deshalb auch über keine kenntnis über seine fähigkeiten und talente verfügt hat man kein selbstvertrauen. hier werden die menschen nicht solidarisch von der gesellschaft getragen und auf den weg gebracht, sondern zusammengepfercht in siedlungen und grundversorgt.

  4. schno1. März 2013 at 15:42

    die stelle ab 10:35 kenn ich irgendwie von fischmob oder so, weiss das jemand genauer?

  5. Marten1. März 2013 at 17:45

    Was ich an der Doku auch so erstaundlich finde, ist die total unkommentierte und „einfache“ Darstellung der Situation. Wirkt dadurch fast schon wie eine der frühen BBC-Dokus – ohne Meinungsmacherei.

    @schno material aus der Doku wurde in vielen Musikvideos hier verwurstet.

  6. Sven1. März 2013 at 19:06

    ufff, starker tobak!

  7. Anonymous1. März 2013 at 19:38

    Realität, ungefiltert und direkt.

    Das verträgt man heute nicht so einfach. Heute sind die Protagonisten von gestern alle schlechte Menschen, sagt zumindest der alltägliche Fernsehreport.

    Die Objektivität des Beitragts, die Lebenssituationen realistisch darstellt, findet man heute nicht mehr.

    Man gaukelt uns vor, das alle, die nicht vom system erfasst werden, entweder krank sind, oder absichtlich auf Kosten anderer leben.

    Toller Fund! Großartig gefilmt, gibt’s das auch in höherer Auflösung?

  8. elektrobanause1. März 2013 at 23:27

    93? da habe ich gerade die 10. klasse gemacht. bei uns sah es seit 90 nicht anders aus: rumlungern mit den älteren in abbruchreifen wohnungen, ausgelegt mit siffigen matratzen, ohne ofen und ohne klo. dafür mit videorecorder, horrorfilmen, hotten-totten-musik, büchsenbier und anderen sachen. und filterkippen waren damals noch erschwinglich. trainspotting in einem ostdeutschen dorf. =)

  9. civ313. März 2013 at 09:52

    @schno

    der sample „.. der Knastarzt von Warnemünde…“ landete auf der genialen 1. Adolf Noise (aka DJ Koze) Scheibe! Also Fischmob war schomma nich so falsch.

    Ist jemand aus Rostock hier, der mal erzählen kann, wies heute da aussieht?

  10. Da Na3. März 2013 at 10:57

    @civ31 Ja, ich hab ja oben schon geschrieben: Die KTV ist jetzt nach Warnemünde das teuerste Wohnviertel. Die Altbauwohnungen sind alle saniert & die Uni hat in der ehemaligen Russenkaserne am Ulmenmarkt die größten Hörsäle & ein Audimax, deshalb wohnen da auch viele Studenten. Außerdem ist die KTV mit der höchsten Kneipendichte von ganz Rostock DAS Ausgehviertel. Ich würde mal sagen Gentrifizierung wie in Friedrichshain, auch wenn ich das in Rostock so niemanden sagen gehört hab.
    Das ganze ist überhaupt nicht vergleichbar mit früher, ich hätte nicht erkannt, daß das gezeigte die KTV ist.

  11. civ313. März 2013 at 11:30

    @ Da Na
    Gab´s denn da Anfang der 90er eine Besetzerszene? Im Film wird ja sowas angedeutet, wo die ältere Frau sich aufregt, dass „die da einfach rein sind und wieder raus müssen“. Gab´s da Widerstand?

    Wenn das Viertel das Ausgehviertel der Stadt ist, eher alternative Szene am Start ist, find ichs ja auch schon wieder spannend. Ist ja quasi auch gentrifiziert, jedoch von der Bevölkerungsschicht, die sich anderswo über Gentrifizierung aufregt. Verdrängung hat ja definitiv stattgefunden. Ich geh mal davon aus, dass das sogenannte Prekariat in Rostock mittlerweile auch inna Platte am Stadtrand wohnt..

  12. Da Na3. März 2013 at 20:29

    Vonner Szene mit langfristigen Hausbesetzungen hab ich nichts mitbekommen. Es gibt aber gerade im Innenstadtbereich viele linke Aktionen & Gruppen. Aber es gab um ’89 viel Leerstand.
    In der DDR waren die Neubauplatten attraktiver Wohnraum, da gabs zumindest ’n Bad in jeder Wohnung ; ) Die Platten sind auch nicht alle gleich, die Wohngebiete unterscheiden sich teilweise stark, je nach Baujahr. Aber grob gesagt ist östlich der S-Bahnlinie eher sozialer Brennpunkt, westlich ganz normales Wohngebiet.

  13. Na Da7. März 2013 at 22:51

    @Da Na

    Wo hatten die gleich nochmal ihre ‚Friedenseiche‘ gepflanzt? Das mal zum Thema östlich oder westlich der Rostocker S-Bahn… ;)

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