Als ich damals vor über 10 Jahren meinen Zivildienst geleistet habe, habe ich es sehr genossen, bei jedem Wetter mit den alten Damen und Herren spazieren zu gehen. Die Einrichtung in der ich arbeitete lag direkt am Schlachtensee, was auch dazu führte, dass in dieser Tagesbetreungsstätte nur Klientel auftauchte, was die Konten voller Kohle hatte. Das sie im Alter deshalb besser dran gewesen wären, als die die nicht soviel hatten, konnte ich allerdings nicht feststellen. Die Gören kloppten sich in der Regel bereits um das zu erwartende Erbe, obwohl die Alten noch gar nicht daran dachten, ihnen das zu überlassen.
Damen waren dabei, denen ganze Strassenzüge bebaut mit Altbauhäusern, gehörten, Rechtsanwälte, Apotheker, äußerst betuchte Nazi-Witwen, deren Kinder nach dem Krieg vorsorglich nach Argentinien abgehauen sind, Weltreisende Millionäre oder gealterte Oper-Diven. Und trotz der dicken Kassen, waren sie eben auf Hilfe angewiesen, oder mehr noch auf Lichtblicke in ihrem doch eher tristen Alltag. Also gingen wir so gut wie jeden Tag am Schlachtensee spazieren. Mal in Gruppen, mal zu zweit. Es gab Tage, so wie dieser heute, die knackig kalt waren obwohl die Sonne schien. Das bedeutete dann, dass man den See fast für sich alleine hatte. Zum baden kommen im Winter eben nur wenige da runter und auuch für Spaziergänger war der See offenbar nur bedingt Anlaufpunkt. So hatte man dort seine Ruhe, konnte den Geschichten der Alten mitunter gespannt zu hören, während man seinen Vormittags-Joint rauchte und davon träumte, nach dem Zivil-Dienst endlich die Welt verändern zu können. Ich las viel spirituellen Schniggens in der Zeit und dachte daran, für immer nach Indien zu gehen und so…