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Schlagwort: Refugees

Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte der letzten Wochen, Fakten gegen Vorurteile und ein Neonazi, der bei Domian anruft

Erstaunlich, wie lange Domian das aushält und dabei scheinbar sogar die Fassung behält. Mir persönlich würde das sehr schwer fallen. Tut es hin und wieder auch. Es gibt eben Dinge, über die man nicht diskutieren muss, weil die dafür vorgebrachten Thesen schlicht indiskutabel sind. Und dennoch sind einige dieser Denkansätze unverständlicherweise gesellschaftlich verbreitet und gar akzeptiert.


(Direktlink, via Marc)

Weil es irgendwie zum Thema passt und offensichtlich hoch aktuell ist, eine unvollständige Chronik der jüngsten Brandanschläge auf Flüchtlings- und Asylunterkünfte in Deutschland. Nur aus dem Zeitraum von August bis Oktober 2013.

  • 16.08.2013, Brandsatz auf Luckenwalder „Asylheim“ geworfen (Brandenburg)
  • 16.09.2013, Brandanschlag auf zukünftige Flüchtlinksunterkunft in Premnitz (Brandenburg)
  • 07.10.2013, Brandanschlag auf Asylbewerberheim in Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern)
  • 09.10.2013, Brandstiftung an von Roma-Familien bewohntem Haus in Duisburg (NRW)
  • 17.10.2013: Brandstiftung auf Asylbewerberunterkunft in Gemünden am Main (Bayern)
  • 19.10.2013, Brandanschlag auf Asylunterkunft in Wehr (Baden-Württemberg)
  • 21.10.2013, Brandanschlag auf Sinti und Roma-Zentrum in Oldenburg (Niedersachsen)
  • Momentan demnach fast wöchentlich oder gar alle zwei Tage. Fühlt sich an wie in den 90ern. Nur das die Mobilisierung damals schwieriger gewesen sein dürfte. Heute bildet sich zu fast jeder geplanten Unterkunft für Asylsuchende eine Bürgerinitiative gegen diese, organisiert sich im Netz und geht mit jeder Menge „Wutbürgern“ und „besorgten Anwohnern“, unterwandert und mitorganisiert durch Nazis, „Wir sind das Volk!“ skandierend demonstrieren. Als fremdenfeindlich würden sich hingegen die wenigsten der Bürger definieren. Bis auf die Nazis wahrscheinlich. Die Politik und auch ein Teil der Medienlandschaft dürften ihren Teil dazu beigetragen haben. Was zählen da schon Fakten, wie sie Benedikt Peters und Thomas Gröbner zusammengetragen haben?

    Er wolle “die Kosten für Asylbewerber eindämmen”, sagte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) im Oktober 2012. Wenn etwas eingedämmt werden muss, bedeutet das: Etwas ist aus dem Ruder gelaufen, ein Missstand herrscht. Eine Seuche kann eingedämmt werden oder ein über die Ufer getretener Fluss. Wenn Kosten eingedämmt werden sollen, dann müssen sie zu hoch sein.

    Unter den Deutschen hat sich dieses Gefühl breit gemacht: In die Bundesrepublik strömen Scharen von Asylbewerbern und der Bundeshaushalt kollabiert unter der Last der Asylhilfe. Die Tageszeitung “Die Welt” schrieb in diesem Sommer, Deutschland ächze unter den “Kosten für die Armutszuwanderer”. Aber mit der Wirklichkeit hat das wenig zu tun. Das wird deutlich, wenn man typische Vorurteile gegen Asylbewerber den Fakten gegenüberstellt. Wir haben mal nachgerechnet.

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    Derweil in Hamburg

    Bildschirmfoto 2013-10-15 um 21.53.54


    (Foto: @Kinolux)

    Am Sonntag stellten einige Aktivistinnen dem Hamburger Senat ein Ultimatum. Darin wurde gefordert, die Repressionen und gezielte polizeiliche Verfolgung von Flüchtlingen bis heute, Dienstag, 20:00 Uhr, einzustellen. Das ficht die Hamburger Behörden nicht an und so wurde heute ein Schutzraum der Refugees geräumt, die gezielten Kontrollen gingen weiter. Aus dem Umfeld der Flüchtlinge heißt es, man fürchte dies diene der Vorbereitung einer Abschiebung.

    Die Polizei ist auf der Reeperbahn unterwegs, kontrolliert und hat heute morgen 4 weitere Refugees festgenommen! In St. Georg fand nach Informationen auf Leerstand zu Wohnraum um 8 Uhr eine Razzia in einem Schutzraum von Refugees statt, er wurde kontrolliert und geräumt. Die Flüchtlinge kommen nicht mehr an ihre Sachen kommen die noch darin sind. Drei Personen wurden festgenommen.
    Eine Hundertschaft war über mittag am Hauptbahnhof im Einsatz. Der Senat ist völlig verrannt in seine repressive Linie.

    Heute Abend versammelten sich hunderte Menschen für eine Demonstration, die um 20 Uhr von der Roten Flora starten sollte. Wie es um 18:25 Uhr in Hamburg zuging zeigt dieses Video. Man kann davon ausgehen, das dieses Aufgebot nicht ob eines Zweitliga-Spiels durch die Stadt fährt. Mit von der Partie Wasserwerfer und Räumpanzer.


    (Direktlink)

    Augenzeugen berichten von 600 bis 2000 Demonstrierenden. Gleich nach Beginn der Demo, wurde laut Augenzeugeberichten auf Twitter von Seiten der Polizei gekesselt, Reizgas eingesetzt und Reiterstaffeln in die Menge gejagt, Journalisten werden bedrängt. Zwischenzeitlich hat sich die Situation immer wieder entspannt, wenn man in dem Zuge davon sprechen kann. Von ersten Verletzten ist die Rede.

    Das Blog Mittendrin HH hat einen reichlich gefütterten LiveTicker am Start. Die Seite allerdings ist offenbar gerade überlastet. Ich schaue deshalb hin und wieder in der TwitterStream #lampedusaHH. Das Freie Radio SKR ist vor Ort und berichtet live. Das NDR spricht von 1000 Beamten, die im Einsatz gegen jene sind, die sich für menschenwürdige Verhältnisse von Flüchtlingen einsetzen. Das ganze geschieht unter einem SPD-Senat, aber das nur am Rande.

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    Doku: Festung Europa

    Unser Innenminister sprach heute über Menschen, die wegen Krieg, Folter, Hunger, Armut und sonstigen unmenschlichen Verhältnissen Zuflucht in Europa suchen über Freizügigkeitsmissbrauchende. Dabei hat unser Innenminister derartige „Probleme“ primär gar nicht, weil diese eher an den europäischen Grenzen am Mittelmeer in Italien oder Griechenland passieren. Und er meint, dass die dort gar nicht „effizient“ genug arbeiten. Er meint wohl auch, dass es richtig wäre, es eine „Tragödie“ zu nennen, wenn Menschen obhin auch seiner Verantwortung wegen im Mittelmeer ertrinken. Aktuell mal wieder um die 200. Das ficht ihn nicht an. Er will sie hier nicht haben. Er will sich dafür auch gar nicht in die Verantwortung nehmen lassen. Solange Menschen dort sterben, wo seine Verfügungsgewalt nichts zählt, ist ihm das wohl recht. „Hauptsache, die kommen hier nicht an. Soll das doch Italien, oder Griechenland klären. Bis dahin helfen wir. Auch gerne mit militärischen Mitteln. Nur lasst die hier nicht her“, scheint er zu denken und sagen zu wollen.

    Ich twitterte darauf hin:

    Und ich sehe das tatsächlich so. Ein tolle politische „Mitte“ haben wir da hier und in Europa. In einem Europa, das Menschen in seinem geographischen Süden lieber ersaufen lässt, als ihnen Zuflucht zu gewähren. Ganz unabhängig davon, was internationales Recht für richtig erklärt. Aber was zählt das schon, wenn es darum geht, das geordnete, saubere Leben, der einen hier Wählenden, weiterhin problemfrei zu halten.


    (Direktlink)

    Die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen, kurz Frontex genannt, unterstützt die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bei der Überwachung, Kontrolle und Sicherung ihrer Außengrenzen. Dazu zählen auch Einsätze gegen Flüchtlinge nach Europa und die Rückführung von Personen aus Drittstaaten. Das Frontex -Einsatzgebiet reicht vom Seegebiet vor der senegalesischen Küste bis zur Ukraine.

    Die Agentur soll helfen, die Außengrenzen der EU so undurchlässig wie möglich zu machen, zum Beispiel im Evrostal an der griechisch-türkischen Grenze. Hier patrouillieren Beamte aus Österreich, Deutschland, den Niederlanden oder Rumänien im Rahmen der Frontex-Operation „Poseidon“. Sie unterstützen ihre griechischen Kollegen beim Aufspüren und der Festnahme von illegalen Flüchtlingen. Die Flüchtlinge werden in grenznahen Aufnahmecamps erkennungsdienstlich behandelt und manchmal Monate lang dort festgehalten. Die Situation in den Camps ist nach Auskunft von Flüchtlingsorganisationen wie Human Rights Watch oder Pro Asyl katastrophal und mit fundamentalen Menschenrechtsstandards unvereinbar. Im Frontex-Hauptquartier in Warschau hält man die Kritik jedoch für überzogen und sieht keinen Anlass, den Einsatz zu überdenken.

    Der Filmemacher Michael Richter hat Polizisten bei Frontex-Einsätzen in Griechenland und im Mittelmeer beobachtet und die Einsatz-Zentralen in Warschau und Madrid besucht. Er traf illegale Flüchtlinge, die in Athen untergetaucht sind und sich vor der Verfolgung durch rechtsradikale Milizen genauso wie vor den Razzien der Polizei fürchten. Bootsflüchtlinge aus Somalia berichten, wie sie in Zusammenarbeit von tunesischer und italienischer Küstenwache daran gehindert wurden, nach Europa zu kommen, und jetzt ohne jede Perspektive im tunesischen Flüchtlingslager Choucha untergebracht sind. Was geschieht an den Außengrenzen Europas? Und welche Rolle spielt die Grenzschutzagentur Frontex?

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