Zum Inhalt springen

Als ich mich damals auf der Hauptschule nicht nur mit anderen Schülern, sondern auch mit den Lehrern geledert habe, wurde uns immer weißgemacht, dass die drüben auf dem Gymnasium die klügeren Menschen sein. Das dem nicht zwangsläufig so sein musste war mir schon damals klar, aber irgendwas müsste da ja schon dran sein, dachte ich mir. Nachdem ich dann mit Ach und Krach irgendwie, irgendeinen Schul-Abschluss gemacht hatte, war das Thema für mich durch und ich dachte damals, ich verpiss mich nach Berlin, mach irgendeine unsinnige Ausbildung und sobald das Lehrgeld reicht, zieh ich da ganz hin. Good bye Kleinstadt, es war schön mit dir hier den Schatten der Mauer zu erleben, aber es wartet größeres auf mich. Berlin.


Nachdem ich dann 2 Jahre lange jeden Morgen gegen 4.00 Uhr – bewaffnet mit einer Kaffee-Tasse durch die Kleinstadt-Ödniss getapert bin um den ersten Zubringer-Bus nach Lichterfelde zu erwischen, war ich es leid und stellte fest, dass das bisschen Asche, was ich da bekam, addiert mit dem, was ich nebenbei immer irgendwie scheffelte reichen sollte um eine Wohnung am Walter-Schreiber-Platz zu bezahlen. Das ich da nicht alleine hinziehen wollte, machte es noch einfacher. Man sah sich die Wohnung an, löste den von Mutti angelegten Bausparvertrag auf und beschloss da einzuziehen. Bildung war mir da sowas von egal, denn es gab wichtigeres als Wissen. Die Klubs z.B. in denen man so ziemlich jedes Wochenende von Freitag bis Sonntag verbrachte. Die Leute die man da traf, waren gebildet wie Sau, dachte ich damals. Sie erzählten geschwollenes Zeug, philosophierten nächtelang in ihren Autos die sie auf den Parkplätzen der Klubs abgestellt hatten und zogen nebenbei in regelmäßigen Abständen billigen Scheiß durch ihre Nasen. Dann erzählten sie weiter ganz geschwollen. Sie erzählten es auch dann, wenn man als Zuhörer das gar nicht wissen wollte. Es war ihnen egal. Einige von denen waren allerdings schon nach ein paar Monaten nur noch ein Schatten ihrer Selbst und man war froh, wenn man ihnen nicht mehr begegnet ist. Andere Leute, auch wenn sie regelmäßig raus waren, gewann man lieb und teile seine Zeit auch ausserhalb der Klubs mit ihnen. Sie wurden so etwas wie Lebensabschnittsfreunde und man erlebte allerhand lustige aber auch traurige Sachen.
Das interessante an diesen Menschen war, dass sie einen Plan hatten. Sie unterwarfen ihr Leben nicht der Wochenendplanung, sondern zogen ihr Ding durch und wenn dann am Wochenende Zeit und im Idealfall der Montag danach noch frei war, liesen sie die Sau raus. Aber so richtig! Es waren fantastische Wochenenden, denn man hatte ja das Glück in einer Stadt zu leben, in der Mitte der 90ger die Klubszene boomte und man, so man wollte, gerne auch die ganze Woche hätte durchfeiern können. Das wollten wir damals aber eher selten. Ende der 90ger dann lösten sich diese Freundschaften dann wieder. Zu einen weil man feststellte, das es nur bedingt unspießig ist, mit der Freundin, des besten Freundes zu vögeln, nur weil man meinte, so etwas muss man auch mal gemacht haben. Zum anderen aber auch deshalb, weil sich die Lebensentwürfe in verschiedene Richtungen entwickelten. Der eine war selbständig, der andere sein Partner, andere hatten reiche Eltern und versuchten mit deren finanzieller Hilfe, was auf die Beine zu stellen um davon leben zu können. Wieder andere gingen für unbestümmmte Zeit nach Indien, Mexico, Guatemala und wasweißichnochwohin. Wir gingen noch gemeinsam feiern, aber es wurde seltener. Ich hatte 2 Jahre keinen festen Job und dennoch soviel Geld wie nie zuvor und auch danach nicht mehr. Ich wollte nochmal was lernen, was meinen Kopf fördert, ich wollte ihm und mir beweisen, dass ich mehr kann als mich mit Lehrern und Mitschülern zu ledern. Ich begann zu lesen, wie ein Irrer und machte ziemlich locker meine Fachschulausbildung, in der ich die Gewissheit erlangte, dass ein Abitur im Grunde genommen nichts weiter ist, als diplomierte Klugheit. Die meisten der jungen Damen waren strohdoof und das auch, wenn sie ihr Abi mit 1,5 gemacht haben. Sie wussten nichts von dem, was nicht in den Lehrbüchern stand. Für mich bedeutet Intelligenz auch deshalb nicht vielmehr, als seine Idee vom Leben in Eigenregie umsetzen zu können und sie weiter zu entwickeln…

Warum schreib ich das eigentlich alles? Ganz einfach, weil ich mich vorhin mal wieder massiv über die Arroganz von Leuten ägern musste, die davon ausgehen, dass man als intelligenter Mensch nur dann durch geht, wenn man ein Abitur in der Tasche hat, oder zumindest auf dem Weg dorthin ist.
Ihr Kleingeister, Ihr!

6 Kommentare

  1. spacecake21. Februar 2007 at 10:05

    Recht hast Du. Ich (ex-Gymnasiast, nun Student) konnte die Haltung meiner damaligen Mitschüler nie nachvollziehen, wenn sie einmal mehr über Hauptschüler, also einen Großteil meines Freundeskreises, ablästerten. Warum? Einfach nur, weil sie auf der Hauptschule waren. Diese Arroganz käme mir nie in den Sinn.
    Mit meinen Freunden konnte ich meist ehrlichere und intelligentere Gespräche führen, die besseren Parties feiern und mich auch mal gehen lassen. Bei meinen Mitschülern ging das nur selten. Ein Grund, warum sie selten über diesen Status hinausgewachsen sind.
    Es scheint aber typisch zu sein, Menschen nach ihrer Schulbildung zu beurteilen und den Wert einer Person an der Anzahl ihrer Titel zu messen. Generell scheint es eine Tendenz zu geben, mehr auf Äußerlichkeiten zu schielen, als den tatsächlichen Charakter eines Menschen zu ergründen. Aber, war das nicht schon immer so?

  2. Saint21. Februar 2007 at 10:09

    Doch, war es wohl, aber ich habe mitunter den Eindruck, dass es reicht immer weniger zu wissen um damit schlau tun zu können.

  3. augi21. Februar 2007 at 10:48

    jepp, kann ich nur bestätigen – und wenn man dann noch lehrerskind ist, hat man die tedenz klugzuscheissen… aber mein kleiner bruder war auch auf der hauptschule und ich bin der meinung, dass der schulabschluss wirklich keine auskunft darüber gibt, wie klug man ist. die schulform sollte lediglich an die lernbedürfnisse der schüler angepast sein – im idealfall…
    und wie heisst es so schön: nicht für die schule, sondern für das leben lernen wir und wer mit dem leben nichts zu tun haben möchte, der geht zurück in die schule…;
    wer fragt in der schule überhaupt mal nach sozialer oder emotionaler intelligenz?

  4. Saint21. Februar 2007 at 10:54

    Da hat vor Goleman kein Mensch von gesprochen. Danach aber alle. Und ich denke, dass das auch ganz davon abhängig ist, in welche Schule man geht…

  5. augi21. Februar 2007 at 10:57

    ja, und wie sowas zuhause gefördert wird… denn ich denke, dass auch die kompetenzen eines elternhauses gefragt sind!

Schreibe einen Kommentar zu Saint Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert