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Lauthals klagt er, schreit er, geifert fast, der alte Mann, als er in die Kaffeetasse blickt, die er soeben frisch gefüllt und mit noch dampfendem Inhalt über dem Tresen der Baguetterie von der netten Bedienung entgegen nimmt, sie auf seinen Tisch stellt und sich irgendwie komisch mit seinem Körper und seiner geöffneten Jacke über die Tasse gebeugt hat. “Die scheiß Milch ist sauer!” blökt er durch den Laden und versaut die ruhige freitägliche Atmosphäre in dem Laden. Alle schauen über ihre Zeitungen hinweg, erst in ihre Tassen, dann auf den Lauten, der sich weit in eine Ecke gesetzt hat. Stille. Der Blick ihn ihre Tassen sagt ihnen, dass ihre Milch nicht schlecht war – sie lesen weiter. Menschen eben.

Als der Alte merkt, dass er in den hier Anwesenden keine Koalitionspartner finden wird, die ihm im besten Fall zu einer neuen, einer kostenlosen Tasse Kaffee verhelfen können, versucht er es im Alleingang. Lautstärke soll sein Argument sein, und die Flocken in seiner Tasse. Er klagt, er schreit, er will einen neuen Kaffee. “Auf der Stelle!”

Die nette Bedienung, kampferfahren und siegessicher, prüft in aller Ruhe die kleinen, blitzenden Edelstahlkännchen, aus denen wahlweise Kondens- oder H-Milch raus läuft um den Kaffee zu blondieren. Sie schüttelt mit dem Kopf, “Hier is nüscht sauer,” sagt sie bestimmt. “allet frisch, wie immer bei uns. Und bei die Anderen iss ja wohl och nüscht sauer, wie de sehen kannst.” Die Anderen, die das Geschehen nun offenbar doch interessanter finden, als die Nachrichten von gestern zu lesen, nicken beipflichtend. Unentschieden.

Doch der Alte gibt nicht auf und holt das Bolzplatzvokabular raus: “Son Sauladen hier! Nich mal n Kaffee können die hier richtich machen! Ick komm hier nicht mehr hier. Könnta vajessen, sach ick euch, vajessen könnta dit. Und meine Kumpels kommen hier och nicht mehr, dat dit klar is!” Seine Stimme überschlägt sich, sein Gesicht wird roter und roter, alle Blicke richten sich auf ihn.

Die Bedienung atmet sich beruhigend tief ein und setzt etwas lauter doch als vorher, aber gemessen an der Situation immer noch ruhig zu einem Absatz an. “Ick hatte ja jedacht, dat de da von alleene druff kommst, aber wennde hier son Terror machs’t, dann muss ick jetzt och mal etwas deutlicher werden. Jeden Tach kommst hier rinn, koofst dein Kaffe schwarz und allet is super. Heute aber willste den mit Mülsch und wunderst dir, dat die Mülsch flockt? Dat dir aber och selber nüscht dabei uffällt, vastehste? Dein Schnapps nämlich den de dir da imma in den Kaffe machen tust und die Mülsch, die vertragen sich nich. Die kommen nicht zusammen und deshalb wird die Mülsch sauer. So einfach is det. Also lass den Suff weg oder eben die Mülsch, klar?” Sie holt Luft und sieht in sein arg verblüfftes Gesicht. “So. Und jetzt setzte dir wieder uff deinen Hintern da hinten inna Ecke und machst hier keen Theater mehr! Ansonsten fliegst de nämlich schneller raus, als de kieken kannst, dat det mal och kla iss, wa!” Knock Out – Runde 3.

Er trollt sich in seine Ecke und trinkt seinen Kaffee, mit den Flocken, mit dem Schnaps. Alle schmunzeln, ich auch. Alle gucken wieder in ihre Zeitungen, ich gehe.

13 Kommentare

  1. mogreens27. November 2009 at 13:44

    daher kommen also immer die flocken in meinem kaffee.

  2. Topsy.com27. November 2009 at 14:25

    […] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von Johnny und Kersten A. Riechers, Sascha Askani erwähnt. Sascha Askani sagte: RT @spreeblick: So is ditt. In Balin. http://bit.ly/7vL9zV […]

  3. Micha27. November 2009 at 14:30

    Weltklasse. Lieg noch unterm Tisch. (nicht vom Schnaps)

  4. Felix27. November 2009 at 16:41

    Echt knorke erzählt. Tja, dat is Berlin wa!

  5. fab28. November 2009 at 00:34

    Geschichten die dit Leben schreibt, wa!
    Wunnerbar!

  6. Ronny28. November 2009 at 00:36

    @fab
    Jupp, hatte ich heute auch schon im Kopf. ;) Die besten Storys laufen vor einem her – man muss nur mal die Kopfhörer abmachen.

  7. links for 2009-11-2828. November 2009 at 20:02

    […] Das Kraftfuttermischwerk – Anekdote des Tages "Ansonsten fliegst de nämlich schneller raus, als de kieken kannst, dat det mal och kla iss, wa!". Sehr schön! :) […]

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