Zum Inhalt springen

Kategorie: Täglicher Sinnwahn

Auf den langen Gängen im Rathaus Spandau riecht es genauso wie in den alten großen Gebäuden damals unter den Eichen in Zehlendorf, die den amerikanischen Alliierten gehörten und in denen ich mal gearbeitet hatte. Die Flure in Spandau sind nur noch ein wenig schmuddeliger, vergilbter und allgemein versifter wie die in Zehlendorf vor zehn Jahren – nur dunkler sind sie noch. Die Toiletten sind eigentlich keine, sie sind eine öffentliche Zumutung, wenn man so will. Die Farben sind ähnlich deprimierend grün-grau-irgendwas. Der Geruch aber ist haargenau der selbe wie in diesen Backsteingebäuden in zu jener Zeit in Zehlendorf. In diesen befand sich eine Tierversuchsanstalt.

Als die Sachbearbeiterin mich fragte, „welcher Religion“ ich denn angehöre, sagte ich: „Keiner, ich war Jungpionier.“ Hat sie nicht verstanden.

3 Kommentare

„Dein Fernseher lügt!“
„Meiner nicht mehr. Nachdem ich ihn 6437 mal ermahnt und ihm gesagt hatte: Du sollst kein falsch Zeugnis reden wider deinen nächsten, ging er gar nicht mehr an.“
„Probier ich auch mal.“

Einen Kommentar hinterlassen

Es gibt jene, die wollen ihre Soße auf dem Teller immer neben den Kartoffeln. Die sind meistens weiblichen Geschlechts. Es gibt jene, die wollen sie immer obendrauf. Meistens Männer. Dritte widerum haben sie gerne dezent über den Kartoffeln und den großen Rest daneben. Wo genau die allerdings geschlechtlich einzuordnen sind, ist noch nicht ganz klar. Darüber sollte man mal nachdenken.
Voraussetzung zu dieser geschlechtlichen Zuteilung, bei den Vorlieben des Soßenessens, ist natürlich eine äußerst schmackhafte Soße auf dem Teller. Das nämlich verbindet dann doch alle. Neben dem Teller will keine(r) ihre(seine) Soße.

4 Kommentare

Am Platz der Einheit sitzen drei Beamten in den Büschen und kassieren die bei-rot-über-die-Ampel-Geher auf der Stelle ab. Ein gutes Geschäft für die Drei, sind doch dort gleich fünf Ampelübergänge auf einen Blick einzusehen. Wenn sie einen Sünder entdecken, hüpfen sie gemeinsam aus dem Busch wie das Bunny aus der Torte und kommen ihren Pflichten nach, was aufgrund des hohen Fußgängeraufkommens um diese Zeit schon fast in Stress ausartet. Sachen gibt es.

5 Kommentare

Im Supermarkt krakelen die vergessenen Stars der vergangenen Tage ihr Lieblingsweihnachtslieder durch die Boxen auf die Köpfe der Einkaufenden. Es geht mal wieder los.

Einen Kommentar hinterlassen

Klar, würde ich auch gerne wieder viel mehr Vinyl spielen. Nur dann sitzt du so am Rechner und stellst fest, dass all jenes, was man auf Vinyl eben kaufen würde, um es zu spielen, dann doch irgendwie schon lange auf deiner HD gelandet ist. Und das ganz ohne P2P zu nutzen. Es kommt so rein. Um so mehr tut es mir leid zu lesen, dass wieder einmal ein großer, guter und internationaler Vertrieb das Zeitliche segnet, und das kurz nachdem ja auch Hausmusik schon die Fensterläden anklappte, um der Insolvenz zu entgehen.

„Und dann stehst du da
und dann weißt du nicht,
bist du nun im Recht
oder bist du’s nicht.(©)

Klar, stehe ich auf dieses ganze Netaudio-Zeugs, auf „freie Musik für freie Menschen“ und das Alles. Es ist wie eine kleine Revolution von ganz unten, die kaum einer versteht, der da nicht irgendwie drin hängt. Der keine Ahnung davon hat, welche Ausmaße (28000!) das annehmen kann. Andererseits aber machst du ein Label. Ganz klassisch. So wie du es lieben lerntest damals, obwohl du weißt, dass das nicht der Weg der nächsten 20 Jahre sein wird. Wenn ich ganz ehrlich bin, geht mir mittlerweile ganz schön ein wenig die Muffe, wie man so sagt. Auf der einen Seite das Neue, das Greifbare, das so anders Seiende. Auf der anderen das Analoge, das Liebgewonnene, die samstäglichen Vormittage im Space Hall, um die Musik, die man liebt, auch mit den Händen greifen zu können.

Ich werde sie vermissen, die gute alte Zeit des Vinyls. Aber: ich werde auch sie lieben, die tolle neue Zeit, in der das gute alte Vinyl für mich keine Rolle mehr spielen wird.

Genau das nenne ich einen Zwiespalt – einen richtig fetten sogar.

[Nebenher läuft die neue EP von Kollektiv Turmstasse auf meinen Kopfhörern, die so großartig ist, dass ich die sogar kaufen würde, wenn ich diese nicht schon hätte. Als Mp3.] Und die werd ich auch spielen nachher. Vom Rechner aus, versteht sich. Nebenher, aber, gibt es dann auch Vinyl.

3 Kommentare

„Atelierhaus Panzerhalle“ irgendwo in Kladow.

Ein Kommentar

Sie stand erst neben mir, ganz nahe, war um die Zwanzig und kaufte im Tabakladen eine Stange dieser Slim-Line Zigaretten, zahlte mit einem Hunderter, versuchte die Stange in ihre Handtasche zu stopfen und verlangte danach, ihr billiges Feuerzeug, was man immer bekommt, wenn man eine Stange kauft, gegen ein anderes tauschen zu können. „Gegen das Silberne da“, wie sie meinte. Sie trug Röhrenjeans, diese häßlichen weißen Stiefeletten mit Schnalle, die gerade viele tragen, eine Achtziger-Frisur mit diesem furchtbar kurzem schrägen Pony und dem ganzen schrägen Rest ihres Haupthaares, der dazu noch gehört, und blonde Strähnen auf brünetter Grundierung. Sie roch nach nach einem dieser ordinären Parfüms, dass man in den Läden immer riecht, die gerne Clubs wären, aber nichts anderes als eine ordinäre Diskothek sind und trug Krönchen auf den Arschtaschen. Kurz um: sie war das, was ich nicht mag.

Sie wurde dann leicht nervös, rannte immer, nur kurz, halb aus dem Laden, um auf die Bahnhofsuhr zu sehen und begnüte sich -offenbar aus Zeitgründen- mit dem quietschgelben Feuerzeug zu 0,80 Cent und versuchte ihre Bahn zu kriegen. Sie hatte es eilig, rannte, nachdem sie bezahlt hatte, flux über den gesamten Bahnhof mit ihren furchtbaren Schuhen auf dem glatten, marmorimitierendem Boden zu ihrem Steig und klackerte ordentlich mit ihren Absätzen. Das irgendwie rhythmisch sogar. In jenem Moment dachte ich; „jetzt fall schon auf die Fresse! Fall hin, verdammt nochmal!.“ Ich wollte ihr dabei zusehen.
Sie fiel nicht. Sie lief die Nummer respektabel ab.
Zehn Minuten später, an der Tramhaltestelle, tat mir dieser Gedanke leid. Ich werde alt, deucht mir.

7 Kommentare

Mittwoch Morgen gegen 7:00 Uhr in der Nähe des Hafens: Da stehen sechs Männer, alle um die Fünfzig, sind dick angezogen, tragen Mützen und in einer Hand je eine Büchse Bier. In der anderen eine Angel. Mittwoch Morgen gegen 7:00 Uhr.

5 Kommentare