Zum Inhalt springen

Kategorie: Die Wende

Doku: Ost-Berlin

Unbedingt sehenswerte Doku über den Alltag in der Hauptstadt der DDR aus dem Jahre 2006.

Der Film von Jens Rübsam und Dagmar Wittmers erzählt vom Lebensgefühl und vom Alltag der rund eine Million DDR-Bürger dieser Stadt, in der der Osten ein Hauch westlicher war.

Ost-Berlin – das war nach dem 13. August 1961 die Hälfte einer Großstadt. Man musste mit ihr leben, mit dieser Mauer, und nirgendwo rieb sich der Osten so sehr am Westen wie hier.

Ost-Berlin war das aufpolierte Schaufenster zum Westen. Die Stadt der Parteikarrieristen, aber auch der Aussteiger und Andersdenkenden. Allgegenwärtig die Staatsmacht, doch nirgendwo lebte man anonymer und freiheitlicher als in Ost-Berlin.
Ost-Berlin war der Treffpunkt der Republik, am Alexanderplatz unter der Weltzeituhr. Es war der Ort des Abschieds, am Bahnhof Friedrichstraße, wenn Freunde oder Verwandte im Tränenpalast verschwanden, ungewiss, ob es je ein Wiedersehen gab.

Für rund eine Million Menschen war Ost-Berlin ihr Berlin mit all seinen Nischen und kleinen Freiheiten jenseits von Blauhemd und Hammer und Zirkel. Vom Lebensgefühl und vom Alltag in dieser geteilten Stadt erzählt der Film: große und kleine Geschichten eines Lebens voller Widersprüche.


(Direktplaylist)

3 Kommentare

Kellerfund-Dias: Kaufhallen der DDR, 1990

Wie letztens schon erwähnt, habe ich im Keller einen Müllsack voll mit Dias gefunden. Ein Teil davon widmet sich einzig dem Konsumangebot der DDR im Jahre 1990, wo der Westen schon einen Großteil der Regale für sich beansprucht hatte. Ich weiß nicht, wer die Fotos mal gemacht hatte, aber er hat immer wieder sehr detailliert das Angebot festgehalten.

Ich habe jetzt 135 Bilder davon ausgesucht und auf das Flickr-Profil von lense-flare.de laden können. Danke dafür an Steffen!

Einige der Bilder packe ich hier rein, den Rest im Flickr-Set Konsum und Kaufhallen, DDR, 1990.

32 Kommentare

Kaufhalle, Ostberlin 1990

Mal zwischendurch. Ich habe vor einigen Wochen im Keller einen ganzen Müllsack voll mit Dias gefunden, die irgendwer in Ostberlin 1990 gemacht haben muss – kurz vor der Wiedervereinigung. Ich bin gerade dabei, die ganzen Dinger zu scannen und die werden dann alle ins Netz kommen. Primär hat sich der damals Fotografierende, dessen Namen ich nicht kenne, mit den damaligen Konsumangeboten in der fast schon Ex-DDR beschäftigt und dutzende Konsums fotografiert. Da sind also so einige Kindheitserinnerungen dabei. Eines der besten Fotos, soweit ich das jetzt schon sagen kann, ist das hier. Die jute olle Kaufhalle, gelightroomed. Weil: ist ja nicht mehr 1990.

Der Rest kommt dann die Tage, sobald ich mit dem Scannen und Lightroomen durch bin.


(klick für in groß)

9 Kommentare

Der „Palast der Republik“ von innen 1993

Der Fotograf Thorsten Klapsch hatte 1993 die Möglichkeit mit seiner Kamera einen Blick in „Erichs Lampenladen“ den „Palazzo di Protzo“ Palast der Republik zu werfen und davon wirklich schwer beeindruckende Aufnahmen gemacht. Zumindest Design- und innenaustattungstechnisch war man in dem Laden auch für östliche Verhältnisse ganz weit vorne. Auch, wenn das Volk draußen davon nicht sonderlich viel hatte.

Im Januar 1993 ging Thorsten Klapsch in Berlin durch einen Tunnel – und stand plötzlich in einer anderen Welt. Menschenleer dämmerte der Palast der Republik vor sich hin, aber alles war noch da: die senfgelben Sessel, das Casino, die Uralt-Computer. So konnte Klapsch einmalige Fotos machen.

einestages hat neben einer unbedingt lesenswerten Story auch allerhand dieser Bilder, die ganz bewusst so lange für sich behielt, bis der Palast endgültig abgerissen wurde.

Ein Kommentar

Chaosradio Express 160 über die DDR

Eigentlich wollte ich jetzt in’s Bett gehen, habe dann doch auf Play gedrückt und empfinde die erste halbe Stunde als überaus höhrenswert. Es hat so was von einer gedanklichen Reise in die graue Vergangenheit der DDR.

Wessi Tim, hat sich die Ostler Frank Rieger und Martin Schramm eingeladen und reden drei Stunden über das Leben in der DDR. Und ich bin wahrlich positiv überrascht, auch wenn ich alles jetzt nicht mehr schaffen werde.

Die Deutsche Demokratische Republik ist jetzt bald seit 20 Jahren Vergangenheit und Dinge geraten in Vergessenheit. Im Gespräch mit Tim Pritlove versuchen Frank Rieger und Martin Schramm das Gefühl, DDR-Bürger zu sein, wieder in Erinnerung zu rufen und zu erklären, worin sich das Leben im Osten vom Westen unterschieden hat.

Themen: Agitatoren in der Schule, Altstoffsammlung (Crowdsourcing), Verkehr, Gemeinschaftsumschalter, Notizblöcke an der Tür (Anrufbeantworter aus Papier), Privatwirtschaft und das Verhältnis zur Gesellschaft, Bezahlen im Nahverkehr, Platzierung im Restaurant, Motivation und Frustration, Kreativität durch Mangel, Polytechnischer Unterricht, Computer in der DDR, Ausbildung Studium, Stasi und ihr Realitätsbezug, der Beginn des Niedergangs, die Wende.

[audio:http://chaosradio.ccc.de/archive/chaosradio_express_160_ddr.mp3]
(Direktdownload)

4 Kommentare

Rügen Rose

Ich erinnere mich nicht mehr, wie wir hin kamen. Da wir vor Ort mit einem alten Polo herumfuhren und am Ende in Stuttgart aus einem Intercity ausstiegen, nehme ich an, dass wir am Anfang bis Rostock mit der Bahn fuhren und uns dort ein Auto mieteten.

Ich erinnere mich an holprige Pisten. Ich erinnere mich an die riesige Ex-LPG mit dem winzigen Laden, in dem es Milch zu kaufen gab. An die Stoppelfelder, auf denen meine kleine Schwester Autofahren lernte, während ich mich zu doof dazu anstellte. Ich erinnere mich an das Ferienhaus, das uns Bekannte aus Stralsund vermietet hatten. Alles darin war in gelb und braun, es gab einen Riesenfernseher, der aber kaum Empfang hatte. Und ein Boot, mit dem wir auf den Bodden fuhren und im Schilf nackte Pärchen umschlungen entdeckten. Ich erinnere mich an den Italiener in Stralsund, der Ägypter war, aber immerhin gab’s Pasta statt Soljanka. Ich erinnere mich an das uralte, fast zerfallene, riesige Kino im Sassnitz, in dem wir einen Kinderfilm sahen. Am Strand waren wir auch. Muss nördlich von Binz gewesen sein. Und außer uns waren fast alle nackt. Auch die Mädchen.

Ich war 14 und war mit meinem Vater und meinen Geschwistern im Urlaub auf Rügen im Sommer 1992.

Und ich erinnere mich, dass an den allerschrägsten Orten, im schieren Nirgendwo abseits der Touristenströme aber auch mitten drin an Hauswänden, Gartenmauern, Plakatwänden, Stromverteilerkästen und überall, wo ein wenig Fläche war, eine Rose hingesprüht war. Eine einzelne, langstielige Rose mit etwas Blattwerk. Manchmal stand „DM“ dabei.

Während ich damals Beatles und die Prinzen hörte und R.E.M für eine Indieband hielt, wusste meine Cousine von der Schwäbischen Alb Bescheid. Sie hörte wie alle Provinzkids gefährlichen Gothicrock. Immer versucht, mich mit diesem Virus zu infizieren, gab sie mir hin und wieder einen Einblick in die neuesten Trends dieser Untergrundszene. Dadurch war mir klar, welch morbid-schaurigschöne Musik für Selbstmordkandidaten mit dem Rosenemblem gemeint war und fühlte mich eingeweiht und beängstigt zugleich. Was für krasse Musik die Kids im Osten hörten, während das lokale Radio an der Oststee von Roxette „Fading like a Flower“ rauf und runter nudelte.

2 Kommentare