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„Die Glatzkopfbande“, oder wie ein Propagandafilm der DDR 1963 nach hinten los ging

Ich kannte Die Glatzkopfbande bis vor wenigen Tagen gar nicht, obwohl es sich dabei um einen der erfolgreichsten Filme in der Geschichte der DEFA handelt. Ich bin dankbarerweise bei Youtube darüber gestolpert. Also nahm ich mir die 70 Minuten Zeit und sah mir diesen an. Irgendwann in der Mitte des Films fragte ich mich, wieso dieser ganz anders als zum Beispiel „Spur der Steine“ nicht verboten wurde. Diese Frage hielt sich bis zum Ende in meinem Kopf, die Faszination des Subversiven zieht sich hier bis zum Ende des Films durch. Allerdings war der Film eigentlich dazu gemacht worden die subversiven Elemente der DDR in einem ganz üblen Licht dastehen zu lassen. Viele wohl gerade junge Zuschauer sympathisierten mit den die „asozialen“ Subjekten, den Rockern.

Der Film basiert auf einer eigentlich wahren Geschichte, der aufgrund der nötigen Dramatik noch einiges an Erfundenem zugetan wurde. Alles Wissenswerte über den Film findet sich hier.

Die Rezeptionsgeschichte des Films gleicht dazu einer Groteske. Die Glatzkopfbande brachte es in fünf Jahren Laufzeit auf die kleine Rekordzahl von 2,2 Mio. Zuschauern. Die Sympathie für den Film gründete dabei allerdings weniger auf dem Informationsgehalt der Bedrohung durch den Westen und der Einsicht in die Notwendigkeit des Mauerbaus, als auf seinem gegenteilig wirkenden Unterhaltungscharakter. Entgegen aller Absicht sympathisierten viele Zuschauer mit den Glatzköpfigen selbst, ihrer Aufmüpfigkeit und dem Rock ’n‘ Roll, und manchen dienten sie sogar als Vorbilder. Der Film war eine willkommene Abwechslung im biederen Mainstream des Kinos jener Jahre. Wie dieses suggerierte Spießertum ausgesehen haben mag, lässt sich bereits innerhalb des Films an den Gegenspielern der „Glatzkopfbande“ erahnen. Diese wirken gerade aus heutiger Sicht lächerlich altbacken und pedantisch, so beispielsweise die verdutzten erwachsenen (!) Badegäste, denen die Jungs der „Bande“ ihre Sandburgen kaputt treten. Die ungewollte Komik gipfelt in der parallelen Liebesgeschichte zwischen dem Leutnant und der Nachbarstochter, die ihr Lebensglück zwischen Rauchfleischeintopf, Gartenzaun und Schäferhundgebell finden. Überhaupt scheint sich der Film ganz nebenbei als eine Art Lessie-Adaption zu verstehen, obgleich Sinn und Erfolg dieses Vorhabens neben den durchaus spannungsreichen Momenten mit der „Glatzkopfbande“ verblassen. Zumindest ist nun einwandfrei geklärt, welchen Mensch und Habitus sich „die Partei“ für das Wohl der DDR erwünschte.

Ein in diesem Kontext gesehener Film, der auch heute noch durchaus Potenzial hat.


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