Zum Inhalt springen

Schlagwort: Doku

Doku: Christiane F. Wir Kinder vom Bahnhof Zoo – Lost Generation

Als 1989 die Mauer fiel, hatten viele Menschen im Osten Angst vor Drogen. Die ostdeutschen Medien hatten in den Jahren davor ein ziemliche Panik darüber verbreitet, wie groß die Drogenproblematik im Westen war. Viele glaubten das und hatten Angst, dass nach dem Mauerfall zehntausende Drogen-Zombies durch die Gegend laufen würden. Das war natürlich Quatsch, aber es hatten tatsächlich nur Wenige überhaupt Erfahrungen mit Drogen, wie es sie im Westen gab. Bis auf Alkohol und Arzneimittel, die natürlich auch missbraucht wurden, waren die Vertriebswege für Rauschmittel wohl nur sehr wenigen Menschen vorbehalten, so denn es sie überhaupt gab.

Jedenfalls fiel dann die Mauer und die Schulen bombardierten uns mit dem, was heute „Drogenprävention“ genannt wird, oder besser: was sie dafür hielten. Man wusste es nicht besser und so zeigte man uns mindestens ein Mal im Jahr den 1881 im Westen veröffentlichten Film Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo. Ich fand den damals wirklich verdammt abschreckend und dachte, wenn ich irgendwann nur einmal an einem Joint ziehen würde, würde das zwangsläufig in Heroinsucht enden. Zumindest transportierte der Film mir das und sorgte vielleicht ein wenig dafür, dass ich dann sehr, sehr lange die Finger von irgendwelchen illegalen Betäubungsmitteln ließ. Als ich dann viele Jahre später mit dem Kiffen begann, fühlte ich mich vom Film belogen. Für mich persönlich war Kiffen kein Einstieg in eine Drogenkarriere. Vorm Kiffen rauchte und trank ich. Danach probierte ich ein paar Dinge aus, kannte aber meine Grenzen und übertrieb es auch nie. Als ich ein paar Jahre später keinen Bock mehr aufs Kiffen hatte, ließ ich es wieder sein. Alles andere auch. Vielleicht hat der Film tatsächlich meinen Drogenkonsum irgendwie beeinflusst, obwohl ich mich von ihm belogen fühlte. Jedenfalls denke ich bis heute häufig an den Film. Die Serie von neulich habe ich bisher nicht gesehen, vielleicht hole ich das mal nach.

Bis dahin aber empfehle ich diese für mich höchst interessante Arte-Doku über die Hintergründe zum damaligen Buch und dem daraus resultierenden Film, die mir in Teilen tatsächlich auch ganz unbekannt waren. Oder die ich als gesellschaftliche Zusammenhänge gar nicht sah. Spannend.

Auflehnung gegen die Eltern, die Polizei, die Schule, die fehlenden Zukunftsperspektiven in den grauen Wohnsilos von Berlin: Christiane F. verkörperte die verzweifelte Flucht vor der Ausweglosigkeit in der damaligen BRD, die an der mangelnden Aufarbeitung ihrer jüngeren Geschichte und der Amnesie einer unter dem Nationalsozialismus groß gewordenen Elterngeneration krankte.
Christiane F. und ihre Freunde verloren sich im Berliner Nachtleben, entdeckten die Wirkung psychedelischer Musik, den Taumel der ersten Drogen und zerstörten sich auf der Suche nach immer stärkeren Kicks langsam selbst. Nach dem Aufbäumen von Mai 68 und den linksextremistischen Gewaltakten der Roten Armee Fraktion sahen Jugendliche wie Christiane F. den einzigen Ausweg in der Selbstzerstörung. Es war die stille, unauffällige Revolte, der Schrei einer Jugend, auf die man erst aufmerksam wurde, als es zu spät war. Man nannte sie die verlorene Generation.

Ein Kommentar

Der Traum vom Paradies – Was wurde aus den Höhlen-Hippies von La Gomera?

Vor ziemlich genau fünf Jahren verbloggte ich hier eine Arte-Doku, die sich den Höhlen-Hippes von La Gomera widmete. Natürlich sah ich mir die auch an und verstand durchaus die ambivalenten Blickwinkel auf das Thema. Arte war jetzt nach Corona noch mal auf der Insel und hat versucht herauszufinden, was sich in den letzten Jahren dort wie verändert hat. Gute Idee.

2018 berichtete „ARTE Re:“ über eine Hippie-Kommune auf La Gomera. Nun erzählen wir die Geschichte weiter. Was ist aus den Höhlenhippies geworden? Einige haben ihr Leben inzwischen komplett verändert. Doch das Modell vom einfachen, aber freien Dasein ist durch Corona noch attraktiver geworden – neue Hippies sind gekommen…


(Direktlink)

Einen Kommentar hinterlassen

Doku: Back in the days – Hip Hop und die DDR

Sehenswerte mdr-Doku aus dem letzten Jahr, die sich mit HipHop in der DDR auseinandersetzt. Soll mal keiner sagen, der wäre komplett am Osten vorbeigegangen.

„Die winzig kleine geschützte Welt DDR hat mir erst die Möglichkeit verschafft, ein bunter Vogel zu sein“, Bernhard Beatschmidt aus Dessau wurde, wie viele andere, 1983 mit dem Hip-Hop-Virus infiziert.

Als die ersten Bilder von amerikanischen Breakdancern über das Westfernsehen hinter den Eisernen Vorhang schwappten, fingen in der DDR von der Ostsee bis ins Erzgebirge junge Menschen an zu tanzen – auf öffentlichen Plätzen und Straßen – argwöhnisch beäugt vom Staat, von der Polizei vertrieben und sogar inhaftiert.

Doch ein paar Jahre später war Hip-Hop mit Breakdance, Rapmusik und Grafitti im sozialistischen Staat salonfähig. Das DDR-Fernsehen schmückte sich stolz mit dieser Jugendkultur. „Wir wurden sogar benutzt“, meint Mike Dietrich aus Leipzig. Doch mit dem Mauerfall zerfiel auch die Hip-Hop-Szene der DDR.

„Back in the days“ erzählt ein kaum bekanntes, aber schillerndes Stück DDR-Geschichte. Breakdancer, Musiker und Sprayer der damaligen Zeit berichten von Grafitti in der NVA, Schmuggelware aus dem Westen, selbstgestalteten Klamotten und von einer bunten Republik im grauen Alltag. Die Dokumentation präsentiert bisher nicht gezeigte Amateuraufnahmen aus den Anfängen bis hin zu den großen Fernsehshows der DDR gegen Ende der 1980er.


(Direktlink, via I ❤ Grafitti)

2 Kommentare

Doku aus den 90ern: Berliner Trance

Ich war mir ziemlich sicher, die hier schon mal gehabt zu haben, finde sie aber doch nicht. Kann sein, dass sie mit dem Kaputtmutterfischwerk im Datennirvana untergegangen ist – sei es drum.

Ein Doku von Ben Hardyment, die sich im Jahr 1993 der Berliner Trance Szene widmete, die sich so ohne Mark Reeders Label MFS vielleicht ganz anders entwickelt hätte. Lange, bevor Paul van Dyk zum MFS-Botschafter und einem popkulturellen Phänomen wurde. Und als Trance klanglich noch eng an das gekoppelt war, was später zum Psytrance wurde.

Im selben Jahr erschien der erste Teil der STUD!O K7 Video-Compilation X-Mix, die später auch auch über irgendwelche Szenegrenzen bekannt wurde. Jener erste Teil trug den Namen The MFS-Trip und wurde von Paul van Dyk gemixt. Ein früher Meilenstein der darauffolgenden unzähligen DJ-Mix-Compis.


(Direktlink)

Steht hier noch irgendwo auf Vinyl rum und wenn ich es mal ganz nostalgisch mag, höre ich mir diesen Mix nochmal auf CD an. Denn damals war das schon ziemlich geil.

This lost classic, shot on 16mm in a wintry Berlin in 1993,
explores the origins of the now monumentally massive German Trance and Dance music scene.
With interviews with luminaries such as Dr Motte, Paul van Dyk, Laurent Garnier, Paul Browse, Mijk van Dijk and MFS label supremo Mr Mark Reeder
this now legendary exploration into the underworld of what was the most significant force in driving dance music forward in the 20th century.
It contains rare early footage of the 1991 and 1993 Love Parade, and of the now bulldozed Mutoid Waste Company land,
E-Werk and Tresor – Berlin’s legendary (and now closed) clubs that started it all in the former East Berlin.
Directed by Ben Hardyment
this documentary is imbued with an uplifting and extremely positive energy
– there are rumours of a film sequel in the pipeline, but for now, sit back and enjoy 25 minutes of pure trance music history.


(Direktlink, via Zeitmaschine)

9 Kommentare

Eine Ton Steine Scherben-Reportage aus den 80ern

Bildschirmfoto 2016-05-30 um 21.51.38

Ich bin die Tage über dieses Film-Portrait der Scherben gestolpert. Es scheint mir aus den frühen 80gern zu sein und widmet sich doch auffällig der bandinternen Ebene, die Rio und R.P.S. Lanrue zueinander pflegten. Gedreht wurde es von dem Team um Albrecht Metzger, der im selben Jahrzehnt auch „Halt dich an deiner Liebe fest“ – ein Portrait über die Scherben – für den WDR gemacht hatte. Könnte sein, dass das hier ein Teil davon ist, aber da bin ich mir nicht ganz sicher.

Die metaphorischen Kompetenzen Rio Reisers: „Und dann kommt der Gerichtsvollzieher und Du hast keinen Pudding im Kühlschrank. Was machen wir denn da?“ Ich liebe ihn immer noch. Und „Keine Macht für niemand“ ist ja gar nicht von ihm, das stammt aus irgendeiner Anarcho-Zeitung. Siehste mal!


(Direktlink)

2 Kommentare

Doku: 3000GRAD – Von Wustrow nach Paris

13076720_1388988014460323_6200633604282455241_n

Eine Musikdokumentation über das aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Kollektiv 3000 Grad. Kennt hier fast jeder, der über die Jahre hinweg mal im Schmelztiegel zwischen alternativer Kultur und Techno unterwegs war. Und ich hab jetzt nicht wenig Bock auf die Seebühne.

Musikfilm, Heimatfilm, Roadmovie – alles in Einem.
Mecklenburgische Kühe, Anglerlatein und Lebensweisheiten in Kittelschürzen.
Ein Wanderzirkus, eine Lebenseinstellung und ein Name,
der alles miteinander verbindet: 3000GRAD

(Direktlink, via Marc)

3 Kommentare

7 Tage Bürgerwehr: Wenn besorgte Bürger die Polizei ersetzen

Ich hatte das letzte Nacht gesehen und ziehe meinen Hut vor Frida Thurm und Hans Jakob Rausch. Ihrer Geduld und ihrer Gelassenheit wegen. Ansonsten mag ich das gar nicht weiter kommentieren, irgendwie spricht die Reportage gänzlich für sich selbst. Hier ein Interview mit den beiden Autoren.

„Diebstähle? Nicht mehr in Lawitz! In dem kleinen Ort in Brandenburg zieht sich Nacht für Nacht eine Gruppe Dorfbewohner Warnwesten an und geht auf Streife. Frida Thurm und Hans Jakob Rausch sind ‎7 Tage mitgelaufen. Wer sind die Fremden, vor denen sich die Bürger schützen? Ist die Streife Geisterjagd oder Ausdruck echter Bedrohung? Und ist das jetzt so eine rechte Bürgerwehr, die in Brandenburg immer wieder in der Kritik steht?“


(Direktlink, via reddit)

3 Kommentare

Doku von 1981: Der Berliner Ring – Zwischen Obstkorb & Streusandbüchse

Zum Tag der Deutschen Einheit kann man auch mal einen Blick auf die Zeit der deutschen Zweisamkeit werfen. Diese westliche Doku aus dem Jahre 1981 schaut sich im Inneren des Berliner Rings auf dem Territorium der damaligen DDR um. Und das erstaunlich unideologisch und objektiv. „Geschichte und Geschichten des Berliner Rings über deutsch-deutsche Wirklichkeiten auf und abseits dieser Autobahn.“ Besonders schön der Teil über Potsdam, in dem gesagt wird, dass diese Stadt nicht zu einem Museum werden soll. Heute sind wir fast eins.


(Direktlink, via HuffPo)

Ein Kommentar

Doku: Die Arier

Ein schon im Vorfeld viel gelobter Dokumentarfilm von Mo Asumang, der gestern auf arte lief. Jetzt für sieben Tage online auf arte+7.

Alle 30 Minuten findet in Deutschland eine rechtsextreme Straftat statt. So erhielt die afrodeutsche Regisseurin selbst eine Morddrohung von den „White Aryan Rebels“. Die Unterstützer der NSU-Terrorzelle sind Mitherausgeber des Nazi-Magazins „The Aryan Law & Order“. Bei der mutmaßlichen Rechtsterroristin Beate Zschäpe findet man einen Artikel, der die „arische Rasse“ erklärt. Und in den USA werden unzählige Morde durch „Aryan Hate Groups“ verübt.

Die Filmemacherin Mo Asumang findet, es sei an der Zeit, der Sache mit den Ariern auf den Grund zu gehen. In einer persönlichen Reise begibt sie sich auf die Suche nach den Ursprüngen des Arierbegriffs und dessen Missbrauch durch Rassisten in Deutschland und den USA.

Sie besucht Demonstrationen und Propaganda-Veranstaltungen der selbsternannten Arier in Gera, Wismar und Potsdam, wo sie jedoch nur Schweigen und Ablehnung erntet. Sie forscht in Archiven und reist schließlich in den Iran, wo sie alte Inschriften findet, die den Ursprung des Arierbegriffs bezeugen und ihm eine ganz andere Bedeutung geben. In den USA trifft sie sich mit dem Ku-Klux-Klan und einem Top-Rassisten von schauerlichem Weltruf: Tom Metzger, dem Gründer der „White Aryan Resistance“, dessen Ziel es ist, mit der sogenannten „Lone-Wolf“-Taktik eine „arische“ Revolution zu starten.


(Direktlink)

4 Kommentare

Arte-Doku: Das Terror-Trio

Ein Film über das komplette Versagen des deutschen Sicherheitssystems im Fall der rechten Terrorzelle „NSU“.

Wie konnte die rechtsextremistische Terrorzelle, die sich selbst „Nationalsozialistischer Untergrund“, abgekürzt „NSU“, nannte, 13 Jahre lang in Deutschland rauben, bomben und morden? Die Antwort auf diese Frage ist beklemmend. Obwohl bis heute nicht vollständig geklärt ist, wie groß das braune Netzwerk wirklich war, wer half, wer Bescheid wusste oder wer die Aktionen deckte, steht Eines bereits fest: Die Täter hätten gestoppt und die Morde verhindert werden können. Heute ist klar, dass die Zelle, die jahrelang vom sächsischen Zwickau aus operierte, umstellt war von Geheimdienstspitzeln und Informanten. Erkenntnisse waren da, sie wurden nur nicht genutzt.
Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern versuchen, die Gründe dafür aufzudecken. Sie wollen sich nun einen Überblick über die Taten der Terroristen, den Umfang des Versagens und eine mögliche Verstrickung deutscher Sicherheitsbehörden verschaffen. Dabei stoßen die Parlamentarier auf Unkenntnis, auf Schweigen und Verharmlosung. Ob bei der Polizei, den Geheimdiensten oder in den zuständigen Ministerien, überall wurden kurz nach dem Bekanntwerden der Terrorserie heimlich Akten vernichtet, Spuren verwischt und Zusammenhänge verschleiert. Bis heute mussten vier Geheimdienstchefs ihre Posten räumen, die gesamte deutsche Sicherheitsarchitektur ist erschüttert. Die Existenz von Verfassungsschutzbehörden wird inzwischen infrage gestellt, Kompetenzen sollen neu verteilt, Zuständigkeiten gebündelt werden. Selbst eine Aufhebung der Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten – eine der wichtigsten Lehren aus der NS-Zeit – wird diskutiert.
Die Dokumentation beschreibt das komplette Versagen des deutschen Sicherheitssystems. Und noch immer sind zu viele Fragen offen. Ihre Aufarbeitung hat gerade erst begonnen.


(Direktlink)

Ein Kommentar