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Schlagwort: GDR

Leipzig im Sommer 1989 – Ein Film von Peter Wensierski

Eins sehr kritischer Beitrag aus dem Inneren der DDR noch vor den ersten Montagsdemonstrationen.

Mehr zu Peter Wensierski, der offenbar kein großer Freund der politischen Verhältnisse in der DDR war.

Ich habe meine Kindheit anders in Erinnerung, aber ich wurde nicht in Leipzig groß.

Dieser Film entstand im August 1989. Er zeigt die Stimmung der Bevölkerung in Leipzig kurz vor der ersten Montagsdemonstration. Heimlich gedreht mit den Kameras der DDR-Opposition – heimlich, aber auf offener Strasse und in den Wohnungen.Zu sehen sind Bilder vom Verfall der Stadt. Zu sehen sind vor allem ganz „normale“ Leipziger Bürger,keine politischen Oppositionellen, die sich offen über die unhaltbaren Zustände in der DDR äußern. Am Ende des Films sieht man die Organisatoren und „Rädelsführer“ der Leipziger Montagsdemonstrationen, die dabei oft in der ersten Reihe gingen. Es sind Uwe Schwabe, Katrin Hattenhauer und andere junge Leipziger, kaum älter als 20 Jahre.


(Direktlink, via Fundstücke)

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Wendejahre – Ein exemplarisches Tagebuch der deutschen Wiedervereinigung

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Ein sehr schönes Projekt von Robert Rückel für das DDR Museum auf Googles Cultural Institute, welches diese doch verhältnismäßig kurze Zeitspanne auf Basis von persönlich Erlebtem zusammenfasst und mit geschichtlichen Fakten und Eckdaten untermauert. Dazu kommen allerhand Bilder und Videos zu diesem Thema, die das Internet so hergibt. Ein tolle Variante, das alles in Geschichte zu bündeln.
(via DDR Museum)

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1990 mit der Tram durch Ost Berlin auf Techno aus dem Jahr 2014: Efdemin – Transducer

Keine Ahnung, welche Tram-Linien Ost Berlins dieser Clip hier genau zeigt, aber sie fahren durch ein noch ziemlich graues, östliches Berlin. Die Aufnahmen wurden 1990 von Steffy van Valanger mit einer Super 8 Kamera gemacht. Philllip Sollmann aka Efdemin hat sie jetzt auf sein „Transducer“ geschnitten, Teil der der aktuellen LP „Decay“, die auf Dial erschienen ist. Und ich wusste gar nicht, wie technoid ausgerechnet die Künstlerbude von Dial heute noch klingen kann. Sehr, sehr hypnotisch. Sowohl in Bild als auch in Ton. Am besten gar zusammen. Sehr geil.


(Direktlink | Danke, Achim!)

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DDR-Flucht über China in den Westen


(Direktlink)

Eine wirklich außergewöhnliche und abenteuerliche Geschichte, die eine verbotene Reise erzählt, die junges Paar vom Berliner Prenzlauer Berg 1987 auf eigene Faust quer durch die Mongolei und von dort weiter nach China macht. Eigentlich wäre die so gar nicht machbar gewesen, Jens Kießling hat sie trotzdem auf die Reihe bekommen. Dann ergab sich für Kießling die Gelegenheit zur Flucht in den Westen, die er wahr nahm. Marie Mentel hingegen fuhr zurück in die DDR.

Auf dieser Reise machten sie circa 5000 Fotos aus einer Welt, die den meisten DDR-Bürgern für immer fremd bleiben sollte. Einige davon zeigt einestages gerade. Spiegel-Autor Peter Wensierski hat Ihre Geschichte jetzt in ein Buch geschrieben, „Die verbotene Reise„, außerdem gehen Teile der wohl wirklich einzigartigen Fotos auf Wanderausstellung.

Sie trampten durch die Wüste Gobi, schliefen in der Wildnis und überlisteten sowjetische Kontrollposten: Mit gefälschten Papieren erkundeten im Sommer 1987 zwei Ost-Berliner Studenten die Mongolei und China.

[…]

Im Sommer 1987 verließen Jens und Marie die Rykestraße und stiegen am Ost-Berliner Hauptbahnhof in den Zug – an der polnischen Grenze wurden sie erstmals kontrolliert. Die Uniformierten staunten nicht schlecht, als sie die prallgefüllten Rucksäcke der beiden auseinandernahmen: Sie zählten 144 Schwarz-Weiß- und 100 Farbdia-Rollfilme, jeder Film ermöglichte zwölf Aufnahmen im Mittelformat 6×6, genug also für 3000 Fotos. Jens erzählte den Kontrolleuren, dass er Biologie studiere und Naturaufnahmen plane, das leuchtete ihnen ein. Außerdem konnten sie ja ihr trickreich erworbenes Visum für die Mongolei vorweisen.

Ausstellungstermine:
11. April bis 27. Mai 2014: Berlin – The Westin Grand
3. Juni bis 2. Juli 2014: München – The Westin Grand München
13. August bis 10. September 2014: Leipzig – The Westin Leipzig
16. September bis 16. Oktober 2014: Dresden – The Westin Bellevue Dresden
18. Oktober bis 19. November 2014: Potsdam – Mercure Hotel Potsdam-City

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Eine DDR-Wohnung in Magdeburg

Die Magdeburger Wohnungsgenossenschaft wird in diesem Jahr 60. Aus diesem Grund haben sie sich gedacht, einfach mal eine der alten Wohnungen so auszustatten, wie diese zu DDR-Zeiten nun mal ausgestattet waren. Nun ist aus dieser Idee eine DDR Museumswohnung entstanden, die Einblicke in den wohnlichen DDR-Alltag geben soll. Ein Haufen von dem ganzen Krempel kenn ich noch.


(Direktlink)

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Fotos einer Dorfdisco der DDR in den späten 70er Jahren und ein Buch darüber

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(Foto: © Thomas Kläber)

Ich bin dann doch etwas zu jung, als das ich mir in der DDR die Nächte in irgendwelchen Tanzschuppen um die Ohren hätte schlagen können. Das begann bei mir erst kurz nach dem Fall der Mauer und hätte ganz sicher auch einige spannende Bilder gegeben, aber darum soll es nicht gehen.

Thomas Kläber, der bis heute als Fotograf tätig ist, war Ende der 70er schon alt genug, um mit seiner Praktica MTL die Disco seines Dorfes besuchen zu können, die eigentlich eine Kneipe war. „Die Dorfdisco war nun mal ein Teil des Landlebens.“, sagt er. Und so sahen es wohl viele der damals Tanzlüstigen im Südbrandenburgischen. Man traf sich dann eben in jener Kneipe in Beyern um das Wochenende gebührend zu betanzen. Was junge Leute halt so machten, heute noch so machen, wenn auch anders – womöglich.

Dabei konnte Kläber Fotos machen, die einen Alltag wiederzugeben vermögen, wie man sie heute nur sehr selten zu sehen bekommt. Das ganz normale Leben aufm Dorf. Am Wochenende. Mit Bier, mit Schnaps, mit Musik, mit Kumpels, mit Liebe und mit all dem, was da eben zu gehört. Mit viel weniger Stock im Arsch, als das all die Fotos zeigen, die man heute aus den Diskotheken zu sehen bekommt. Platz für Fratzengeballer gab es damals keinen, dafür aber Authentizität. Genau diese hat Kläber auf seine Fotos gebannt. Tanzen aufm Dorf. Einestages hat neben einer superschönen Fotostrecke, die sich eigentlich erst in ihrer Gesamtheit zu einem Bild zusammensetzen mag, auch einige lesenswerte Statements des damaligen, vielleicht eher unfreiwilligen Chronisten.

„Es sind Bilder wie von einem Film-Set. Einem Film, der in der DDR spielt. Schwarzweiß. Irgendwo, tief in der Provinz. In einer Kneipe mit Sprelacart-Tischen und Mustertapeten im blassen Licht von Leuchtstoffröhren. Es ist Ende der siebziger Jahre. Die Männer tragen strähnige Langhaarfrisuren, karierte Hemden, Jeansjacken; die Frauen kurzärmelige Strickpullis oder weiße Blusen zu frisch geföhnter Dauerwelle, die Wirtin trägt Kittelschürze. Jedes Foto zeigt eine Szene, jedes Bild scheint eine Geschichte zu erzählen. Zugleich wirken sogar Details wie selbstverständlich, zufällig, authentisch – wohl deshalb, weil es gar keine Bilder aus einem Film sind. Was hier zu sehen ist, ist das echte Leben.“

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(Foto: © Thomas Kläber)

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Thomas Kläber hat seine Erinnerungen in Form von allerhand Aufnahmen aus den Jahren 1978 – 1980 jetzt in ein Buch binden lassen, welches beim Expose Verlag erschienen ist und den ausdrucksstarken Namen „Tanz“ trägt.

„Festivität, Dorffest, Schwof – so könnte es in den 1970ern in einem kleinen Ort in Irland, Belgien oder dem Ruhrgebiet stattgefunden haben. Tatsächlich liegt der Schauplatz in Beyern in der DDR, was aber sonst von geringer Bedeutung ist.

Ein Panorama menschlicher Emotionen tut sich auf und verdichtet sich zu einer mitreissenden Bilderzählung, in die wir dank der hautnahen Präsenz des Fotografen eintauchen können, um uns dann verwundert zu fragen, ob auch wir jemals so berührend/beglückend menschliche Nähe erfahren haben. Eine Ballade aus vergangener Zeit!“

Da würde ich wirklich nur allzu gerne mal drin schmökern wollen.

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Die Erde dreht sich linksherum

Aus der Reihe: Platten, von denen ich nicht wusste, dass es sie gibt. Das wilde Sammelsurium aus Jazz, Rock, Funk / Soul und Pop nach DDR Hörart kam 1978 auf Amiga anlässlich der Sojus 31 Mission, mit der Unser Fliegerkosmonaut Siegmund Jähn als erster Deutscher ins All flog. Begleitet wurde er dabei vom Russen Waleri Fjodorowitsch Bykowski.

Die Songs auf der Compi huldigten offenbar der sozialistischen Raumfahrt und ich kenne genau keinen davon. Das beste daran scheint mir aber ohnehin das Cover zu sein.

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(Wer dazu einen Torrent oder Ähnliches hat, ich nehme den Link dahin gerne per Mail.)

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Doku: Als die Mauer fiel – 50 Stunden, die die Welt veränderten

Etwas spät, aber der ganz große Trubel erfasste das Land damals eh erst am 10. November. Enstanden ist die Doku schon vor vier Jahren zum 20. Jahrestag des Mauerfalls. Gesehen hatte ich sie bis eben trotzdem noch nicht.

Berlin, 9. November 1989: Zehntausende Menschen durchbrechen die Grenzübergänge – fassungslos, vor Freude weinend und jubelnd. In der Dokumentation „Als die Mauer fiel – 50 Stunden, die die Welt veränderten“ erfolgt eine minutiöse Rekonstruktion der Ereignisse zwischen dem 9. und 11. November 1989. Was ging in der Führung der SED vor sich? Handelte die SED-Führung auf Anweisung Moskaus oder beruhte alles auf einem Irrtum? Bestand die Absicht, den Fall der Mauer gewaltsam rückgängig zu machen? Welche Maßnahmen traf die Bundesregierung und wie reagierten die Regierungen Großbritanniens, Frankreichs, der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion? Der Film beginnt am Morgen des 9. Novembers und endet am Mittag des 11. Novembers 1989. Er zeigt die historische Situation, die gefährlicher war als sie von den meisten in der Euphorie des Augenblicks erlebt wurde.


(Direktlink, via Sediment Vier)

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Über offene Vermögensfragen und was mit „Eigenbedarf“ bei dem Haus meines Opas wohl gemeint war

Opas Haus (1 von 22)

Rückübertragungsansprüche. So nannten das damals alle. Offene Vermögensfragen war wohl der richtige Begriff dafür. Er steht für die Grundstücke und Häuser von jenen, die in der DDR enteignet wurden oder aus welchen Gründen auch immer, immobilares Eigentum in der DDR zurückgelassen hatten. Manche der Besitzer sind geflohen. Manche Besitzer wurden enteignet, andere haben Grund und Boden von ihren Eltern oder Großeltern geerbt, die geflohen waren, ausgebürgert wurden oder eben enteignet wurden. Nach der Wende ein riesiger Marktplatz an pfeilgebotenen Immobilien.

Mein Vater kaufte einst einen Garten einer sehr alten Frau. Er sparte sehr lange dafür, um sich einen Traum zu erfüllen, den er als Sohn eines Bauern lange schon hegte. Seitdem er dem Hof und dem dortigen Dorf seiner Eltern den Rücken gekehrt hatte und Richtung Stadt ging, wollte er einen Garten. Mit einem Bungalow am liebsten und mit viel Platz, um dort Obst anbauen zu können. Und Gemüse. Natürlich auch um beides zu ernten. Er zahlte irgendwann zu Beginn der 80er 6000 Ost-Mark an eine alte Dame, die genau so was loswerden wollte. Weil sie nicht mehr konnte und auch irgendwie keine Lust mehr auf Garten und so hatte. 6000 Mark für 900m² Land mit sieben Obstbäumen, einer eigenen Wasserpumpe, einer Hütte, die zum Schlafen für vier taugte, einem Schuppen und jeder Menge Platz für Gemüse. Das bestimmte ab dann nicht nur sein Leben, sondern das der gesamten Familie. Anbau, Ernte, Pflege, gießen, harken. Erdbeeren, Tomaten, Erbsen, Bohnen, Gurken, Zwiebeln, Blumenkohl, Äpfel, Birnen, Kirschen und wenn er mal wieder ein total verrücktes Jahr hatte, versuchte er sich auch mal an ungarischer Paprika. Später auch an Spargel, was der Familie dann daraufhin finanziell noch so einige Sommerurlaube ermöglichen sollte.

Kurz darauf dann baute er einen Bungalow auf das Grundstück, einen Pool gar, gegossen in Dezimeter breitem Beton. Die Hütte blieb stehen, der Schuppen auch. Wir verbrachten dort 5-6 Monate in jedes Jahr. Immer über die Sommer. Wir nannten es, aus heutiger Sicht verdammt niedlich, „unsere Sommerresidenz“. Wir alle liebten es dort zu sein. Immer. Uhrzeit spielte dort nur eine sekundäre Rolle. Alles richtete sich nur nach Sonnenauf- und Sonnenuntergang. Die Sonne bestimmte unsere Sommer. Es war rückblickend fantastisch.

Irgendwann im Sommer 1990 fuhr ein Mann im edel wirkenden Zwirn in einer großen Limousine den ewig staubenden Feldweg hoch und hielt vor unserem Garten. „Das hier“, so sagte er, „sei ja jetzt eigentlich mein Garten.“ Er war wohl der Sohn der alten Dame, von dem mein Vater das Grundstück damals kaufte und ging irgendwann nachdem in den Westen. Aber er war der rechtmäßige Erbe dessen und wollte wohl mal gucken, was seine Mutter ihm da mit dem Mauerfall überraschend an zu Geld Machendem hinterlassen hatte. Er war sehr nett und meinte, dass er das Grundstück gar nicht wiederhaben wollte. Er wollte eben „nur mal danach schauen“. „Geld hat er nicht nötig“ und überhaupt könne alles so bleiben, wie es ist, sagte er. Mein Alter war heilfroh. Er wusste, dass da irgendwann mal wer kommen und gucken würde. So kam es dann eben auch. Wir aber konnten bleiben. Das machte ihn heilfroh. Und wenn er froh war war ich es erst recht. Natürlich. Wir hörten von dem Tüpen nichts mehr. Vorerst.

Ein, zwei Sommer später aber kam dieser Mann dann wieder den staubigen Weg hochgefahren. Diesmal im Jogginganzug und mit einer klapprigen Ente unterm Hintern. Er bräuchte „jetzt doch unbedingt und unbedingt schnell etwas Geld“, sagte er. Und das er „das Grundstück nun doch gerne wiederhaben“ wollte – des Geldes wegen, was ein Verkauf dessen hergeben würde, sagte er. Mein Vater war so betrübt, dass er irgendwo ganz tief nähe Erdkern an all das dachte, was er die letzten 10 Jahre an Zeit, Liebe und Arbeit in diesen, in seinen Garten gesteckt hatte. Er war emotional am Boden. Aber er entwickelte einen Plan.

Mein Vater wusste, dass es diese Regelung der offenen Vermögensfragen gab und das er obhin dieser wohl kaum eine Chance haben dürfte, seinen eigentlich erworbenen Anspruch auf das Grundstück auch gerichtlich festsetzen zu lassen. Er wusste, dass er eine derartige Auseinandersetzung verlieren würde. Also willigte er einer Rückübertragung an diesen Mann, der Erbe der schon lange toten, einstigen Besitzerin war, zu. Seine Bedingung dafür, dass außergerichtlich klären zu lassen: ein Neuwagen. Einen Seat Toledo wollte er haben. In rot. Das war alles. Der Mann im Jogginganzug war sich wohl selber nicht ganz sicher, ob er einen diesbezüglichen Rechtsstreit gegen meinen Vater gewinnen würde und willigte ein. Warum auch immer. Vier Wochen später fuhr mein Alter mit einem niegelnagelneuen Toledo vor. In rot und im Wert von 32.000 DM.

Wir räumten dennoch schweren Herzens die Hütte, den Schuppen und den Bungalow leer, schütteten als Andenken an die nächsten Besitzer den Pool mit 14 m³ Beton am Stück zu und zogen von dannen. Das Grundstück wurde daraufhin geteilt, verkauft und keine zwei Jahre später standen Häuser auf beiden Grundtücken. Die stehen da bis heute. Natürlich. Von damals ist wohl nichts mehr geblieben. Außer einer kleinen Schatzkiste vielleicht, die ich damals als Kind im Garten vergrub und die da bis heute noch liegen dürfte. (Und ich werde die ausgraben gehen, bevor ich das Zeitliche segnen werde.)

Eigentlich hatten wir es recht einfach und irgendwie sind wir auch fair da raus gekommen, wenn man es genau nimmt. Anders als mein Opa.

Der wohnte kurz vor Potsdam, erwarb irgendwann in den 60ern dort ein ziemlich geiles Haus auf einem kleinen Berg mit Blick über die Häuser, 300 Meter Fußweg bis zum Fluss. Ich verbrachte als Kind dort viel Zeit. Es gab dort Wiesen, Wälder, Wasser und jede Menge Platz um Kind zu sein.

Opas Haus (22 von 22)

Irgendwann in den 90ern aber kam auch dort jemand und wollte seine noch offenen Vermögensfragen klären. „Das Haus und das Grundstück hier gehört ja jetzt einer Erbengemeinschaft, von der ich ein Teilhaber bin“, meinte er, und „wir wollen das jetzt zurück haben“, sagte er. „Eigenbedarf. Wir wollen hier irgendwas machen und wir können Sie dann hier natürlich nicht mehr gebrauchen.“ Da stand mein oller Opa dann, schluchzte seicht und fragte nach so was wie Entschädigung. Schließlich hätte er dort 40 Jahre dafür gesorgt, dass die Bude stehen blieb. Und so. Er bekam einen fünfstelligen Betrag im niederen Bereich, räumte mit uns die Bude leer und zog in einen Plattenbau in Stendal, nähe Magdeburg. Das wars. Er lies die letzten Jahrzehnte seines Lebens hinter sich und hatte, anders als mein Vater in seinem Garten, dort wirklich jahrelang jeden Tag und jede Nacht verbracht. Er wähnte das sein Eigen. Bis zu jenem Moment, als da wer kam und ihm klarmachte, dass genau dem so nicht sei.

So war das damals. Viele im östlichen Schatten der Mauer hassten diese Tüpen, die dann aufliefen. Viele mussten Vieles aufgeben. Manchmal auch alles. Heute habe ich durchaus Verständnis für jene. Auch das.

Als ich heute in der Nähe des alten Hauses meines Opas war, dachte ich so: „Lass uns doch mal gucken, was die damals mit ‚Eigenbedarf‘ gemeint haben. Lass uns doch mal gucken, was die daraus gemacht haben. War ja doch ein recht schönes Haus. So mit Garten, Schuppen, Gewächshäusern und alles. Kann man ja was machen mit heutzutage.“

Was ich fand, war das. 20 Jahre nichts passiert. Verlassen, zerfallen, vergessen womöglich auch. „Eigenbedarf“. Strange irgendwie. Und Opa rotiert in seinem Grabe.

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