Zum Inhalt springen

Reportage: Zurück im Osten – Was ist in meiner Heimat los?

Auch das ist Brandenburg. Ich hatte die Panaroma-Reportage gestern Abend noch gesehen und nicht wenige Paralelen zum Leben der Autorin Birgit Wärnke entdeckt. Geboren im Osten, heute Land Brandenburg, etwas jünger nur als ich, der Vater Soldat und heute viele Fragen.

Ich bin Anfang der 90er nach Berlin Schönefeld gezogen, wo das ganze Ost-West-Ding schnell ein viel kleineres Thema als auf dem östlichen Land war. Auch weil die Stadt damals schon sehr gemischt aus Ost und West ihren Alltag organisierte. Aber wenn es übers Land mal zu den Verwandten in Vorpommern ging, wurde klar, dass die östliche Identität Teil der dortigen Lebensmodelle geworden war. Das erlebe ich im Osten auch heute noch regelmäßig. Im Westen so gut wie nie, obwohl ich dem „Westler“ gegenüber auch noch einige wenige Klischees pflege. Sie ziehen sich selten die Schuhe aus, wenn sie eine fremde Wohnung betreten und versuchen immer, nie auch nur das Geringste schuldig zu bleiben. Das nehme ich mittlerweile auch eher humorvoll. Auch weil ich über die Jahre hinweg natürlich auch Menschen kennen und mögen gelernt habe, von denen ich gar nicht weiß, wo genau sie herkommen, was halt auch total egal ist.

Birgit Wärnke ist hier um die Ecke in Groß Kreutz geboren und nach der Schule schnell nach Hamburg gegangen, der Chancen wegen. Dort lebt sie seitdem. Im Zuge der politischen Entwicklung im Osten kam sie in genau diesem Kontext nach Groß Kreutz und hat sich dort umgehört. Nicht ganz leicht zu ertragen. Für sie womöglich auch nicht ganz einfach, nicht widersprüchlicher in Debatten zu gehen, was sicher auch dem Umstand geschuldet ist, dass einige der Befragten sich dann aus der Reportage zurückgenommen hätten. Die AfD als Heilsbringer für den Osten. Eine Bild, das mir im Osten des Öfteren gezeichnet wird.

Sehr interessant der Teil, in dem die Autorin ihren Vater zu seiner Vergangenheit als Soldat der NVA befragt und ihn dabei in Widersprüche verwickelt. Ich bedauere sehr, dass ich dazu selber nicht mehr die Gelegenheit hatte.

Ja, die Gespräche hätten durchaus kritischer hinterfragt werden können. Ich denke aber, dass es hierbei primär darum gehen sollte, zu zeigen, wie der Stand der Dinge ist, in Teilen des Ostens. Und das sieht halt gar nicht gut aus.

Ich bin ratlos. Es ist August, kurz vor der Bundestagswahl. Die AfD wird bald mit einem zweistelligen Ergebnis ins Parlament einziehen. Die Stimmung ist aufgeheizt. Vor allem in ostdeutschen Städten skandieren auf schön sanierten Marktplätzen Menschen ihre Parolen: „Merkel – hau ab!“, „Volksverräterin“, „Merkel ist eine Verbrecherin“.

Es sind wütende AfD-Anhänger – auch in meiner Geburtsstadt in Brandenburg an der Havel. Die Bilder von diesen aufgebrachten Menschen gehen mir nicht aus dem Kopf. Was macht sie so wütend? Warum sind sie so hasserfüllt? Und sind diese Pöbler, die so laut „Merkel – hau ab“ brüllen, repräsentativ für den Osten Deutschlands? Meine alte Heimat ist mir fremd geworden.


(Direktlink)

5 Kommentare

  1. Gregor Licht7. März 2018 at 17:29

    Warum der Wähler-Anteil gerade in ländlichen Regionen mit geringem Migrantenanteil so hoch ist? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach, jede ländliche Region hat mehr oder minder eine Groß- oder zumindest größere Stadt in der Nähe. Du bekommst mit wie die stumpfe Gewalt, die Kriminalität, die Deutschenfeindlichkeit, der Werteverfall zunimmt und der gegenseitige Respekt immer mehr abnimmt. Daraus resultiert die Angst, dass das alles gar nicht mehr weit von der eigenen Haustür entfernt ist. Davor möchte man sich schützen und sieht da leider die AfD als den Retter in allerhöchster Not.

    Hinzu kommt das Gefühl einfach nicht mehr ernst genommen zu werden. Wir haben Probleme mit jungen kriminellen Ausländern. Keine Ahnung wie man das immer wieder so leugnen kann. Wir haben ebenfalls das Problem, dass sich hier Personen mit x-Indentitäten registrieren konnten. Wird das hinterfragt und das eben vielleicht nicht, auf erwartet intellektueller, differenzierter Ebene steht man als der Dumme da „der gefälligst den Aluhut abzunehmen hat“. Der Trotz nimmt zu und der Hass auf die Regierung wächst.

    Dann kommt das Fass zum Überlaufen, wenn man dann noch mit solchen Berichten konfrontiert wird: http://www.spiegel.tv/videos/1279861-ein-mann-zwei-ehefrauen-sechs-kinder -> Soll man das als normal oder halb so wild hinnehmen und den Leuten noch sagen, habt euch mal nicht so? Niemand macht sich die Mühe den Menschen das zu erklären, weil es immer vollendete Tatsachen sind, vor die die Leute gestellt werden.

    Am Ende findet man eben einfach keine andere „Alternative“. Zum Beispiel eine, die sich damit auseinandersetzt wie man in Zukunft einfach wieder mit einem gemeinsam Verständnis von Grundwerten zusammenleben kann oder die sich damit auseinandersetzt wie alles so dermaßen ausufern konnte.

    Und, ja da sehe ich unsere Regierung und vor allem Angela Merkel in der Pflicht. Es wurde eine Entscheidung getroffen, ohne dass es dafür vorab auch nur eine einzige Überlegung, geschweige denn ein Konzept gab, wie das alles gehändelt werden kann. Die ganze Einwanderungskrise wurde einfach völlig kopflos angegangen. Darunter leiden Deutschland und die EU heute und auch noch in fünf – zehn Jahren. Und nicht nur Deutschland, sondern besonders tatsächlich Schutzbedürftige. Sie werden pauschalisiert mit denen, die sehr wahrscheinlich schon (sehr) lange illegal hier sind und jetzt eben die Schwäche des Systems ausgenutzt haben, um sich ohne Pass zu registrieren, es sich dabei aber häufig um Gewaltbereite, Kriminelle handelt… Äußert man dahingehend etwas, ploppt das Nazi-Gutmensch Ping Pong auf. Das wir damit nie weiterkommen werden, sollte irgendwann einfach mal klar sein.

    Es muss endlich der Prozess eingeleitet werden, unser System, unsere Werte und unser Verständnis dafür wie wir in Zukunft leben möchten offen zu hinterfragen. Dazu gehört auch das kritische Hinterfragen der Regierung und des deutschen Politik-Zirkus im Allgemeinen…

    Ich habe einfach Angst davor, dass man in 20 Jahren auf Deutschland guckt und darin ein Negativbeispiel dafür sieht, wie man komplett an der Realität und den Bedürfnissen der einzelnen Personen vorbei regieren kann. Weil, wenn das der Fall ist, ist es zu spät und auf den damit zusammenhängenden „Super-Gau“ kann ich gerne verzichten.

    • Harry9. März 2018 at 13:44

      Falschbehauptungen, die in einer besorgt-betroffenen Manier vorgetragen werden bleiben halt trotzdem Falschbehauptungen.
      Alles was du zu bieten hast sind gefühlte Fakten und Neid.
      Deine These mit den ländlichen Regionen ist so sinnlos, dass sie fast schon wieder witzig ist. Die Leute in den größeren Städten, die mit dem Untergang des Abendlands, der da deiner Meinung nach stattfindet täglich konfrontiert sind, ignorieren das dann einfach oder wie? Oder bekommen das nur die Landeier zu spüren und die Leute aus der eigenen Stadt werden von den marodierenden Migrant*innen verschont?
      Es gibt seit Jahrzehnten sehr plausible Erklärungen dafür, warum die Fremdenfeindlichkeit genau dort besonders groß ist, wo es weniger „Fremde“ gibt. Und niemanden außer dir wird es überraschen, dass es garnichts damit zu tun hat, dass „Fremde“ schlechte Menschen, kriminelle und Sexmonster sind.

      Die von dir genannten Probleme sind in erster Linie Gefühle. „Die sind alle kriminell. Die Registrieren sich mit x Identitäten und nutzen uns aus. Die haben mehrere Ehefrauen und viele Kinder (ergo auch ganz viel Sex)“. Ein Beispiel reicht um das Gefühl, das würde überall und andauerd passieren, es würde „ausufern“, es gäbe keinen Plan, usw usf. zu wecken.
      Auf einmal gibt es eine „Krise“ unter der „Deutschland“ leidet. Was auch immer das bedeuten soll. Der deutsche Staat jedenfalls schreibt schwarze zahlen.
      Du schwadronierst weiter von gewaltbereiten kriminellen, die schon sehr lange illegal hier wären und die „schwäche“ des Systems ausnutzen. Wer das anders sieht, spielt nur Nazi-Gutmenschen-Ping-Pong. Dass gerade du selbst es bist, der das hier betreibt fällt die in deiner realitätsvergessenen Art vermutlich nichtmal auf.

      Zum Schluss beschwörst du noch den „Super-GAU“ und willst gerne die grundlegenden Werte unseres Zusammenlebens offen in frage stellen.
      Und spätestens hier sollte jedem klar werden, dass dein ganzer Kommentar nur eine Floskel war, um die idiotische Idee, es würde zu einem „Rassenkrieg“ (was auch immer für Euphemismen sich dafür ausgedacht werden) kommen und man müsse daher den Staat autorität und die Gesellschaft totalitär umformen zu verbreiten.

      Herzlichen Glückwunsch. Mit deinem Text kannst du dich als Leiter für das näxte Ideologieseminar der identitären Bewegung bewerben.

  2. Huge Ego Bolder7. März 2018 at 17:51

    Sorry, musste nach fünf Minuten ausmachen, weil ich diesen Sozialneid nicht mehr ab kann!

  3. Artur7. März 2018 at 19:00

    Danke für den Tipp, die Lehrerin am Ende war für mich am „aufschlussreichsten“.

    Für mich selber sehe ich die größten Fehler in der Treuhand, den zwei Klassen Lohn Gesellschaften und der Bild.

  4. A.15. März 2018 at 10:03

    Danke für den Link. Sehr ehrliche Reportage. Versteh ich schon.
    Auch wenn ich, gerade in der ersten Runde, nach jedem Satz gerne aufgeklärt hätte.
    Es lohnt sich aber wirklich, sich das komplett anzusehen.
    Wir brauchen wirklich mehr Aufkärung, um den Leuten, die denken sie wählen Protest mit der AfD, zu erklären, das sie sich damit ins eigene Bein schießen. Gerade dieser Sozialneid entsteht aus ganz viel Unwissenheit.
    Ganz viel reden und verschiedene Ansätze und Sichtweisen aufzeigen, um zu verstehen, ist sehr wichtig. Auch wenn ich manchmal denke, das bringt nix. Aber doch, vielleicht diskutier ich wieder mehr mit Menschen, auf die ich eigentlich gar kein Bock mehr habe.

Schreibe einen Kommentar zu A. Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert