
(Foto unter CC BY 2.0 von Lisa Campeau)
Eine Bekannte kommt nach einem Jahr, dass sie in Indien in einem Yoga Tempel verbracht hat, wieder. Vorher alles geklärt mit dem Arbeitgeber und so. Der hiesige Kapitalismus gibt so was ja her, wenn man es vorher auf drei oder noch mehr Ebenen organisiert hat. Well. Kapitalismus macht derartigen „Gaukel“ ja möglich. „Spiritualität und so“, das leisten wir uns hier schon mal.
Jetzt, wo sie wieder da ist, erfährt sie, dass das Haus, in dem sie mit ihrem Sohn lange schon wohnt, mittlerweile an einen Schweizer Investor verkauft wurde. Totalsanierung steht an. Totalsanierung ohne Mieter – versteht sich. Man bot ihr 13.000 Euro an, um das hinzunehmen und um weiterzuziehen. Und um die Fresse zu halten. Vor allem um die Fresse zu halten. 13.000 Euro für zwei Leben.
Die kann sie nehmen. Oder sie kann kämpfen. Kämpfen und alle dabei für sie eventuell entstehenden Konsequenzen in Kauf nehmen. Heute kein Wasser, Morgen kein Gas, Übermorgen keine Fenster und nächste Woche keine Dielen mehr. Man kennt das. Sie ist lange schon keine 20 mehr. Eigentlich sollten andere, viel Jüngere, diese Kämpfe stellvertretend für sie kämpfen. Viel zu wenige tun das. Isso!
Die Sache mit dem Job läuft jetzt auch anders als eigentlich wie von ihr als „geklärt“ gedacht. Sie hat noch irgendeinen Job in dem von ihr vor einem Jahr verlassenen Laden, wurde aber zum „Springer“ degradiert. 15 Stunden die Woche hier, 15 Stunden die Woche da. Ihr eigentlicher Job wurde mittlerweile an jemand anderes vergeben. Na klar. Irgendwer muss den ja machen. Sie kotzt trotzdem. Das Geld bekommt sie immer noch. Für die selbe Arbeitszeit. Nicht mehr für die selbe Arbeit. Die hat sie nicht mehr. Ihre jetzige könnte womöglich jeder machen.
Tragisch auch irgendwie.
Da verspricht dir das Leben, dass du auch Dinge machen könntest, die fernab der eigentlichen Norm funktionieren würden. Tut es ja auch. Kapitalismus macht derartigen „Gaukel“ ja möglich, denken sich einige. Wird ihnen ja auch suggeriert. Man kann das naiv finden. Von mir aus auch doof, ja. Ist es vielleicht auch ein bisschen. Naiv. Doof ist es nicht.
Nun ist sie wieder da und steht vor dem persönlichen Nichts. Jahrelang hat sie für Spiritualität gelebt, hat Spiritualität gelebt. Kurse gegeben, Menschen irgendwie – wenn manchmal vielleicht auch nur kurzfristig – glücklich gemacht. Ihre innere Mitte gesucht. Weil ihr Umfeld ihr die Möglichkeit dazu gab, sich das „leisten zu können“. Den „Gaukel“ und so. Mitten im Kapitalismus und so.
Ob sie ihre innere Mitte finden konnte und glücklich mit dem sein kann, was sie dort erwartet hat? Ich weiß es nicht. Sie weiß es nicht. Sie ist fertig mit allem und schon lange keine 20 mehr. Sie sucht jetzt eine stationäre Therapie, die ihr das alles irgendwie erklären kann. Verzweifelt. Ich kann das nicht.
Das alles hier wird eben auch ohne sie weiter „seinen Gang“ gehen. Sie wird, was sie auch vorher schon war, irgendwie Teil des zu gehenden Ganges sein und hoffte vielleicht eigentlich so sehr eher, am Ende dieses Ganges stehen zu können. Kann sie jetzt nicht mehr. Sie ist fertig damit. Fix und fertig.
Vielleicht funktioniert hier das eine im anderen dann ja aber auch doch nicht. Das richtige Leben im Falschen und so. Man kann das naiv finden. Von mir aus auch doof, ja. Ist es vielleicht auch ein bisschen. Naiv. Doof ist es nicht. Am Arsch ist sie trotzdem.
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