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Schlagwort: GDR

Doku: Der lange Abschied von der DDR – Weißenfels 1990-1995

Eine lange, unaufgeregte und interessante Dokumentation von Dietrich Lehmstedt, der im sachsen-anhaltinischen Weißenfels geboren wurde und später dann als Filmemacher in den Westen ging. Mit dem Fall der Mauer kehrte er zu seinen Wurzeln zurück und begleitete die Stadt in den ersten Jahre nach der Wende. Der Film zeigt mehr alltägliche als politische Aspekte und wurde nach der ARD-Ausstrahlung im Oktober 1995 in Weißenfels energisch diskutiert.

„Zu sehen ist eine graue Stadt mit tristen Straßen und verfallenen Gebäuden, mit Menschen und deren Schicksalen.

Was folgte, konnte vorher in seiner Dimension keiner ahnen: Der Lehmstedt-Film war über Wochen Gesprächsthema Nummer eins in der Stadt. Zunächst war vor allem die Empörung darüber groß, dass Weißenfels nun im ganzen Land als graue unansehnliche Stadt dastand. Später wurden jene Stimmen lauter, die von einem guten und realitätsnahen Film sprachen.“
(Mitteldeutsche Zeitung)


(Direktlink)

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Die Speisekarte des japanischen Restaurants „Sakura“ im Interhotel „Merkur“ Leipzig von 1988

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Das ist hier heute mein Lieblingsbeitrag. Weil man ja immer denkt, dass es so etwas im Osten nicht gegeben hat. Dann sah ich „Sushi in Suhl“ und wusste, dass man das dachte, weil man es einfach selber nie gesehen hat. Und es nie gesehen hätte, weil man es niemals nicht bezahlen hätte können. So wie im Interhotel Merkur in Leipzig, in dem es damals ein japanisches Restaurant mit dem Namen „Satura“ gab. Und das erst, nachdem wohl auch denen klar war, dass dieser ominöse Sushi-Laden in Suhl tatsächlich irgendwie ganz gut lief.

„Zu seiner Eröffnung verfügte das Hotel Merkur über 447 klimatisierte Zimmer und Appartements mit 700 Betten, zwölf Restaurants, Bars und Clubs mit insgesamt 800 Plätzen – darunter mit dem Nationalitätenrestaurant „Sakura“, das nach einem Restaurant in Suhl zweite japanische Restaurant der DDR – sowie fünf Salons und ein Bankett- und Kongresszentrum mit 265 Plätzen.“
(Wikipedia)

Daniel von Gastro-L.E. jedenfalls war damals, 1988, mal im „Sakura“ essen und hat sowohl die Speisekarte als auch seine Kassenbelege von diesem Abend behalten und ins Netz geladen. Sein Menü kostete 80,10 Mark: Die Speisekarte des japanischen Restaurant Sakura im Interhotel Merkur Leipzig von 1988. Er schreibt:

„Meine Eltern spielten damals mit einer befreundeten Familie Tele-Lotto. Die Glücksfee meinte es mit der Tippgemeinschaft damals sehr gut und bescherte einen Gewinn in 4 stelliger Höhe. Dieser Gewinn sollte zum Teil gemeinsam im noblen Hotel Merkur verfuttert werden.“

Meine Eltern zahlten zu der selben Zeit für ihren 2,5 Zimmer-57m²-Neubau 68,00 Mark Miete im Monat. Das nur mal als Relation.

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(via Ostprodukt)

Mehr Fotos davon bei Daniel.

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18. März 1990: Volkskammerwahl

Wäre mir heute fast weggebrochen. Am Ende haben sich rückblickend viel zu viele Menschen für ihr Kreuz an einer Stelle entschieden, die ich schon damals für die nicht richtige hielt. Aber mich hat ja keiner gefragt und wählen durfte ich auch noch nicht.

Die Volkskammerwahl 1990 war die letzte Wahl zur Volkskammer der DDR und die einzige, die demokratischen Grundsätzen entsprach. Sie fand am 18. März 1990 statt. Ursprünglich war die Wahl für den 6. Mai 1990 vorgesehen, aber aufgrund der sich überschlagenden Ereignisse und der Notwendigkeit zur Herstellung einer handlungsfähigen und legitimierten Regierung wurde die Volkskammerwahl anderthalb Monate vorverlegt.

Die Wahlbeteiligung lag bei 93,4%. Sieger war das Wahlbündnis Allianz für Deutschland, bestehend aus der ehemaligen Blockpartei CDU mit dem Spitzenkandidaten Lothar de Maizière, der neu gegründeten und der bayrischen CSU nahestehenden Deutschen Sozialen Union (DSU) und dem Demokratischen Aufbruch (DA). Spitzenkandidat der DSU war Hans-Wilhelm Ebeling, der Spitzenkandidat des DA war Wolfgang Schnur, dem drei Tage vor der Wahl seine Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter des Ministerium für Staatssicherheit (MfS) nachgewiesen worden war.
(Wikipedia)

Berlin, Volkskammerwahl, Stimmzettel  Wahlkreis I


(Foto: Bundesarchiv, CC BY-SA 3.0)

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Trailer: Als wir träumten

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Als wir träumten war der Stadtrand von Leipzig die Welt.
Die DDR war weg und wir waren noch da. Pitbull war noch kein Dealer.
Mark war noch nicht tot.
Rico war der größte Boxer und Sternchen war das schönste Mädchen, doch sie hat mich nicht so geliebt, wie ich sie.
Alles kam anders. Aber es war unsere schönste Zeit.

Dieser Film könnte durchaus in etwa so aussehen, wie meine Jugend etwas später nach dem Fall der Mauer halt aussah. Meine fand nicht in Leipzig statt, aber immer noch im Osten und der Geruch von der damaligen Freiheit dürfte in Leipzig ebenso wie überall im Osten ähnlich einmalig gewesen sein. Wir hatten diese „Freiheit“, von der keiner der Alten wusste, was genau die sein sollte, und wir wollten alles. Immer.

Die Story an sich könnte großartiger nicht sein, SpOns Kritik ist eher so mäßig, aber schlechte Spiegel-Kritiken sind seit jeher ein guter Grund dafür in einen Film zu gehen. Den hier werde ich mir definitiv ansehen. Der alten Träume wegen.


(Direktlink, via Tanith)

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Ein Film über Rostock-Lichtenhagen: „Wir sind jung. Wir sind stark.“

Ins Kino könnte man ja auch mal wieder gehen. „Wir sind jung. Wir sind stark.„, ein Film von Burhan Qurbani, der heute in die Kinos kommt, könnte ein sehr guter Grund dafür sein.

Qurbani möchte an Rostock erinnern; er möchte nicht anklagen und keineswegs denunzieren. Er möchte aber auch nicht rechtfertigen – sondern Hintergründe aufzeigen. In „Wir sind jung. Wir sind stark“ geht es um das sittliche und ideelle Vakuum der Nach-Wende-Gesellschaft, das sich mit Wut gefüllt hat. Im Mittelpunkt des Films stehen daher ostdeutsche Jugendliche, die zum ersten Mal in ihrem Leben ohne einen strukturierten Alltag zurechtkommen müssen – ohne das Bewusstsein, später als Arbeitskraft gebraucht zu werden und darauf einen wichtigen Teil ihrer sozialen Identität gründen zu können. Und genau das haben diese jungen Menschen mit den Einwandererkindern in den französischen Banlieues gemeinsam: die Wut all jener, die von der Gesellschaft ausgesondert werden, ohne je eine Chance erhalten zu haben, sich in ihr zu beweisen.


(Direktlink, via Berliner Zeitung)

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Eine Onlineaustellung über Turnhallen der Sowjettruppen in der DDR

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(Screenshot: VIMUDEAP)

Angus Boulton fuhr ab den späten 90ern für über 10 Jahre durch die ehemalige DDR und versuchte mit seiner Kamera Fotos von Sporthallen zu machen, die einst von den Sowjettruppen benutzt wurden. Das ist nicht nur deshalb toll, weil viele davon quasi in meiner Nachbarschaft liegen, sondern auch, weil ich ein paar wenige davon selber noch von innen gesehen hatte.

»Während meiner Arbeit an ›A Soviet Legacy‹ traten wiederkehrende Strukturen zu Tage: Unterkünfte, Kulturstätten, Stabsgebäude, Sportanlagen, Sanitäreinrichtungen, Garagen und militärische Spezialeinrichtungen. Diese boten auf den ersten Blick wenig Neues. Mit der Serie ›41 Gymnasia‹ wollte ich diese Orte aus dem militärischen Grau ›heraustreten‹ lassen, diese von mir als Oasen der Farbigkeit erlebten Stätten vereinen, eine Typologie schaffen.
Fast jeder Mensch kennt Sporthallen aus seiner Kindheit, egal, ob aktiv oder widerwillig besucht. Das sofortige Wiedererkennen bringt jene fernen Erinnerungen hervor, die verwandt sind mit denen der einst in diesen Räumen agierenden Soldaten und Offiziere.
Meiner Meinung nach erzeugen diese intensiven Farben, die Wandbilder und die Gegenwart der olympischen Symbole eine klare Erinnerung an die Zeit des Kalten Krieges.«

Da viele der durch die Sowjetischen Truppen nachgenutzten Kasernen vor dem Ende des 2. Weltkrieges entstanden, zeugt die Serie »41 Gymnasia« zusätzlich von den ursprünglichen Nutzungen als Garage, Pferdestall, Werkstatt oder Lagerraum.

Viele der Hallen sind mittlerweile abgerissen, aber 41 der von ihm besuchten und fotografierten werden aktuell im Virtuellen Museum der Toten Orte gezeigt, einer Onlineaustellung. Sehr geiles Format, wie ich finde.

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Das ist toll. Einestages hat außerdem die Geschichte hinter der Fotoserie.

Elf Jahre lang spürte Angus Boulton in Ostdeutschland verlassene russische Kasernen auf, um vor dem Abriss ihre bunten Turnhallen zu fotografieren. Wir erzählen die Geschichte einer verrückten Idee – und zeigen die beeindruckenden Bilder des Fotokünstlers.

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Die Reste der DDR zu ersteigern

Auctionata verscheuert gerade für richtig viel Geld das Bisschen von dem, was von der DDR bis heute noch übrig blieb. Sitzmöbel, Schrankwände, Geschirr, Werbetafeln, Fotos und Gemälde. All das, was unsere Eltern damals vor die Tür stellten, um es endlich hinter sich lassen zu können: Kunst & Kult der DDR.

Vielleicht hätten wir intervenieren sollen. Vielleicht intervenieren müssen. Vielleicht auch nur deshalb, um die Preise unten zu halten. Vielleicht auch nur deshalb, um Vergniaud heute nicht Recht geben zu müssen. Die Revolution frisst ihre Kinder. Die, der späten DDR, hängt gerade noch so im Enddarm fest. Aber für ein paar Euro löst sie sich dann dort auch. So traurig wie nachvollziehbar. Irgendwie.

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