Zum Inhalt springen

CDUsche Realitäten ala Peter Tauber: Wer was Ordentliches lernt, braucht keine Minijobs

Wer drei Minijobs machen muss, ist halt selber Schuld an dem Scheiß, meint Peter Tauber, CDU.

Keine Denke daran, dass manche Menschen in ihrem Leben einfach nicht die Möglichkeiten hatten, etwas im Sinne von Tauber „Ordentliches“ lernen zu können. Weil sie schon mit 13 im Stall ihrer Eltern helfen mussten, weshalb die Schule nicht wichtig war, weil sie intellektuell nicht in der Lage waren, einen Schulabschluss zu machen, der gesellschaftlich anerkannt für mehr als Hilfsjobs, für etwas „Ordentliches“ gereicht hat. Weil sie von mir aus Analphabeten sind, die es auf dem Arbeitsmarkt denkbarer Weise ganz besonders beschissen trifft. Es sind Menschen, die körperlich nach 30 Jahren auf dem Bau nicht mehr in der Lage dazu sind, irgendeine weiterhin körperlich anstrengende Arbeit in Vollzeit machen zu können, weshalb sie irgendwelche andere Jobs machen, um irgendwie über die Runden zu kommen.

Dann gehen diese Leute mit ihren Minijobs trotzdem zu Amt, weil das alles zum Leben nicht reicht und die Miete ohne staatliche Unterstützung eben trotz der Jobs nicht zu bezahlen ist und beantragen Hilfe zum Lebensunterhalt. Diese wird dann gezahlt. Immerhin. Im schlimmsten Fall in Form von Hartz IV. Und dann müssen diese Leute, die mehrere Jobs machen, dennoch alle drei Monate hin zum Amt und dort sollen sie dann irgendwelche Bewerbungen vorlegen, die sie an Firmen geschrieben haben, die sie ob ihrer fehlenden Qualifikationen ohnehin nicht einstellen würden. Nicht lesen, nicht schreiben, nicht mehr kriechen können. Oder weil sie einfach nie die Möglichkeit hatten, etwas im Sinne von Peter Tauber „Ordentliches“ lernen zu können. Weil wenn sie das nicht tun, zum Amt gehen, droht das selbige mit Repressionen. Die streichen dann halt Gelder. Und zwar fix. Weil, die meisten Sachbearbeiter haben da zwar schon Verständnis, aber eben auch ihre Regeln. Gesetze, die geschrieben sind, die aber eben dennoch nicht alle erfassen. Das wissen diese Sachbearbeiter. Trotzdem: Regeln, Vorgaben, dies das.

Dann haben die Betroffenen verhältnismäßig so lange Ruhe, bis der zuständige Sachbearbeiter wechselt, was die ja häufig tun. Dann geht die komplette, mit dem Druck der Repression gesteuerte, Prozedur von vorne los. Man arbeitet dort, wo man kann, macht 1-3 Jobs, weil der Markt für einen selber einfach nicht mehr hergaben mag. Für die Miete reicht es nicht. Schon lange nicht mehr. Weil dein Ehemann vor ein paar Jahren gestorben ist. Aber man versucht es ja! Irgendwann sagen die dir beim Amt dann, dass du aus der 53 m² großen Zweieinhalb-Wohnung ausziehen sollst, in der du seit 30 Jahren wohnst. Weil die ein halbes Zimmer mehr hat, als dir eigentlich zusteht. Alternativ könnte man die Tür zu jenem Zimmer verschließen, so dass du es nicht mehr nutzen kannst. Eigentlich dreht sich dein Leben dann nur noch darum, 1-3 Jobs zu machen, die so beschissen bezahlt werden, dass die Kohle trotz dessen nicht mal dafür reicht, die Miete für deine kleine Bude zu bezahlen. Und dann musst du zum Amt und dort musst du dich erklären. Alle drei Monate aufs Neue. Und dein Leben verlief halt irgendwie so, dass du am Ende nicht mal die Chance gehabt hättest, etwas zu lernen, das Leute wie Peter Tauber für etwas „Ordentliches“ halten würden. Hast ungelernt Jahrzehnte lang als ungelernt Minderbezahlter Blumen und Gemüse angebaut, den Dreck anderer Leute weggemacht, geputzt und noch in der Essensausgabe der örtlichen Kita gearbeitet. Du hattest halt keine Ausbildung. „Dann biste halt am Arsch und daran selber Schuld“.

Am Ende hast du auf dem Weg zur Rente gut 15 Jahre am Hungertuch genagt. Und das obwohl(!) du immer gearbeitet hast. 1,2 oder auch drei Jobs gemacht hast, was zum Leben dennoch nicht gereicht hat.

Geschrieben von einem, der über viele Jahre hinweg eine Analphabetin auf ihren für sie demütigen Amtsbesuchen begleitet hat. Und das, obwohl sie bis heute, wo sie endlich die Rente erreicht hat, immer mehrere Jobs gleichzeitig gemacht hat. Zum Leben hat es in diesen Jahren gerade so gereicht.

Mag sein, dass Menschen daran selber Schuld sind. Aber manche können und konnten halt auch nicht anders. Sie haben, beschissen bezahlt, ihren Dreck weggemacht, Herr Tauber, und mittags ihre Kinder mit Essen versorgt. Davon mussten sie sich hin und wieder freistellen lassen, weil sie einen Termin beim Amt hatten, die dann gerne gehabt hätten, das diese Leute noch einen Job mehr machen, um endlich nicht mehr am finanziellen Rockzipfels das Staates zu ziehen.

Von denen, die tatsächlich mal was gelernt haben und trotzdem von ihrem Lohn nicht leben können, fange ich gar nicht erst an.

Herr Tauber, Sie scheinen mir ein selbstgerechtes Irgendwas zu sein, das lange den Kreis der gerne immer Satten nicht verlassen hat. Hätten Sie was Ordentliches gelernt, wäre das womöglich nicht passiert.

17 Kommentare

  1. Rico4. Juli 2017 at 04:56

    Deinen Text und auch Taubers Tweed kann ich nachvollziehen. Als ich anfang der 90er anfing zu lernen war es verpönt eine Ausbildung abzubrechen. Heute gehörts zum guten Ton nicht mehr hinzugehen. Es fehlt der Biss irgendwas mal bis zum Schluss durchzuziehen.

    • arno nyhm4. Juli 2017 at 12:59

      echt ? wo gehört das zum guten ton ? im osten vielleicht, mein lieber enrico!
      weisst doch kriminelle ossis abschieben!

      verallgemeinerungen helfen hier genau, niemanden!
      kkthxbye

      • Rico4. Juli 2017 at 16:18

        Ich komm aus dem tiefsten Osten. Gerade hier war es verpönt. Heute wird schnell mal abgebrochen wenns nicht passt.

        Außerdem heiß ich nicht Enrico.

  2. antiantianti4. Juli 2017 at 08:20

    Wichser!(Darf ich hier Wichser sagen? )

    • Arbeiter4. Juli 2017 at 11:20

      in diesem Fall – ja!

  3. jens4. Juli 2017 at 09:09

    Ich arbeite Vollzeit…seit mehr als 20 Jahren im gleichen Job. Seit ca. 10 Jahren habe ich keine Gehaltserhöhung bekommen. Meine Frau geht 30 Std. die Woche, auch wegen Kindesbetreuung und so…
    Wenn wir nicht nebenbei noch Minijobs machen würden, könnten wir uns zB. keinen Urlaub leisten.
    Es gibt so viele Vollzeitler da draußen, die ohne Minijob nicht über die Runden kämen.

    Aber, wie ich auf Twitter schon sagte: Wer bis zum Hals in Lobbyistenärschen steckt, der kann schonmal den Überblick verlieren.

  4. Gunnar4. Juli 2017 at 09:52

    Herr Tauber ist übrigens studierter Historiker, was ja bei strenger neoliberaler Betrachtung eigentlich auch nichts Ordentliches ist…

  5. Judy4. Juli 2017 at 10:07

    Es gibt jede Menge Jobs, die gemacht werden müssen, für die man nichts gelernt haben muss. Und diese Jobs gehören ordentlich bezahlt und die ArbeitnehmerInnen gehören sozial abgesichert, völlig unabhängig vom Einzelschicksal!
    Wenn der schlecht bezahlte Paketbote was Ordentliches gelernt hätte, würde doch der nächste Paketbote schlecht bezahlt eingestellt, damit ist doch das Problem nicht gelöst. Und wenn alle was Ordentliches gelernt haben, bringt keiner mehr die Pakete? Der Fehler liegt doch im System und nicht in der Biografie des Einzelnen. Die überhebliche Geringschätzung für diese Jobs und für die Menschen, die sie machen, und der Glaube, dass es ok ist, diese Jobs prekär zu vergeben, ist das Problem bei Herrn Tauber, und allen, die so widerlich sind wie er.

    • Rob4. Juli 2017 at 19:44

      Schön gesagt.

    • Flomarkt4. Juli 2017 at 22:54

      Danke!
      Du hast das außerordentlich rund und gut auf den Punkt gebracht. :)

  6. Rocksteady4. Juli 2017 at 13:02

    Ich verstehe nicht wie man sowas in die Welt schicken kann.
    Selbst wenn man so eine Denke hat (die fraglos Scheiße ist, aber die Gedanken sind ja bekanntlich frei), dann muß man doch ahnen was für eine Wirkung das hat. Das sowas nicht nur zwei Leute lesen.
    Können Politiker wirklich so realitätsentkoppelt sein?

    • Eisboer4. Juli 2017 at 16:38

      Klar, jeder Mensch kann so sein. Nennt sich Filterblase und dieses Konzept wird in meiner ganz persönlichen Blase die letzten Jahre auch viel diskutiert. Umgib dich nur noch mit Menschen die so denken wie du und ganz schnell verlierst du den Bezug zur gelebten Realität außerhalb deiner Blase.

      Als ein Politiker ist das aber schon eine große Leistung. Wenn immer DieLinke von durch’s System gebeutelten Menschen redet, muss er das wohl für absurde Übertreibungen halten und aktiv verdrängen.

    • Rob4. Juli 2017 at 19:48

      Naja, früher mussten die alle, um mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren, das an den Pressesprecher geben, der das dann dementsprechend weiter gegeben hat. Heute haben die alle Facebook/Twitter/sonstwas und können jeden Furzgedanken nach aussen geben. SCHÖNE NEUE WELT.

  7. Sarah A. Besic4. Juli 2017 at 13:05

    Herr Tauber, ein Mensch von Menschen gewählt, sie in einem größeren Rahmen zu repräsentieren, sich selber grenzenlose Überheblichkeit und aberwitzige Gesellschaftsferne attestierend mit der Veröffentlichung eines solcherart unreflektierten und undifferenziertem Diktums, zudem die Frechheit besitzend, Lebensläufe von ihm Unbekannten und irgendwie letztlich Anvertrauten mit 160 Zeichen ohne Hehl und Skrupel, ohne Fingerspitzengefühl, ohne Herz und ohne Verstand zu schmähen, sollte sich bis zum Ende seiner Tage schämen, komplett aus der Gesellschaft zurückziehen und nichts als tiefe Demut lernen, um irgendwann einmal in ferner Zukunft soetwas wie Empathie und Barmherzigkeit auszubilden! Möge ihm das Universum unermessliche Gelegenheiten bieten, das Leiden anderer durch eigene, unmittelbare und erfahrene Anschauung zu erkennen und unendliches Mitgefühl zu entwickeln!

  8. Martin Däniken4. Juli 2017 at 14:39

    Bestimmt hat Hrr Tauber Verwandte,die er bei genauer Anwendung seiner Denke auf eine Eisscholle packen würde!
    Seine Disseration ging über
    „gesellschaftliche Stellung und ideologische Funktionalisierung des Sports im Deutschen Kaiserreich“
    und er war bei der „Deutsche Vemögensverwaltung“ Dvag tätig,
    soll ein Strukturvetrieb sein…gibt ne nette Reihe von Artikeln beim Spiegel!

  9. Keng4. Juli 2017 at 22:53

    Tauber hat im Wahlkampf Twitter und die nachfolgende Berichterstattung in den traditionellen Medien benutzt.

    Wenn ich es gut auslege, dann war das seine Meinung und er hat Gleichgesinnte bedient.
    Wenn ich statt Blödheit Bösartigkeit annehme, dann hat er sich von all den vom „race to the bottom“ in der Lohnpolitik seit der Wende Betroffenen abgegrenzt und sich an die paar (in der „Mittelschicht“ verbliebenen) Gewinnler angebiedert.
    Beides nur, um ein paar Stimmen zu sammeln für den September…

    Weil ich gerade die Scherben auf den Ohren habe: „Der Traum ist aus.“

  10. Alf30. September 2017 at 11:22

    irgendjemand ist immer schuld ! ich sehe, die Leute schuld, die jammern und ein gutes Zuhause haben ! die Gutverdiener, die Angst um einen Cent haben, die sind schuld ! sie beschäftigen Leute, die vom Lohn nicht leben können, warum gibt es keine KapitalSteuer, keine Erbschaftssteuer und keine LuxusSteuer? KapitalSteuer ist ja nur dafür da, wenn Geld, ohne Leistung, mehr wird! die Erbschaftssteuer wird wohl Reiche nicht enteignen, dazu sind die Grenzen gewollt sehr hoch ! und ich selbst strebe nach einer LuxusSteuer, weltweit ! Für alles, was man nicht zum leben braucht, die doppelte oder sogar dreifache Steuer! für alles was man nicht zum leben braucht! wer kontrolliert das und will sich nicht selbst bereichern ? nimm einem Reichen 10% oder nimm einem Armen 10% ? WER von denen wird es merken ? ich denke schon, dass wir langsam dazu neigen, dass es einem Reichen langweilig wird ! und dass Arme immer mehr zahlen und den Cent umdrehen ! mmhh… hey Tauber, eine Frage ! Hast Du Eltern ? Hast eine Oma oder Opa ? Hast Du einen Rückhalt ? Ich empfinde Dich als jemand, der Omas und Opas hat, der Mama und Papa hat ! der von Familie Rückhalt hat ! und deswegen die Leute, die das nicht haben, vergisst ! schon bißchen verwöhnt, oder ?

    J

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert