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Kategorie: Täglicher Sinnwahn

Kippenautomaten sind generell ganz fiese Geschosse – manchmal

Seitdem ich bei den Eltern ausgezogen bin, hatte ich in der näherer Umgebung der eigenen Wohnung fast immer einen automatischen Zigarettenspender. Man könnte meinen, im Radius von 200 Metern, was schon ein wirklicher Extremfall war. Das ist mir erst letztens aufgefallen, und wurde zu den damaligen Zeitpunkten nicht bewusst als in die Entscheidung für die zu beziehenden Wohnung einbezogen. War eher zufälliger Natur, aber auch immer sehr praktisch. In Schönberg damals stand einer beim direkten Nachbarn, dem China-Restaurant. Der hat fast immer funktioniert. Wenn dem mal nicht so war, hat der Chef das vom Tresen aus direkt sehen können und sofort für Wiedergutmachung in Form der – damals – 5 Mark gesorgt. Ganz unproblematisch. Damit ging man dan quer über die Straße zum Italiener und holte da sein Päckchen. Einer der beiden Roboter ging immer.

Später dann in Teltow hatte der Inder, 200 Meter die Straße runter, einen stehen, der schon der Neuzeit entsprach. Mit so Sensoren an den Tasten und einem hydraulisch klingendem Pusten, kurz bevor die Schachteln in den Herausnahmeschacht fielen. Ein tolles Teil. Außerdem hatte der NIL geladen, was zu der Zeit im Osten eher selten war. Bis dahin waren wir eigentlich Freunde, ich und die Metaldealer.

Erste Bude in Potsdam: Direkt nebenan war ein eine Rockerkneipe, die keines der gegenwärtigen Klischees in Bezug auf Harleyfahrer vermissen lies. Lange, graue Haare, Leder bis unters Kinn, ein tägliches Knattern, das selbst die tote, längst vergrabene Katze des Nachbarn hätte aufwecken können, so denn sie nicht schon zu Lebzeiten taub gewesen wäre, jede Menge Suff, Grass, Anabolika, blondierte Lederpüppis und immer eine Menge Stimmung. Der Chef da hatte zwar jede Menge Ahnung von alten Altherrengefährten aber absolut keinen Plan von Kippenautomaten. Noch dazu hatte er kein Benehmen und war Choleriker, was generell eine ziemlich beschissene Mischung ist – zumindest für die Nachbarn. Das hat wohl auch dazu beigetragen, dass er öfter mal mit Prügel gedroht und den Autospiegel eines Freundes kurzerhand abgetreten hatte, nur weil der auf seiner Auffahrt stand. Kurz um: ein verdammter Scheißkerl netter Kerl. Er rauchte Tabak, was dazu beigetragen haben dürfte, das ihm der Automat, der an seiner Pinte hing, völlig am Allerwertesten vorbei ging. Regelmäßig hat die Kiste Kleingeld gefressen und nicht mehr ausgespuckt. Ich habe den Laden in den fünf Jahren nachbarlicher Wohnhaft regelmäßig umfangreich subventioniert. Bei Nachfrage, ob man denn das verlorene Geld irgendwie wiederhaben könne, sagte er immer, man solle die Nummer anrufen, die auf dem Automaten stand. Nur stand die da schon lange nicht mehr. Meine Vermutung geht in die Richtung, dass sie ein jemand, der ähnlich viel Glück mit dem Ding hatte wie ich, irgendwann mal in einer Nachtaktion abgenagt hatte. Das Geld was also weg. Regelmäßig weg. Irgendwann einmal aber steckte ich Kleingeld rein, wobei mir 8 Euro entgegen kamen, die ein armer Tropf vor mir da schon reingesteckt haben musste, in der Hoffnung, das viel viel helfe. Ich nahm das Geld an mich und fuhr in die nahe Tankstelle, um Zigaretten zu kaufen. Eine minimale Genugtuung. Der Drecksautomat lief regelmäßig Unzuverlässig, aber ich versuchte es immer wieder. Ich bin Mensch – ich bin faul und wohl auch ein wenig naiv. Nein, wohl doch einfach nur faul. Als ich da weg zog, war ich heilfroh auch hier nun wieder einen Automaten direkt in der Strasse zu haben.

Das hielt nicht lange an. Das Ding sieht zwar aus wie ein Zigarettenspender, ist aber insgeheim eine Kleingeldfressmaschine, was natürlich nicht dran steht. Konsequent verweigert die nicht nur die Herausgabe der Kippen, sondern auch die des Geldes, was äußerst hinterhältig ist. Sobald man Kleingeld reinwirft, fängt das Teil an zu piepen, blinkt kurz auf, zeigt eine Fehlermeldung und geht aus, als sei nichts passiert. „Geld weg, du Pfeife!“, scheint es immer noch zu röcheln, wenn man dann beharrlich darauf einprügelt, was eher zaghaft geschieht, das das Dingen direkt an der Wand einer Pension hängt. Man will keinen Ärger mit den Touristen. Klar. In manchen Nächten aber, kann man spüren, dass das einigen hartnäckigen Anwohner völlig egal ist. Das lange Trommeln und Fluchen, dass sich durch die ganze Strasse zieht, sind der beste Beweis dafür. Ich habe es irgendwann aufgegeben, an dem Ding mein Glück zu versuchen. Ja, es erinnerte mich an so einen Daddelautomaten in dem man immer sein Geld steckt. Im Gegensatz zu der Kleingeldfressmaschine in meiner Strasse allerdings, hat man an denen immer noch eine kleine Chance, auch was zu gewinnen. Hier nicht. Hier kannst du nur verlieren.

Gestern konnte ich beobachten wie der Besitzer der Pension, nach dem er aus der Haustür kam, gegen schlug und im Geldauswurfschacht fingerte, um zu prüfen, ob da nicht was an Kleingeld zu holen sei. Dreist fand ich das. Noch dreister fand ich es, genau das selbe auch heute beobachten zu können. Die Kleingeldfressmaschine wurde just in diesem Moment zur Trinkgeldbeschaffungsmaschine.

Ich bin ja ganz froh, das man mittlerweile nur noch mit diesem Chip, der die Altersprüfung gewährleistet, Kippen ziehen kann. Den nämlich habe ich nicht.

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Kleider machen Leute nicht

Sie sieht gut aus mit ihren geschätzten 45 Jahren. Sie trägt einen sehr edlen Hosenanzug, dazu gefährlich hohe Schuhe, die Haare sitzen perfekt bis auf den leicht verschnittenen Pony, aber nun gut. Das Make Up-Puder schließt ihre zu großen Poren im Gesicht, aber von weitem, als sie da noch mit zwei Kollegen steht und ihr breit aufgesetztes und charmantes Lächeln durch den Bahnhof schleudert, sieht man das nicht. Sie gackert auch ein wenig dabei. Das muss wohl so.

Als sie mit lautem Klacken den Tresen betritt an dem ich soeben meinen Kaffee bestellt hatte, sagt sie nicht, wie es die Bedienung sehr nett tut, „Hallo“ oder „Guten Morgen“ oder irgend so etwas. Sie sagt „Ich bekomme…“. Nicht „Ich bekomme bitte…“. Sie bekommt einfach immer nur das, was sie will. Wozu also mit Nettigkeitsfloskeln aufhalten, sie bekommt gefälligst. Dumm nur, das das was sie „bekommt“ hier nicht zu haben ist. Milchkaffee haben die hier nicht, Latte Macchiato beendet das Angebot nach oben. Als ihr das freundlich gesagt wird, grunzt sie irgendetwas und zeigt mit ihren langen, gepflegten Fingern auf meinen Becher: „Dann eben sowas da, man!

Und alles verfliegt.

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Es schmerzt beim Sehen

Es ist schwer zu beschreiben, dieses Gefühl. Einfacher vielleicht für jene, die selber eine persönliche Bindung dazu haben. Eine Bindung, zu dem Umstand, dass man früher oder später seine Sprösslinge, seine Kinder, in eine mehr oder weniger öffentliche Erziehungsinstanz geben muss. Vielleicht nur kurzeitig, weil man doch eine gewisse Zeit am Tag arbeiten muss, die Kinder ja aber trotzdem irgendwie betreut werden müssen. Oma ist keine Option auf immer und Soziales nehmen die Kleinen so vielleicht noch am einfachsten auf. So zumindest die Hoffnung.

Bei mir hieß das zu jener Zeit „Kindergarten“ und ich ging gerne hin, glaube ich. Heute heißt das wahlweise „KiTa“, „Kinderladen“, immer noch oder nun wieder „Kindergarten“, aber auch „Tagesmutter“. Was alle dieser auerhäuslichen Betreuungsinstanzen als zwingend von den Eltern, die ihre Kinder dort täglich abgeben, erwarten müssen, ist Vertrauen. Vertrauen in die Tätigkeiten der Betreuer, die nicht nur betreuen, bespielen, verwalten, verwahren oder bestimmen sollen, sondern sie sollen auch in der Lage sein, Liebe zu geben, Trost zu spenden, Zeit zu haben, Interesse und Geduld zu zeigen. Mindestens. Weiter nach oben gibt es da eine kaum definierbare Grenze, die das Gute einschränkt, was diejenigen, denen man sein Kleines gibt, zu geben in der Lage sein sollten. Nach unten, zum Schlechten, ist die Grenze allerdings ziemlich deutlich und auch schnell geklärt. Alles was man selber nicht erleben möchte, sollte auch den Kindern erspart bleiben. Zumindest diese Erwartung teilen wahrscheinlich alle jene, die das o.g. Vertrauen aufbringen und ihre Kinder nicht nur in andere Hände, sondern eben auch in andere Herzen geben. Alles was den eigenen Norm, – Wertvorstellungen gerecht wird, sollten diejenigen vermitteln können, denen man das Unmögliche möglich macht und ihnen seine Kinder überlässt. Soweit zur Theorie.

Um so mehr schmerzt es mich zu sehen, dass manche der so genannten Erzieherinnen Kinder an den Armen hinter sich herziehen, sie vollblöffen, sie anbrüllen, erwarten, dass sie wie ein Hund auf die ihnen hingebläkten Befehle reagieren. Kurz und bündig. Kommunikation findet nicht statt, die Kleinen haben zu spuren. Stress und was weiß ich nicht noch alles. Ich glaube, dass das dem Vertrauen, was den Eltern zu geben nicht immer leicht fällt, nicht gerecht wird. Konkreter noch: Ich weiß, das dem so nicht ist, nicht so sein kann.

Geweint hat die Kleine heute am Bahnhof. Bitterlich geweint. Angeschrien hat die Alte sie, an ihr gezogen, sie geschubst, ihr Befehle entgegen gebrüllt. Immer in der Erwartung, das die Kleine spurt. Weil sie spuren soll, weil die Alte es so will, weil sie es gewohnt ist, dass immer alle spuren. Die Alte nennt sich Erzieherin und will womöglich für ihre Arbeit noch gewertschätzt werden. Fick Dich!

Wie es wohl den Eltern damit gehen würde, das zu sehen.

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No Go

Eigentlich redet man ja nur ungern übers Wetter. Das kommt nicht so gut an, ist nur minder interessant und geht eigentlich so gar nicht. Heute aber reden alle drüber. Alle. Die ganze Tram hüpft freudig durch die Stadt und die Passagiere sind völlig aus dem Häuschen. Dabei scheint doch nur die Sonne.

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Immer wenn ich Freitags die Zwangsbundeswehrdienstigen in den Bus einsteige sehe, fällt mir auf, dass Zivis für mich schon immer die kuhleren Typen waren irgendwie. Ein Vorurteil, mit dem ich bisher bestens gefahren bin und was sich einmal die Woche, immer Freitags, aufs Neue festigt.
(Die wenigen, mir bekannten Ausnahmen, kann ich an einer Hand abzählen.) Echt.

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Ich spiele, also schwänz ich

Der Sinn der Forderung danach, vormittags in Kaufhäusern und Elektronikfachmärkten die Konsolen und Computer auszuschalten, um Schulschwänzerei einzudämmen, entzieht sich mir gänzlich. Zu dieser Zeit sind die Kinder doch in der Schule. Und selbst wenn dem nicht so ist, schließt man ja auch keine Bahnhöfe vormittags, weil die Kids dort rumhängen könnten, was wohl noch mehr Schulschwänzer dem Zocken in Kaufhäusern vorziehen.

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