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Ganz schön doof, Ronny: hast du wirklich gedacht, dass es in deiner Stadt anders wäre, wenn Flüchtlinge kommen würden?

tl;dr:

Geil ist ja auch immer, dass jene, deren fremdenfeindliches Geblubber nicht unwidersprochen von allen hingenommen wird, dann meinen, alle würden sie gleich ‚Nazi‘ nennen. Auch wenn das fast niemand tut. Da überholt das Selbstbild dann wohl immer das Metabild. Das ist lustig.

Und na klar kann man sagen, „Ich bin fremdenfeindlich und das ist meine Meinung!“, aber dann ist man halt ein Arschloch. Ganz einfache und klare Angelegenheit.

¯\_(ツ)_/¯

Ronny, du denkst immer, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus würde irgendwo in Dresden, MaHe, Dortmund, Hannover, Meck-Pomm oder Schneeberg oder überhaupt irgendwo anders stattfinden, obwohl du es eigentlich besser weißt. Du denkst dann trotz allem, aber doch nicht in deiner Stadt, die du schon seit langem für überwiegend antifaschistisch hältst. Weil du sie so kennen und lieben gelernt hast über die Jahre. Weil du so doof warst, dich überwiegend in den Kreisen aufzuhalten, in denen es selbstverständlich war, Menschen nichtdeutscher Herkunft, woher auch immer sie kamen, als das zu akzeptieren, was sie in erster Linie mal sind: Menschen. „Ey, hier in Potsdam doch nicht! Bei uns doch nicht. Diese Stadt ist bunt. War sie immer.“, redest du dir fälschlicher- und oberfläschlicherweise ein und unterschlägst dabei, dass die hier schon in den 90er Jahren Schutzgeld erpressende und Angst verbreitende Nazi-Hool-Clique das damals schon ganz anders gesehen hat. Obwohl du es besser wissen müsstest, nachdem sich dich gejagt und dir auf die Fresse angeboten haben.

Nach dem Angriff auf Ermyas M., den sie in B-West 2006 fast tot geprügelt haben.

Nachdem die dich in den späten 90ern jagenden Nazi-Hools nach der Jahrtausendwende zu Nazi-Rockern wurden und sich am Wochenende immer in der Rockerkneipe trafen, neben der genau deine Mietswohnung lag und wo du sie immer schön wieder erkennen konntest.

Nachdem du wusstest, dass die JN in Waldstadt weit vertreten war und sich an den Wochenenden auch „über die Brücken“ traute, um am Platz der Einheit junge Antifas aus der Tram zu schubsen und sie dort im schlimmsten Fall vermöbelten.

Nachdem du selber Psy-Partys machtest, auf denen du eigenhändig Nazis rausschmeißen musstest, weil sie, wie sie sich rechtfertigend sagten, „diese ekelhaften Zecken nicht ertragen würden“, die neben ihnen auf dem Dance kifften und ihnen ohne jegliche Vorwarnung auf die Fresse hauten, was dir mehr als nur unsagbar peinlich war.

Nachdem du wusstest, dass dunkelhäutige Freunde und Bekannte immer wieder darüber berichteten, dass sie sich in dieser Stadt abends und nachts alleine nicht ganz so wohl fühlen würden. Weil sie das Gefühl hatten, dass andere ihnen zumindest verbal übergriffig wurden, was ja eigentlich schon genug des Übels wäre.

Du hast es dir in den letzten Jahren ganz schön gemütlich gemacht. Erst im besetzten Archiv, wo du offensichtliche Nazis an der Tür einfach nicht auf deine Veranstaltungen gelassen hast. Und später dann hin und wieder im Spartacus, wo die junge Antifa das Sagen hat, was du seit jeher zu schätzen weißt. „Die kümmern sich schon darum.“, hast du so gedacht, „Sollen die mal jetzt unsere alten Kämpfe austragen, die machen das schon.“ Und irgendwie schien das ja auch zu laufen. Irgendwann würde das hier alles mal besser werden, hast du gehofft und vielleicht sogar tatsächlich geglaubt.

Du hast es dir mit deinem linkslastigen Umfeld immer schön einfach gemacht. Keine Rassisten dabei, keine Arschlöcher. Alle, die irgendwie glaubten, irgendwer anders würde sich schon darum kümmern. Obwohl du selber weißt, dass junge politisierte Menschen mittlerweile eine echte Minderheit geworden sind, weil alle anderen an wenig Arbeit für viel Geld interessiert sind und im Regelfall primär nur daran.

Obwohl du weißt, dass einige von denen extreme Vorurteile gegen Nichtdeutsche und überhaupt alles irgendwie anders wirkende in sich tragen. Und das sie diese auch nach außen kehren, ohne das sie sich jemals neben der in den letzten Jahren ach so alles irgendwie alles okay findenden Mitte „politischen Mitte“ eintakten würden. „Das wird man doch noch sagen dürfen.“ „Ich bin kein Nazi, aber…“ und diese ganze Scheiße, über die du dich auch ganz gerne schon mal lustig machst. Nur leider ist das so lustig gar nicht.

Du gehts immer schön arbeiten, betreust u.a. täglich eine Handvoll syrischer Flüchtlingskinder, die vor einem Jahr in die Gemeinde kamen, in der du halt arbeitest, hast ihre Wunden gesehen und bildest dir ein, jene erahnen zu können, die du nicht sehen kannst. Du Narr.

Du findest es gut, dass ein paar hundert Meter weiter demnächst ein Flüchtlingsheim entstehen wird. Na klar. Dass die dort Ankommenden in Containern hausen müssen, findest du total beschissen. Auch weil du weißt, dass diese „Integration“, die immer alle fordern, viel besser individualisiert funktionieren kann und auch weil du weißt, das es für alle dort endlich Frieden Suchenden nur zwei in Vollzeit bezahlte Sozialarbeiterstellen geben soll. Für 150 Menschen. Ein Betreuungsschlüssel von 1:80. Ein Betreuer für 80 Menschen. Und das auch nur von 09:00 bis 18:00 Uhr. „Den Rest übernimmt ein Sicherheitsdienst“. Wir erinnern uns…

Du siehts ja täglich, wie gut Integration funktionieren kann, wenn man ihren Ursprung nicht über Massenunterkünfte zu gebären versucht. Allein, dafür gibt unser Land nicht die Mittel aus. Obwohl die da wären. Das allerdings wäre mehr als nur sinnvoll – es wäre nötig – aber irgendwie scheint der ökonomische Gedanke da in den Amts- und Regierungsstuben Vorrang zu haben. Diese „Integration“, die paradoxerweise auch aus jenen gerne gefordert wird, wird eben aus diesen nicht sonderlich unterstützt. „Man tut dort halt, was man kann“, wird gesagt, was am Ende bedeutet, dass man nicht mehr tut, als für diese Menschen nötig ist. Aber immerhin können diese Menschen so überhaupt irgendwo hin und irgendwie exogenen Frieden finden, der endogene wird noch lange auf sich warten lassen, wenn er denn überhaupt irgendwann mal Einzug halten sollte. Wir haben keine Ahnung, was diese Menschen tatsächlich durchgemacht haben, um hier irgendwann in einem abgefuckten Containerdorf landen zu können.

Und du… Ausgerechnet du warst so blöde, zu glauben, dass es überall außer in ausgerechnet deiner Stadt so laufen würde, wie es in Dresden, MaHe, Dortmund, Hannover, Meck-Pomm oder Schneeberg oder überhaupt irgendwo anders halt so läuft. Dort, wo die von ausgemachten Fremdenfeinden Angeführten, ehemals ostdeutsche Parolen (Fickt euch dafür!) propagierend, auf die Straßen gehen und meinen, ja nur „besorgte Bürger“ sein zu wollen. „Sein zu wollen“ ist in diesem Kontext rhetorisch übrigens wichtig, weil sie es vielleicht auch wirklich gar nicht besser wissen. Weil sie davon ausgehen, ja nur Teil dieser „politischen Mitte“ zu sein, die man uns allen seit Jahren zu verkaufen versucht. Bei denen hat das halt gefruchtet. Dagegen hat ja aber leider auch kaum einer was zu tun versucht. Alle wollten schön bequem Teil der neuen „politischen Mitte“ sein. My ass.

Und so dachtest du halt, dass auch wenn es überall anders scheiße laufen würde, es in ausgerechnet „deiner Stadt“ aber irgendwie besser funktionieren würde. Weil du halt mal wieder davon ausgingst, dass in dieser Stadt fast alle so ticken würden, wie es eben du und deine Freunde so tun. Am Arsch. Fremdenfeindlichkeit und offener Rassismus kennt keine geographischen Grenzen, auch nicht in Potsdam. Und wenn du ehrlich bist, wusstest du genau das auch immer schon. Auf einmal aber verfliegt deine über die Jahre ach so schön eingerichtete Gemütlichkeit. Und es wird dir gar ein bisschen peinlich, weil du eigentlich ganz genau weißt, das es überall da draußen täglich genau so läuft. Dabei warst du mal einer derer, die bis vor kurzem noch meinten, „Seit den 90ern hat sich nichts geändert.“

Das alles, weil du die Facebook-Kommentare unter einer Gruppe gelesen hast, die sich primär um Fotos aus deiner Stadt bemüht und in der jemand ein Infoschreiben bzgl. eines geplanten Flüchtlingsheimes thematisierte und du kotzt dir nach diesen die Seele aus dem Leib.

fuckyouall

Ein paar Auzüge:

Zum Glück gab es in dieser Gruppe auch viele der Gegenstimmen, die genau du in genau diesem Kontext erwartet hast. Aber es waren viel zu wenige.

Und trotzdem, Ronny, du warst in den letzten Monaten/Jahren ganz schön naiv, oder besser noch auch ganz schön doof. War ja bis hier auch irgendwie okay. Aber nun: Zeit, den Arsch mal wieder hochzukriegen. Für alle.

45 Kommentare

  1. Tanith5. Dezember 2014 at 01:30

    Welcome to my world. Hab ich hier nebenan in Buch genauso, Facebook scheint da ein richtiger Verstärker zu sein, würden sie dir so nie ins Gesicht sagen, aber über Fb dann: „Das Viehzeug soll weg“, „Die sind alle kriminell, sonst kämen die nicht her“, „Mit dem Räumpanzer drüber“, „Was redest du, Nazis gab’s früher mal, heute gibt’s vielleicht noch ein paar Rechte, ist mir egal ob die mitlaufen“ (wohlgemerkt, der Protest hier ist eindeutig von der NPD gesteuert) usw. Guckst du dir die Profile an, wird dir einiges klar, die Klischeebands,, treffen auf die Klischeeklamotten, treffen auf die Klischeebodies. Ist auch kein Generationsding, da ist alles vertreten, Hauptsache dumm.
    Ich sammele gerade sehr viele Artikel und es wird einem mulmig wenn man quasi live dabei ist wie einem praktisch die Entstehung des Faschismus nochmal vorgelebt wird

  2. peter5. Dezember 2014 at 01:33

    when the kids are united…

  3. Jan Franck5. Dezember 2014 at 01:41

    Komm, wir reichen uns die Hand… :(

  4. Brem5. Dezember 2014 at 01:46

    Danke für den Text. Hat mich erreicht. Gut geschrieben. Es ähnelt tatsächlich alles den 90ern.

  5. Gunnar5. Dezember 2014 at 01:56

    Könnt gar nicht so viel essen wie ich kotzen möchte!!!!

  6. pantoffelpunk5. Dezember 2014 at 01:57

    Ich finde es falsch, die Namen und die Gescihter zu verpixeln. Sie posten ihre „Meinung“ öffentlich, also scheinen sie dazu zu stehen, also kann man das auch öffentlich weiterverbreiten.

    Für so ein Kackvolk ist jeder Schutz Kackvolkschutz. Willst Du das?

  7. Ronny5. Dezember 2014 at 02:02

    pantoffelpunk,
    Ich mache das ganz bewusst, ja. Und ich habe mir das lange sehr gründlich überlegt.

    Will heißen: ich habe ein Foto von dir, weißte ja. Und ich schreibe dann mit irgendeinem Fake-Account „Pantoffelpunk“ drunter. Mit deinem Bild und deiner URL. Und auf einmal bist du der Arsch für alle. Das rockt dann halt auch nicht so…

  8. Norman5. Dezember 2014 at 02:32

    Ich hatte eine sehr ähnliche Erfahrung, als in meinem Stadtteil der (Aus-)Bau einer Moschee angekündigt wurde. In der Stadteilgruppe schäumten die „Nicht-Nazis“, welche aber begeistert auf ihren Profilen Tarn-Nazi-Seiten geliked und geteilt hatten, über.
    Ich hatte mir auch eingeredet, in einem migrantisch und links geprägtem Umfeld zu wohnen. Wir hatten hier auch mal früher ne aktive und gute Antifaszene.
    Klar hatten wir vor ein paar Jahren mal Probleme mit klassischen Stiefelnazis, die sich durch mehrere Überfälle auf Nazis und Linke und auch Raubüberfällen bemerkbar machten. Aber wir sahen das nur als ein Überschwappen der Nachbarstadt (Dortmund) an.
    Eigentlich hätte einem schon bei der Orga der Demo gegen diese Gruppe klarwerden können, dass viel mehr im Argen liegt. Niemand dabei, der jünger war als die üblichen Verdächtigen, die man seit Jahren kennt.
    Ohne Hilfe von Ausserhalb wär die Demo ne Farce geworden. Aber irgendwie hatte ich mir nicht viel dabei gedacht.
    Dann kam die Sache mit der Mosche, die es seit 10 Jahren gibt, nur hatte das keiner mitgekriegt Was jetzt dazugebaut wird, ist eher eine Art Jugendheim, mit Hausaufgabenhilfe und (sic) Deutschkursen. Offen für alle, auch nichtmuslimische Jugendliche.
    Und die Bürgernazimeute ging ab wie bescheuert. Der Gipfel war ein Kommentar, dass es doch wichtiger wäre, Tiere mit Respekt zu behandeln, als Türken (von ner Teilnehmerin die offensichtlich gerne Posts von national-ökologischen Gruppen Teilt).
    Manchmal macht man es sich gemütlich, man hatte ja seinen Teil getan, damals.
    Nur Leider stirbt Xenophobie nicht aus.
    In diesem Sinne, Alerta!
    ***
    Der böse Mann mit dem kleinen Bart ist noch gar nicht tot! Mindestens zwei mal am Tag sagt er mir hallo! (Jan Delay)

  9. Martin5. Dezember 2014 at 06:40

    @ronny: was hast du denn erwartet, wenn die facebook-meute undifferenziert ihre „meinung“ kund tut? Facebook ist ein auffangbecken für viele Menschen, die ausserhalb des www kaum soziale Kontrakte haben….

    Mir hat eben gestern ein „Freund“ erzählt, dass er beim Facebook Login aus dem Ausland aus Sicherheitsgründen Bilder seiner Freunde vorgesetzt bekam und diese benennen musste, um sich erfolgreich einloggen zu können.

    Natürlich hab eben dieser Freund danach erstmal ewige Zeit am Rechner verbracht, weil er seine Facebook-„Freunde“ nicht kannte/kennt. Traurig. Ich kenn so zB. Parks, wo man sich mal trift…

  10. Martin5. Dezember 2014 at 06:58

    (L) Einfach nur schön, was du da gedacht hast. Was du da geschrieben hast. (L).

  11. Maik5. Dezember 2014 at 07:42

    Ich habe das Gefühl, dass es von Tag zu Tag mehr wird. Gestern ein Bericht auf der Neue Presse FB Seite gelesen zu einem Überfall in einer SBahn Haltestelle. 15 Kommemtare – 15 faschistische Kommentare. Mir macht das Angst. Denn 90% davon sind keine klar erkennbaren und der rechten Szene angehörigen – es sind die Nachbarn von nebenan, dein Lehrer, der Typ am Kiosk. Gruselig.

  12. Azzurra5. Dezember 2014 at 08:34

    Hey Ronny,

    Danke! Toller Text und ich kann das genau nachvollziehen, nicht zu letzt da ich ebenfalls Potsdamer bin.
    Am kommenden Dienstag gibts ne Bürgerversammlung zur neuen geplanten Unterbringung in der alten Feuerwehr. Dort kann man oft in die bürgerliche Fratze des Rassismus blicken und ebenso seine Meinung äussern.
    Wehret den Anfängen – oder ist dafür schon zu spät?

  13. marc5. Dezember 2014 at 08:48

    danke für den text! fühle mich erwischt. ich hab es mir auch viel zu bequem in meiner comfort zone gemacht. im eigenen umfeld sind alle irgendwie „links“ und da wird die ganze braune scheiße nur in form von nachrichten und berichten wahrgenommen. man ist entsetzt und bestürzt. auch, oder gerade über diese neue politische mitte, die glatzen und die anti-antifa ist man ja leider gewöhnt. aber, dass jetzt der „normale“ arbeitskollege, sportkumpel, postbote, kioskverkäufer, die mutti hinter dir an der kasse, you name it, auch diesen scheiss denkt, macht angst! und du hast recht, zeit den arsch mal wieder hochzukriegen! fängt bei jedem selber an. auch bei mir.

  14. Vorteile sehen5. Dezember 2014 at 08:58

    Warum genau beängstigen euch diese FB-Kommentare? Ich finde sie gut und ich weiß, dass nun wahrscheinlich bei 90% der hier lesenden die Antifa-Alarmglocken schrillen und mich sofort als Nazi „enttarnen“ weil ich sowas schreibe. Aber soll mir egal sein.

    Denn ich finde nicht gut, was die ganzen Deppen schreiben, aber ich finde gut, dass sie es schreiben. Denn das zeigt nunmal, dass bei vielen Leuten Angst vor Ausländern vorhanden ist und, dass die ganzen bisherigen Methoden offensichtlich nicht funktionieren. Also sich Demonstrationen von Naz-Spakken in den Weg zu stellen ist schön und gut, aber hilft verrückter Weise nicht, das Problem zu lösen. Auch jeden als Nazi zu beschimpfen der Angst vor dem Ausländerwohnheim in seiner Nachbarschaft hat, hilft nicht. Das verschafft zwar mit ein tolles Gefühl, aber hilft den Ausländern kein bisschen und spielt letztendlich nur den Rechten in die Hände.

    Denn man kann sich auf Seiten wie hier natürlich wunderbar gegenseitig über den Klee loben, dass man ein absolut integerer und wundervoller Mensch ist und wie widerlich die Leute sind die sowas bei Facebook schreiben, aber von dieser Selbstbefriedigung haben Asylbewerber leider nix.

    Mein Vorschlag, der im übrigen auf Erfahrungen der letzten Jahre basiert, wäre ja, dass man die Probleme der Bürger die gegen Ausländer protestieren und demonstrieren a) ernst nimmt und b) das Gespräch mit ihnen sucht, um letztendlich diese Probleme zu lösen. Ja das ist ein unbequemer Weg und man muss sich mit Leuten auseinandersetzen, die eine komplett andere Meinung als man selbst hat, aber ich glaube dies ist der einzige sinnvolle Weg. Man sollte sich aber natürlich auch bewusst machen, dass man dann in Augen der Antifa als Nazi gilt und Gewaltandrohungen erhält, denn wer mit Nazis redet, ist ein Nazi.

  15. davednb5. Dezember 2014 at 09:06

    Super Text, Ronny. Ich glaube, es gibt zwei grundlegende Probleme (3, aber die Knetbirnennazis [tm kfmw :-)] lass ich mal raus). Filterbubble (die meisten die hier lesen bewegen sich wohl im „linkeren“ Spektrum der Gesellschaft) und Facebook/Internet generell als Trottelsammelpunkt. Das mit der Filterblase hat mich kürzlich auch erwischt (Hogesa), als unerwarterweise ein Kollege die Hogesa-Spacken verteidigte. War das erste Mal in Jahren, dass ich so eine Position in meinem Umfeld hörte…
    Internet als Sammelpunkt – siehe auch AFD. Wenn vorher ein paar Idioten am Stammtisch dumpfe Parolen ausbreiteten, war das auf den Stammtisch begrenzt. Jetzt ist der Stammtisch unbegrenzt und alle Doofs finden sich zu einer dumpfen Masse an Ressentiment und werden sichtbar. Auch gegenseitig und bestätigen sich (ich bin nicht alleine). Siehe Filterbubble.

    Das heisst nicht, dass ich das Problem kleinreden will. Ganz und gar nicht. In den letzten Jahren gab es dazu zuviel Anlässe, das nicht zu tun. Rechte Parteien im Landtag, ProKöln im Stadtrat hier (inkl der unsäglichen Moscheen-Debatte), verstärkte rechte Tendenzen in manchen Stadien (aus dem dann imho sich auch Hogesa speist), etc. Das Thema war nie wirklich weg. Leider. Wenn man sich dann noch anschaut, wie Organisationen wie Exit um Ihre Existenz kämpfen müssen :-(

  16. Sencer5. Dezember 2014 at 09:28

    Danke für den Text. Ich hatte diese Erkenntnis auch erst vor Kurzem. Und mein Leben ist damit seither nicht besser geworden. Es gruselt mich jeden Tag ein bisschen mehr. Und ja, ich habe echt Sorge, wohin das noch geht.

    Montag, 08.12.2014 Marzahn-Hellersorf: http://nazifrei.berlin/

  17. jensen5. Dezember 2014 at 09:30

    Ja das is n scheiss Gefühl, wenn das so über einen hereinbricht. Das hatte ich vor einer Weile auch. Dein Text hätte auch ganz genau so aus mir rauskommen können. Nur hätte ich es nicht so gut und umfangreich formulieren können. Anyway.
    Ich bin auch n Sozialarbeiter und arbeite in einem traurig berühmten Stadtteil einer ätzenden Stadt westlich von dir und muss mir diese Scheisse jeden verdammten Tag anhören. Und mir fällt es jeden verdammten Tag schwerer überhaupt noch mit diesen Menschen zu reden. Natürlich wird auch hier ein Flüchtlingsheim eingerichtet. Es wird nicht besser werden. Ich erwäge mir eine Kotztüte zu Diskussionsrunden diesbezüglich mitzunehmen.
    Aber das wirklich harte daran ist, über die Zukunft meiner Kinder nachzudenken.

  18. doc-rofl5. Dezember 2014 at 10:03

    „Mein Bruder ist Alkoholiker und Obdachlos????? Wo bleibt die Hilfe?????“

    Sollte man eventuell mal die Angehörigen fragen, wo da die Hilfe bleibt. Some people …

  19. Sencer5. Dezember 2014 at 10:17

    Vorteile sehen,

    Hast Du das schonmal getan? Ja, man kann mit ganz normalen Menschen reden. Und manchmal kommt man da auch durch. Aber gegen den Wunsch, dass die Welt einfach einfach ist und das irgendjemand „draussen“ Schuld an der eigenen Misere ist, kommt man oft nicht an.

    Ich rede mir im erweiterten Bekanntenkreis, bei Arbeitskollegen, und auch in der Stadt in der Bahn über solche Themen. Es ist notwendig, aber es macht keinen Spass. Wirklich nicht. Weil man einfach nicht durchkommt.

    Redet mit den Kindern, ändert die nächste Generation. Lasst sie nicht alleine.

    Und mit wirklichen Nazis reden bringt nichts, nur Übelkeit.

  20. Krunzel5. Dezember 2014 at 10:19

    Das Örtchen in dem ich lebe war in den 90ern, nicht zuletzt wegen dem Flughafenausbau, eine linke hochburg. Bei uns wurde klassisch links (PDS) oder Mitte links (SPD) gewählt und meine Eltern haben unsere Generation jeden Sonntag mit auf Anti Flughafen Demos genommen. Schon oft durfte ich mri von meinen Eltern Geschichten von Sonntagen mit Vätern im Tränengas Strahl und hinter ihnen Mütter mit Kuchen, Kaffee und Kinderwagen zur Unterstützung anhören. Immer wenn es für die Mütter(/Kinder zu gefährlich wurde, rannten sie in den Wald und sobald die Luft wieder rein war, wurde aufgeräumt und es ging weiter. Meine Eltern und alle bei den Demos Anwesenden haben mir etwas ganz wichtiges im Leben beigebracht… Zivilcourage! Dann in den 90ern, das Jahrzehnt der Lichterketten und des Händchenhaltens, wurde immerwieder (auch von meiner Generation) gemahnt und zusammengrückt gegen rechts. Alle waren geschockt vom bösen Osten und den „Nazischweinen“ und man veranstaltete Feste gegen Rechts und noch mehr Lichterketten. Wir waren uns alle einig, dass jeder Mensch gleich ist! Heute sind viele dieser Generation Eltern und haben sich einen gewissen Standard aufgebaut. Sie haben eine Arbeit, Kinder, ein Haus und vor allem Wohlstand. Das Haus steht in „besseren Wohngegenden“ mit Ausländeranteil unter 10%, damit „unsere Kinder kein Türkisch lernen müssen“. Asylheime müssen ja sein, aber bitte nicht in „unserer Wohngegend“, das mindert den Preis der Grundstücke und Angst nachts auf die Strasse zu gehen muss man ja auch haben! Und ausserdem „haben wir ja in Deutschland genug Probleme, hier verhungern ja auch Kinder“, DENK DOCH MAL EINER AN DIE KINDER!!! Aber zum Schein lässt man in seinem Ausländerfreien Viertel lieber mal die „Free Tibet“ Flagge draussen und lässt sich Rastas wachsen, weils so „Weltoffen“ aussieht. Ich könnt das jetzt Seitenweise fortführen, aber irgendwie sehe ich mich nach der Zeit in der man Nazis noch an Bomberjacken erkennen konnte. Was zur Hölle ist mit unserer Generation los?

  21. trulli5. Dezember 2014 at 10:25

    Danke für deine Worte mein Lieber. … inzwischen fühlt man sich wien Aussenseiter mit solch einer Meinung….auch hier in Köpenick…..ich möchte weinen….und geh kotzen.

  22. Andreas5. Dezember 2014 at 10:31

    Ich bin „Mulatte“, ich lese diese Kommentare täglich, ich habe Angst. Ich habe das Gefühl, dass dieses Land immer rassistischer wird. Ich merke, dass ich mich selbst im Alltag immer devoter gegenüber „Deutschen“ verhalte. Bloß nicht negativ auffallen, keine Angriffsfläche bieten. Oftmals bleibt der Platz auf der Bank oder in der U-Bahn neben mir leer. Ich denke mir dann immer einfach, dass das nur Zufall ist. Ist es vielleicht aus. Ein merkwürdiges Gefühl bleibt trotzdem. Ich wohne ein einem Brandenburger Dort, fahre täglich mit der U-Bahn durch Marzahn-Hellersdorf um zur Arbeit zu kommen. Ich habe schon rassistische Kommentare gegenüber Ausländern mitbekommen und mich selbst dafür geschämt. Warum auch immer. Ich hatte schon oft Angst in der Bahn. Mir ist nie was passiert, ich wurde nie belästigt oder angemacht. Ich denke immer, dass das nur die Meinungen von Wenigen ist. Von Menschen die es im Leben zu nichts gebracht haben und die Schuldigen bei anderen suchen. Das hoffe ich zumindest immer. Trotzdem meide ich den letzten Teil der U5-Strecke bei Dunkelheit. Warum auch immer … die Angst bleibt.

  23. Krunzel5. Dezember 2014 at 10:49

    Es ist insgesamt nicht falsches an dem was du sagst, und ich stimme dir dabei zu.
    Natürlich muss man die verbale Auseinandersetzung mit solchen Menschen suchen , aber man muss auch sehen bei welchen Menschen es etwas nützt und bei welchen nicht. Wenn es um die Generation meines Beitrags geht hilft oft ihnen einen Spiegel vorzuhalten und sie mit dem Schrott zu konfrontieren und ihr aussagen zu hinterfragen. Ich mag zwar verblendet erscheinen, aber man sollte es immer versuchen!! Dass es bei Naziholbirnen oder auch Knetbirnennazis nichts nützt ist auch klar, aber die erkennt man heute leider nicht mehr auf den ersten Blick! Wenn in eurem näheren Umkreis rechtes Gedankengut geäussert wird, darf nicht weggehört werden, sonst können wir auch gleich alle AFD Wählen gehen…

  24. Krunzel5. Dezember 2014 at 10:51

    Sorry, war eine Antwort auf „Vorteile sehen“

    Krunzel: Vorteile sehen,

  25. Vorteile sehen5. Dezember 2014 at 11:02

    Sencer,

    Ja habe ich bzw. mache ich immer und immer wieder. Es ist keine Wohltat, aber wahrscheinlich ist mein Vorteil, dass ich im Gegensatz von vielen eindimensionalen Gut-Böse-Welterklärern, sowohl Links- als auch Rechtsextreme in meinem Bekanntenkreis habe. Ich komme aus dem Osten und kenne die von klein auf. Ich weiß also wie die mal waren und versuche in immer und immer und immer widerkehrenden Gesprächen mit denen zu erfahren, was genau denn das Problem ist.

    Natürlich wird von der Extremistenseite nicht rational argumentiert, aber wenn man den Leuten zuhört und bspw. beim Thema „Ausländer“ mal aufzeigt, dass doch auch dieser und jener Bekannte ein Ausländer ist, dann stellen sie auch fest, dass doch nicht alle Ausländer gleich sind. Und wenn sie bspw. das berühmte Argument der faulen Asylanten auspacken, dann erkärt man denen, dass Asylbewerber nicht arbeiten dürfen. Was die meisten einfach nicht wissen. Oder man zeigt Beispiele von faulen Deutschen auf, die man kennt und die selbst erklären nicht arbeiten zu wollen usw. usf.

    Mir ist auch klar, dass die nach Gesprächen mit mir nicht plötzlich rausrennen und schreien „Ausländer YEAH!“, aber ich sehe einfach keine andere Möglichkeit, als das immer wiederkehrende Gespräch. Und nach einigen Jahren kann ich jetzt zumindest feststellen, dass man nicht mehr in SChwarz-Weiß beim Thema „Ausländer“ denkt. Was ich schon als Erfolg ansehe. Gleiches gilt übrigens auch für Linksextremisten, die immer wieder erklären, dass es doch voll ok ist Nazis auf die Fresse zu hauen, oder Bonzenkarren anzuzünden. Die sind auch kein bisschen besser und suchen auch nur irgendjemanden Schuld für ihre Misere zu geben. Nur halt von der anderen Seite aus. Und auch mit denen rede ich und versuch zu hinterfragen, warum es denn bspw. ok ist, dass Auto von Herrn Müller anzuzünden, der über Jahre hinweg gesparrt hat, um sich eine fette Karre zu kaufen. Etc. pp.

    Höchstwahrscheinlich werd ich diese Gespräch bis zu meinem Lebensende führen udn es wird sich nicht viel ändern. Aber ich seh keinen besseren Weg. Denn sich auf Plattformen mit Gleichgesinnten auszutauschen und sich gegenseitig zu versichern wie toll man doch ist, ändert am Problem nix. Und auch die Aussage „mit Nazis kann man nicht reden“ ist nciht hilfreich. Denn was willst du sonst mit denen machen? Willst du sie alle erschießen? Und wer bestimmt dann was ein Nazi ist? Die Antifa etwa? Wenn es nach der ginge, wäre ich auch ein Nazi, weil ich mit Nazis rede und somit müsste ich dann auch erschossen werden?

    Verbieten, Augen verschließen oder nciht mit denen Reden hilft kein bisschen, sondern spielt im Endeffekt nur den Extremisten in die Hände. Denn die nehmen die Probleme der Leute ernst und nutzen sie für sich aus.

  26. Sencer5. Dezember 2014 at 11:17

    Vorteile sehen,

    Nein, ich finde es sinnvoller mit ihren Kindern zu reden. Und ich rufe hier auf, aufzustehen und ihnen zu zeigen, dass es noch eine andere Meinung gibt. Je mehr Menschen aufstehen umso weniger Gewalt wird es geben. Und ich will zum Beispiel auch den Flüchtlingen zeigen, dass es Menschen gibt, die sie willkommen heissen, vor denen sie keine Angst haben müssen.

    Ehrlich gesagt finde ich Deine Sicht auf die „Linke“ eher plakativ. Ob Du nur provozieren willst oder das wirklich so siehst ist mir aber nicht klar.

  27. Marcel5. Dezember 2014 at 11:24

    Meine Lieblingsargumentationskette ist, dass man ja kein Nazi ist, weil man mit einer Ziganski verheiratet ist und Döner total lecker ist.

    Danke für den Text. Und danke für die Politik, dass Flüchtlinge in Deutschland trotz alledem noch immer untergebracht werden können.

  28. Andreas5. Dezember 2014 at 11:43

    Vorteile sehen,

    Du sprichst mir zum größten Teil aus der Seele.

    Ich sehe im Moment zwei radikale Lager aufeinander zugehen und warte auf die ersten Straßenkämpfe. Auch wenn mir die Antifa ideologisch näher ist, als es der ganze braune Mob jemals sein wird, heißt das nicht, dass ich das, was sie tut, gutheiße, ganz im Gegenteil. Freunde werden die Antifa und ich sicherlich nicht, auch wenn ich die Wut auf die grenzenlose Dummheit, die einem bei Pegida und ihren Ablegern im Moment entgegenschlägt absolut nachfühlen kann.

    Einerseits schäme ich mich total für dass, was hier in Dresden gerade abgeht, ich kann gerade nicht glauben, wir kurzsichtig und subjektiv diejenigen sind, die diesen ganzen Zirkus mit veranstalten und der absurden Meinung sind, Idioten von der NPD ein Podium innerhalb ihrer Bewegung zu geben wäre Teil der Meinungsfreiheit (sic!) – andererseits verstehe ich, wo die Ängste und die Verunsicherung, die zu der momentanen Entladung geführt haben, herkommen. In meinem Bekanntenkreis gibt es ebenfalls beide Fraktionen – wenn auch wie ich hoffe, ohne die jeweilige Radikalisierung.
    Daher bin ich absolut sicher, dass nur gemeinsam, ohne NPD und Konsorten und ohne Antifa, eine Lösung gefunden werden kann.

  29. Vorteile sehen5. Dezember 2014 at 11:50

    Sencer,

    Abgesehen davon, dass nicht alle Nazis Kinder haben, hilft es nicht das Problem in die Zukunft zu verlagern und zu sagen, „ich rede mit den Kindern, dann wird alles besser“. Und die Sache mit den Menschen die aufstehen ist offensichtlich fehlgeschlagen, oder was genau haben die ganzen Lichterketten und öffentlichen Bekenntnisse gegen Rechts gebracht? Es sind Symbolhandlungen, bei denen sich diejenigen die handeln halt selbst sehr gut fühlen, aber es hilft einfach nicht.

    Nimm einfach die Neo-Nazi-Bomber-Harris-Demo in Dresden. Jahrelang hat man dort Gegendemos veranstaltet und alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass dort nicht mehr der größte Neo-Nazi-Aufmarsch Europas stattfindet. Hat funktioniert und man konnte sich gegenseitig auf die Schulter klopfen. Nur offensichtlich hat sich die Einstellung bei den Demo-Beführwortern nicht geändert. Oder glaubst du es ist ein Zufall, dass PEGIDA nun in Dresden so groß ist? Man kann sich nun auch wieder toll fühlen, wenn man gegen PEGIDA auf die Straße geht, aber was hlft das im Kern?

    Und meine Sicht auf Linke ist ungefähr genau so plakativ, wie auf die Rechte. Ich weiß, dass man sowas gerade hier nicht gerne liest, weil die Linken sind ja die Guten und die Rechten die Bösen. Aber leider ist das Quatsch. Beide Seiten versammeln einfache Geister und haben eindimensionale Weltbilder. Ich kenne Leute die von der Antifa zusammen geschlagen wurden, weil sie die falsche Kleidung trugen. Und das „lustige“ an der Sache ist, dass diejenigen die verprügelt wurden linke Skins waren. Die einhellige Meinung der Linken war dann übrigens, die hätten sich ja nicht so anziehen müssen. Zitat: „Wer rumrennt und wie ein Skin aussieht, muss sich nicht wundern, wenn er wie ein Skin behandelt wird.“

    Also sag mir bitte nicht, dass ich nur provozieren möchte, weil es nicht in dein Weltbild passt, dass sich bei den Linksextremen genauso gewaltbereite Vollidioten sind.

  30. glamorama5. Dezember 2014 at 11:57

    Brem: Es ähnelt tatsächlich alles den 90ern.

    Es ist erleichternd und bedrückend zugleich, das zu lesen. Ich habe in den letzten Monaten oft befürchtet, dass ich der Einzige bin, der die Parallelen wahrnimmt:

    Damals wie heute haben wir ein kontinuierliches Herbeireden und Schüren von Fremdenangst in den Medien, eine Verstärkung der Effekte durch politische Entscheidungen und Debatten (Eröffnung von Asylantenunterkünften in sozialen Problembezirken; Ruf nach „Burka-Verbot“ und „Kennzeichnungspflicht für Islamisten“), die Behauptung, dass der Staat unter der „Flüchtlings-Flut“ finanziell zusammenbreche, eine zunehmende Anzahl von Anschlägen auf Asylantenunterkünfte, Moscheen und linke Treffpunkte, sowie offenen oder heimlichen Applaus und Zustimmung aus der „Mitte der Bevölkerung“.

    So, wie seinerzeit die Politik der CDU unter Kohl eine Mitschuld an den Progromen von Rostock, Mölln, Solingen und Hoyerswerda trug, ist ein knappes Vierteljahrhundert später die CDU unter Merkel (und ihrer Parteivizechefin Klöckner) mitverantwortlich für HOGESA, PEGIDA und Co.

  31. Steffen5. Dezember 2014 at 12:00

    @Ronny: Danke für den Text!
    @Vorteile sehen: direkte Gespräche sind in der Tat der Schlüssel zur Veränderung.

    Das Grundproblem ist die Angst der Menschen vor allem der „bürgerlichen Mitte“. Meist ist es die Angst davor etwas zu verlieren, was man hat oder etwas nicht zu bekommen worauf man denkt Anspruch zu haben.
    Hinzu kommt das allgemeine Desinteresse an der Politik und die ganzen Halbwahrheiten/Lügen der Mainstream- und Boulevardmedien, dass der daraus resultierende Informationsstand derer, die an allem außer dem eigenen Wohl und vielleicht noch dem Wohl der eigenen Familie und Freunde nicht interessiert sind, dann sehr oft aus Pauschalisierungen und Oberflächlichkeiten besteht, verwundert auch nicht.

    Dann passiert etwas in ihrer unmittelbaren Umgebung, wovor sie Angst haben, weil sie die Folgen nicht abschätzen können. Es gibt dann Menschen, die besonnen reagieren und sich informieren und vorurteilsfrei Gedanken darüber machen, aber es gibt natürlich auch die Empörten, die sowieso wegen irgendwas(Scheißjob, zuwenig Gehalt, zu kleine Wohnung, arbeitslos, Bling-Bling aus dem Fernsehen zu teuer etc.) in ihrem Leben sauer sind.

    Wütende Menschen, die Angst bekommen und andersrum, haben noch nie etwas Durchdachtes getan. Der Anreiz sich mit dem Thema wirklich auseinanderzusetzen ist oft inexistent und auf irgendjemanden wütend zu sein ist auch wesentlich einfacher als sich mit der eigenen Frustration/Wut/Angst auseinander zu setzen.

    Es gibt immer mehr wütende Menschen, die immer mehr Angst haben.

    Die Panikmache vor islamistischem Terror hat zum Feindbild Islam in den Köpfen der Unreflektierten geführt.
    Die meisten nehmen dann immer den bequemsten Weg und das erste Feindbild, das ihnen passt.
    Von scheiß Islamist zu scheiß Islam bzw. war es ja schon nicht weit, wie weit ist es dann noch von scheiß Islam zu scheiß Türke/Araber/Syrer/Marokkaner etc. zu scheiß Ausländer?
    Asylanten, Flüchtlinge und andere „Schmarotzer“ waren ja schon immer ein Feindbild.

    Was tatsächlich hilft, ist mit solchen Menschen immer und immer wieder das direkte Gespräch zu suchen und denen dann mit Argumenten aufzuzeigen, dass sie falsch liegen und den Zweifel am ihrem Weltbild in ihnen zu säen. Dann muss natürlich noch der Wille vorhanden sein eine Lösung zu finden, damit sich die Meinung dieser Menschen ändert. Es gibt jedoch viele, die einfach nur sauer sein wollen und weder den Willen noch die Bereitschaft haben irgendetwas an ihrem eigenen Weltbild zu überdenken.

    Das sind unangenehme Themen, da sie nicht einfach sind und man sich über vieles informieren muss, aber will man tatsächlich etwas verändern, sollte man im eigen Umfeld anfangen.

    Ist anstrengend vor allem auf Partys und Familienfeiern, aber es ist der einzige Weg um auf Dauer wirklich etwas zu verändern. Man muss die Menschen ja nur zum Nachdenken bewegen und den Zweifel säen, mehr kann man eh nicht machen. Erkenntnis kommt immer von innen, von außen kommen nur Anreize. Ohne Erkenntnis ändert sich auch nichts.
    Man muss die Ängste der Menschen ernst nehmen und versuchen ihnen diese Angst zu nehmen oder die aus der Angst entstehende Wut in die richtigen Bahnen zu lenken. Des Pudels Kern zu finden, ist allerdings oft recht schwierig und erfordert eine nahezu umfassende Informiertheit.

    Am besten liefert man neue Feindbilder frei Haus dazu, am besten die Verursacher der Misere der Person, welche wohl sehr häufig im neo-liberalen Einheitsbrei(Union,SPD,mittlerweile auch Grüne,FDP,AFD) oder dem jeweiligen Arbeitgeber zu suchen sind.

    Das traurige ist ja, dass die Leute, die gegen Flüchtlinge und Islamisierung auf die Straße gehen, die Bundesmutti ganz dufte finden.

    Malcolm X war ein schlauer mann:
    „If you’re not careful, the newspapers will have you hating the people who are being oppressed, and loving the people who are doing the oppressing.“

    „Wenn ihr nicht aufpasst, bringen euch die Zeitungen(heute eher Medien) dazu die Unterdrückten zu hassen und die Unterdrücker zu lieben.“

  32. Andreas5. Dezember 2014 at 12:04

    Vorteile sehen: Und meine Sicht auf Linke ist ungefähr genau so plakativ, wie auf die Rechte. Ich weiß, dass man sowas gerade hier nicht gerne liest, weil die Linken sind ja die Guten und die Rechten die Bösen. Aber leider ist das Quatsch. Beide Seiten versammeln einfache Geister und haben eindimensionale Weltbilder.

    Exakt.

  33. Steffen5. Dezember 2014 at 12:12

    Dumme Menschen gibt es in allen Ausprägungen.

  34. Jansen5. Dezember 2014 at 12:44

    Sehr schöner Text! Das Wissen darüber habe ich m.E. schon seit vielen, vielen Jahren, die wirkliche persönliche Bestätigung habe ich erhalten, als ich aus der mehr oder weniger aufgeklärten und offenen Bln.-Friedrichshainer Ecke in das sächsische Flächenland gezogen bin & dort auch durch meine Arbeit auf einen guten gesellschaftlichen Querschnitt treffe. Wie weiter oben jemand schrieb – es ist beängstigend.

  35. Sencer5. Dezember 2014 at 12:57

    Vorteile sehen,
    „Also sag mir bitte nicht, dass ich nur provozieren möchte, weil es nicht in dein Weltbild passt, dass sich bei den Linksextremen genauso gewaltbereite Vollidioten sind.“

    Das tue ich explizit nicht. Lies bitte meine Posts, bevor Du so etwas schreibst.

    Vielleicht passe ich nicht in Dein Weltbild. Ich bin erklärt links, rufe zu Demos auf, hoffe auf viele Leute, damit es gewaltfrei bleibt, rede mit meinen Mitmenschen, und sehe aber, dass ich die jetzige Erwachsenengeneration nicht mehr nennenswert ändern werde. Also müssen wir uns verstärkt um die zukünftige Generation kümmern.

    Was nicht ausschließt, dass wir auch hier und jetzt Dinge tun. Im Gegenteil.

    Die Welt ist nicht eindimensional.

  36. Fantaska aus der Bodenluke5. Dezember 2014 at 14:46

    Lieber Ronny,
    ich teile deine Einstellung und Beobachtung. Und das nicht nur mit Blick auf Rassismus, auch Antifeminismus, Homophobie u.ä. – in den letzten Monaten beobachte ich allerorten einen reaktionären Backlash, der mir das Blut in den Adern gefrieren lässt. Das hat viel mit den neuen Medien zu tun, die eine Plattform geben, man denke nur an die Myriaden gruseligster Spiegel online-Kommentare (hast du nicht kürzlich sogar dieses zu gute Video „Facebook-Kommentare in der Realität“ gepostet?)… Und auch damit, dass „wir“ ein bisschen faul und unvorsichtig geworden sind, dass man eben, wie du auch schreibst, einen weltoffenen Habitus als selbstverständlich annimmt, der aber offensichtlich nur in „unseren Kreisen“ verbreitet ist und selbst da zunehmend Risse bekommt. Meines Erachtens ist es ziemlich bald ziemlich notwendig, sich zu organisieren, mit bunten, offenen, aufklärerischen und öffentlichkeitswirksamen Aktionen.

  37. Michael5. Dezember 2014 at 19:58

    Danke Ronny das Du das hier so schreibst, kommst Du/ Ihr mit zur Bürgerinformationsveranstaltung nächste Woche PDM West? Ich mein man kann ja auch den Zusammenhang zwischen Xenophobie und unreflektiertem Verhalten eines Großteils der Bevölkerung hinweisen…., ich denke Aufklärung tut hier Not….

  38. Jekyll5. Dezember 2014 at 23:53

    Siehste, und ich dachte nur „ihr im Osten“ habt solche Probleme. Dabei wird das Gegenteil fast täglich sichtbar, in den Kommentaren der Lokalzeitung: http://s7.directupload.net/images/user/140508/fcltg6py.png
    Wollte mir egtl schon lange abgewöhnen dort Kommentare zu lesen, aber immer wieder bin ich dann doch wieder am Dumpfbacken batteln… Und gefühlt sind die auch in der Übermacht, ich hoffe nur ich täusche mich da, weil „die“ eben auf jeden Artikel bzgl Asylpolitik u.ä. anspringen, mein Umfeld ist da ebenfalls komplett anderst… Aber das sieht alles nicht gut aus, sehr erschreckend auf jeden Fall :/

  39. harry5. Dezember 2014 at 23:55

    Vorteile sehen,
    In Punkto selbstgerechtes wohlfühlen stehst du allerdings niemandem irgendwie nach.

    Du würdest mich wahrscheinlich als links“extremisten“ einordnen. Ich würde von mir selbst sagen, dass ich mich „der Antifa“ verbunden fühle. Gespräche mit Leuten wie dir hatte ich schon zu hauf. Und der einzige Eindruck der sich dabei immer und immer wieder wiederholt hat ist, dass die entsprechende Person halt ihr vorgefertigtes Bild davon hat wie ich wohl sei und sich durch ncihts davon abbringen lässt.
    Ich habe noch nie einfach so nen Nazi geboxt und ich habe noch nie irgend ein Auto angezündet. Das sind darüber hinaus auch beides Sachen über die ich ausschließlich rede, wenn ich darauf angesprochen werde. Trotzdem darf ich mir regelmäßig anhören ich sei ja nicht besser als ein Nazi, weil ich denen aufs Maul hauen will und ich würde das anzünden irgendwelcher Autos gutheißen oder sogar fördern. Mir sind solche Diskussionen mittlerweile zu blöd geworden. Ich beende das in der Regel mit einem „Fick dich“ oder ähnlichem. Einfach weil es in diesen Diskussionen nicht möglich ist das gegenüber von seinem hohen Ross runter zu holen.

    Im Weltbild der Nazis gilt das Recht des stärkeren und die Ausübung von Gewalt ist ein integraler Bestandteil ihrer Ideologie. Sie wollen Gewalt ausüben und wenn sie es gerade nicht tun, dann nicht aus der Einsicht, dass es dumm ist. Dort wo sie sich sicher fühlen üben sie Gewalt aus und versuchen ihre „national befreiten Zonen“ zu errichten in denen es für alle, die sie als „feinde“ ausmachen gefährlich ist. Sie streben Herrschaft der Gewalt an und setzen sie auch durch, wo sie können. Deshalb ist es für mich selbstverständlich, dass man im Umgang mit Nazis nicht damit rechnen sollte, dass es nicht zu Gewalt kommt. Es bedeutet für mich auch, dass ich nicht um jeden Preis verhindern werde, dass es zu Gewalt kommt. Ich werde mich deshalb zum Beispiel nicht anders anziehen, bestimmte Gegenden meiden oder in einer (noch) verbalen auseinandersetzung klein bei geben. Es bedeutet für mich drittens, dass es sinnvoll sein KANN ganz bewusst die Orte aufzusuchen an denen sich Nazis rumtreiben auch auf die Gefahr hin, dass es dann zu Schlägereien kommen kann und es bedeutet für mich viertens, dass es sinnvoll sein KANN einem Nazi ganz deutlich zu vermitteln, dass er z.B. in einem Viertel, einer Stadt oder einer Gesellschaft nicht erwünscht ist.
    Damit meine ich nicht, dass man Nazis unbedingt zusammenschlagen soll. Wenn man sich so verhält, wird man aber körperliche Auseinandersetzungen nicht immer vermeiden können. Meine letzte tatsächliche Auseinandersetzung mit Nazis ist aber zum Glück schon ne weile her. Wohl auch aufgrund eines ähnlichen Verhaltens, wie Ronny es im Artikel beschreibt.

    Der Unterschied zwischen dir und mir ist, dass Nazis in dir nicht direkt einen „feind“ sehen. Das mag an deinem äußeren liegen oder an deiner Art oder an beidem. In mir hat noch jeder Nazi treffsicher einen „feind“ erkannt. Das bedeutet, dass mir der weg halbwegs „normal“ mit Nazis zu diskutieren nicht offen steht. Aufgrund meiner Erfahrungen kommt mir die Vorstellung mit einem Nazi zu reden auch völlig absurd vor. Ich würde dich deswegen trotzdem nciht als einen Nazi bezeichnen, wenn dich das beruhigt.

    Worauf ich hinaus will ist: Ich denke es wäre dir und anderen geholfen, wenn du anerkennst, dass nicht jeder mit Nazis reden kann oder will. Die Voraussetzung dafür – die bei dir stillschweigend unter den Tisch fällt – ist, dass der entsprechende Nazi einem zuhört. Sprich: Es klappt nur, wenn er in einem keinen „feind“ sieht oder wenn man sonst eine persönliche Verbindung zu der Person hat. In solchen Fällen halte ich es definiti für Sinnvoll mit der Person zu reden. Erfüllt man diese Voraussetzung nicht, bleibt einem meiner Meinung nach nur die Möglichkeit vor den Nazis einzuknicken oder sich so zu verhalten wie ich es oben beschrieben habe.

  40. Vorteile sehen6. Dezember 2014 at 13:41

    harry,

    Um dich zu beruhigen, ich wurde sowohl schon von Nazis, als auch der Antifa als „Feind“ angesehen. Was aber auch nicht besonders schwer ist, da beides einfach gestrickte Gemüter mit einfachen Weltbildern sind. Im Prinzip ist immer die eigene Seite die Gute und alles Andere das Böse. Oder einfacher gesagt: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich.“

    Und ich kenne auch „Fick dich“, „Halt die Fresse“ oder „Verpiss dich doch einfach“ als Endsatz in einer Diskussion, was im Übrigen sehr häufig passiert, wenn beide Seiten Fakten hören die ihnen nicht gefallen. Die letzten Beispiele sind im Bezug auf Rechte, als mir ein langzeitarbeitsloser Rechter erklären wollte, dass die Ausländer hier nur auf Kosten des Staates leben. Und ich ihm erklärte, dass er a) seit Jahren auf Kosten des Staates lebt und es b) sowas beim Führer nicht gegeben hätte. (Das war der Punkt als mir der Nazi ein paar in die Fresse schlagen wollte, es aber nicht tat, weil ich halt Gott sei Dank die Security in dem Laden gut kenne)

    Bei einem Linken ging es wieder einmal um den leidigen Unterschied zwischen Rechts und Links und wer mir wieder einmal erklären wollte wie Böse die einen und wie gut die anderen sind. Was im Prinzip witzig war, da er einen Ché Button trug und ich ihn fragte warum er eigentlich etwas gegen Schwule hat. Was ihn erst verwirrte und ich ihn dann aufklärte, dass in Kuba nunmal die moralischen Feinde der Revolution in KZ´s gesteckt wurden. Und Homosexuelle ganz klar als moralische Feinde angesehen wurden. Darauf hin hat er mir erklärt ich solle meine Nazi-Fresse halten und ist gegangen.

    Hab ich mich in deinen Augen auf ein hohes Ross gegenüber dem Linken gesetzt? Sind Fakten ein hohes Ross für Linke und ist es das was die Antifa bekämpfen will?

    DU hast recht, dass ich dich, als jemanden der sich der Antifa verbunden fühlt, als Linksextremisten einordne. Denn ich wüsste nicht, was genau noch links von der Antifa stehen sollte?

    Zu deinem Resümee: Ich weiß, dass man nicht mit jedem Rechtsextremen reden kann, genau wie man auch nicht mit jedem Linksextremen reden kann. Aber was ist denn die Lösung für unsere gesellschaftlichen Probleme laut dir als bekennendem Linksextremisten? Tötet alle Nazis bzw. alle Rechten bzw. alle die rechts von dre Antifa stehen? Damit man die scheinbar gewaltfreie Ideologie der Antifa endlich ausleben kann? (Ich hoff du verstehst, dass dies keine Unterstellung, sondern eine Hyperbel war)

    Ich glaube einfach, dass es keinen anderen Weg gibt, als zu reden. Sowohl mit Rechts- als auch Linksextremen. Jede Seite soll einfach zumindest die Ängste der anderen Seite verstehen und ich glaub, dann wären wir schon einen riesigen Schritt weiter.

    Und wenn für dich meine Meinung, dass nur das Gespräch dabei helfen kann Ängste zu verstehen und zu nehmen, selbstgerecht ist, dann nenn es meinetwegen so. Ich sehe es zwar eher als einen Lösungsgerechten Ansatz, aber das ist wiederum nur meine selbstgerechte Meinung. Nenn mir bitte eine bessere Lösung, die das Problem an der Wurzel löst und nicht durch Verbote etc. versucht zu kaschieren, dann werf ich meinen Ansatz gern über den Haufen. Ich bin ganz Ohr.

  41. Harry6. Dezember 2014 at 15:58

    Vorteile sehen,

    puh. da würden mir wieder 100 Haarspaltereien einfallen, aber ich versuche mcih mal aufs wesentliche zu beschränken.

    1. Deine selbstgerechtigkeit attestiere ich dir nicht deshalb weil du „Fakten“ präsentierst. Höchstens weil du sie mit einer völligen Doppelmoral präsentierst. Fragst du jedes CDU-Mitglied ob er/sie Konrad Adenauer gut findet um sie dann direkt im Anschluss zu fragen warum sie homophob sind? immerhin wurden (nicht nur) zu Zeiten Adenauers homosexuelle in Deutschland rechtlich verfolgt.
    Wenn du eine nach Hanns Martin Schleyer benannte Straße siehst, unterstellst du dann der Stadtverwaltung, dass sie Nazis sind, weils sie einem Nazi huldigen?
    Wie würdest du reagieren, wenn dich jemand als Mörder bezeichnet weil du den Status Quo verteidigst zu dem ja auch das Massenhafte Sterben im Mittelmeer gehört?
    Alle diese beispiele sind dumm und unterkomplex. Und sie sind genau deine Art zu argumentieren. Weil sie nur funktionieren, wenn man sie mit der Innbrunst moralischer Überlegenheit vorbringt.
    Du bist selbstgerecht, weil du dich von vorne herein für moralisch überlegen hälst oder, um es mit deinen Worten zu sagen: du bist ein einfach gestriktes Gemüt, mit einem einfachen Weltbild. Für sich sind immer die Anderen die Bösen und du selbst bist gut.

    2. Ich glaube du hast keine Ahnung, was es bedeutet von Nazis als ihr „Feind“ angesehen zu werden. Damit meine ich nicht, dass sie dir eine reinhauen wollen, weil das ihre Lösung für psychische Dissonanzen ist. Damit meine ich, dass sie dich für einen Untermenschen halten und dich entsprechend behandeln. Oder dass du für sie zur Personifizierung all dessen wirst, was deren Meinung nach „Deutschland kaputt macht“. Der Hass den du dabei zu spüren bekommst ist ein ganz anderer als wenn sie dich für einen nervigen Idioten halten, dem man mit ein paar Schlägen mal beibringen sollte, wann er besser die Fresse zu halten hat.

    3. Ich bin kein bekennender Linksextremist. Wenn überhaupt bin ich bekennender Linksradikaler.

    4. Du sagst „es gibt keinen anderen Weg, als zu reden“. Die relevante Frage dabei ist: Um was genau zu erreichen?

    4.1.Wenn es darum geht, dass Nazis ihre Meinung ändern geb ich dir in weiten Teilen recht. Ich würde zwar sagen, dass es durchaus auch strukturelle Gründe gibt, die die Entstehung einer faschistischen Ideologie erst möglich machen. Aber auch wenn man die unangetastet lässt, lässt sich mit reden schon mal viel erreichen. Wenn man in einer POsition ist, in der Nazis einem zuhören, dann würde ich sogar sagen, man hat eine gewisse Verpflichtung etas zu tun. Das kommt aber immer auf den speziellen Fall an. In vielen Fällen können solche Interventionen auch genau den gegenteiligen Effekt haben, dass die Leute sich noch mehr in ihre Naziszene zurückziehen. Ich würde meine Energien in solchen Fällen also eher darauf verwenden sie zu Aussteigerorganisationen zu bringen. Dabei rede ich von Menschen, die eine verbindung zu organisierten Nazistrukturen haben. Bei Leuten die einfach nur ein paar dumme Parolen aufgeschnappt haben würde ich genauso munter drauf los diskutieren. Die halten mich aber in der Regel auch nicht für einen Untermenschen, den man verbrennen sollte.

    4.2. Ist das Ziel erstmal nur die Gewalt der Nazis auf der Straße zu beenden, dafür zu sorgen, dass einer ihrer Aufmärsche zum Frusterlebnis wird oder in einem öffentlichen Rahmen mit ihnen umzugehen ist es der falsche Weg, mit ihnen zu diskutieren. Es ist in der Regel nicht nur ineffizient sondern auch das falsche Signal.

    5. Nein, mit Linken ist das nicht das selbe. Das wäre jetzt aber imho auch die falsche Diskussion unter einem solchen Artikel.

  42. Vorteile sehen6. Dezember 2014 at 19:18

    Harry,

    Die Unterteilung gefällt mir

    1. Es ist keine Doppelmoral, wenn mir erklärt wird, dass Links das Gute und alles andere das Schlechte ist. Es sollte in dem speziellen Fall nur aufzeigen, dass Linke genau so homophobe Vollidioten sein können bzw. sogar sind, wie Rechte.

    Ich fühle mich, wenn überhaupt nur denen überlegen, die sich nicht in ihrer eigenen Ideologie ordentlich auskennen und mit hohlen Parolen um sich werfen.

    Ich glaube keines Wegs, dass ich moralisch irgendwem überlegen bin. Ich bin bspw. der Überzeugung, dass jeder das Recht haben muss, seine Meinung äußern zu dürfen und mir ist absolut bewusst, dass da zu 80% Meinungen dabei sein werden, die absolut nicht meiner Moral entsprechen und weiß auch, dass diese Meinungen Menschen enorm weh tun werden.

    Nimm als Bsp. nur die Beschimpfung von Transsexuellen. Und bevor du mir wieder irgendwas unterstellen möchtest von deiner richtigen Linken Seite. Ich weiß genau was das für Spuren Beleidigungen etc. das hinterlässt. Mein Bruder bzw. meine Schwester ist Transsexuelle und darf sich vieles anhören. Und trotzdem bin ich nicht dafür, dass diesen Arschlöchern ihre Meinung verboten wird. Und ja ich rechtfertige das auch meinem Bruder gegenüber und nein er kann es nicht verstehen falls du das fragen möchtest.

    2. Allein schon deine Wahrnehmung, dass Nazis deine Feinde sind, zeigt mir doch auch wie du auf sie zugehst. Bitte erklär du mir doch einmal was für dich Nazis sind. Denn aktuell wird der Begriff ja immer Populärer. So durfte ich neulich erfahren, dass ich ein Nazi bin, weil ich ganz im Sinne Voltairs für die Meinungsfreiheit bin. Und weil ich erkläre, dass es gut ist, wenn die PEGIDA-Leute auf die Straße gehen, weil so seh ich doch, dass da offensichtlich Ängste vorhanden sind. Macht mich das echt zum Nazi? Du als Linker kannst mir dazu sicherlich eine Antwort geben.

    4. Was ich erreichen will? Ein besseres Zusammenleben für alle muss das Ziel sein. Und wenn Menschen gerade bspw. durch Dresden laufen, weil sie die Islamisierung des Abendlandes fürchten, dann muss man doch mit denen reden. Es muss ja einen Grund dafür geben, warum plötzlich die Ängste durchbrechen. Der Grund sind mit Sicherheit nicht die Hardcore-Nazis (die gibt es zweifelsfrei), sondern die nutzen nur die Ängste aus.

    Deswegen bin ich auch vehement gegen ein Demonstrationsverbot oder ähnlches. Denn wie ich shcon vorher schrieb, haben Antifa & Co. die Bomber-Harris-Nazis-Aufmärsche in Dresden erfolgreich bekämpft und nun laufen die Leute dort halt unter nem anderen Thema.

    Ich find es auch unglaublich gefährlich, wenn irgendwo ein Asylbewerberheim eingerichtet wird, die Anwohner die dagegen demonstrieren sofort als NAzis zu brandmarken und dann parteiübergreifend gegen diese vermeintlichen Nazis zu demonstrieren. Denn damit treibt man die Anwohner die aus Angst vor dem Unbekannten demonstriert haben genau in die Arme der AfD oder noch weiter rechts stehender Parteien. Klar wirst du als Linksradikaler nun sagen, dass jeder der gegen ein Asylbewerberheim in seiner Umgebung offensichtlich etwas gegen Ausländer hat und somit ein Nazi ist. Aber das glaube ich halt nicht.

    Ich seh hier bspw. die Politik in der Verantwortung die einfach viel mehr für die Integration tun muss. Aber das würde jetzt zu weit führen.

    5. Du wirfst mir vor, ich wüsste nicht wie es ist von den Nazis als Feind angesehen zu werden, aber beurteilst als Linksradikaler, dass die Linken nicht so schlimm sind wie die Nazis????

    Ich schätz du hast voll die Erfahrung darin wie es ist von der Antifa bedroht zu werden, weil du es wagst zu behaupten, dass es nicht ok ist, wenn man Bilder von Rechten an dessen Arbeitsstelle aufhängt und vom Arbeitgeber verlangt ihn zu entlassen.

    Ja die Antifa ist super kritikfähig und ganz anders als die Nazis…

  43. Harry8. Dezember 2014 at 18:43

    Vorteile sehen,

    Ich versuche mich wirklich kurz zu halten.

    1. Um zu präzisieren, was ich mit deiner Doppelmoral und deiner „moralischen Überlegenheit“ meine: Du bist sofort dabei anderen zu attestieren, sie hätten ein simples Weltbild bzw. wären halt einfach gestrickte Persönlichkeiten und das würde zu ihrer politischen Einstellung führen. Von dieser psychologisierung nimst du deine eigene Meinung aber ganz selbstverständlich aus. Du bist „rational“ und konfrontierst Menschen mit „Fakten“.
    Daran stoße ich mich enorm.
    Für das Problem, was du mit deinem Bruder/deiner Schwester als Beispiel nennst gibt es einen Lösungsvorschlag, den auch Ronny schon im Artikel nennt: „Und na klar kann man sagen, “Ich bin fremdenfeindlich und das ist meine Meinung!”, aber dann ist man halt ein Arschloch. Ganz einfache und klare Angelegenheit. „. Das lässt sich auf Transphobe Arschlöcher genauso anwenden.

    2. Dieses „defnier du mir doch mal bitte wer XY ist“-Spielchen spiele ich grundsätzlich nicht mit. Ich stimme dir zu, dass das Wort teilweise inflationär gebraucht und zum Teil auch missbraucht wird. Das der Begriff „immer populärer“ wird liegt aber auch daran, dass momentan Nazis einen enormen Auftrieb durch HoGeSa, PEGIDA, die CDU in Thüringen etc. haben. Was nicht heißt, dass das alles Nazis sind. Inwiefern man PEGIDA z.B. im Ganzen als faschistische Bewegung einschätzen kann weiß ich nicht. Dazu hab ich mich mit denen zu wenig auseinandergesetzt.

    4. Die Frage nach dem Ziel war bezogen auf die konkreten Nazis, mit denen man auf die eine oder andere Art umgehen will. Um mich da ein bisschen zu wiederholen: Die Meinung eines Nazis ändern zu wollen oder die Gewalt der Nazis auf der Straße beenden zu wollen sind zwei verschiedene Ziele, die eine unterschiedliche Strategie erfordern. Mehr wollte ich damit garnicht sagen.
    Ich würde dir aber insofern widersprechen, als dass ich nicht glaube, dass die „Trauermärsche“ der Nazis und die PEGIDA-Demos uns den gleichen Leuten bestehen. Da wird es wohl durchaus Überschneidungen geben, aber so wie ich PEGIDA einschätze sind da mindestens genausoviele dabei, die während den Naziaufmärschen Lichterketten ind er Innenstadt gebildet haben, weil sie nicht mit den Schmuddelkindern spielen wollten.
    Ich gehe davon aus, dass Menschen die gegen Asybewerberheime in ihrer Nachbarschaft demonstrieren, das aus rassistischen Motiven tun. Was nicht heißt, dass die sich selbst als Rassisten sehen. Ich finde der richtige Umgang damit ist, den Rassismus in deren Argumentation ganz klar herauszustellen und zu benennen. Wenn man solche Leute kennt gerne auch im direkten Gespräch. Deren Aufmärsche sollte man trotzdem nicht ungestört passieren lassen. Das ist für mich eine direkte Konsequenz aus den Anschlägen anfang der 90er. Das es im Moment wieder brodelt kann man unter anderem hier sehen:

    http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/chronik-zu-angriffen-und-hetze-gegen-fl%C3%BCchtlinge-2014-9322

    5. Ich bleibe dabei, dass die Motivation jemanden zu Schlagen, weil man zu blöd ist einen Streit anders zu lösen eine ganz andere ist als die Motivation jemanden zu Schlagen, weil man ihn für einen Untermenschen hält, der es nicht verdient hat zu leben.
    Ich bleibe dabei, dass Gewalt gegen Menschen zum Kern der Ideologie und der politischen Praxis von Nazi gehört, dass man das gleiche aber nicht über Linke sagen kann. Das soll nicht heißen, dass Linke niemals jemanden (auch unberechtigterweise) Schlagen würden oder das es nicht Schlimm wäre, wenn sie es tun.

    Ich finde es übrigens OK Nazis an die Öffentlichkeit zu zerren. Auch bei ihrem Arbeitgeber. Ich würde dich allerdings nicht bedrohen, weil du das anders siehst. Aber wie du ja weiter oben auch schon meinstest: Es kommt manchmal eben auch einfach darauf an, wie man auf Menschen zugeht ;)

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