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Schwerkranke starten Petition zur medizinalen Cannabis-Freigabe

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(Foto unter CC BY 2.0 von Mark)

Laut Richterspruch dürfen Schmerzkranke Cannabis anbauen, für den Eigenbedarf. Doch Betroffene bleiben gezwungen, sich illegal selbst zu therapieren, denn das Gesundheitsministerium blockiert, wo es kann.

Ich bin der Letzte, der auf die Wirksamkeit von Petitionen vertraut, aber wenn diese hier 50.000 Mitzeichner hat, wird die Petition wenigstens öffentlich im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags beraten. Und es geht nicht darum, dass jeder fröhlich überall kiffen kann, sondern darum, dass Schwerkranke Schmerzpatienten Medikamente auf Cannabisbasis erhalten und die Kosten dafür von den Kassen übernommen werden. Das nämlich ist aktuell nicht der Fall, das Bundesgesundheitsministerium meint, das Interesse des Patienten „müsse zurückstehen gegenüber dem Schutzinteresse der Bevölkerung“.

Text der Petition
Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass die Bundesregierung Maßnahmen ergreift, damit die Kosten einer Behandlung mit Medikamenten auf Cannabisbasis bezahlt werden. Der Bundestag möge zudem beschließen, dass Strafverfahren gegen Patientinnen und Patienten im Zusammenhang mit einer durch einen Arzt bescheinigten notwendigen medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten grundsätzlich eingestellt werden.

Begründung
Patientinnen und Patienten, die von einer Behandlung mit Medikamenten auf Cannabisbasis profitieren, sollten unabhängig von ihren wirtschaftlichen Verhältnissen einen Zugang zu Cannabisprodukten erhalten. Die inhumane strafrechtliche Verfolgung von kranken Bundesbürgern, die mit Unterstützung ihrer Ärztin bzw. ihres Arztes eine Selbsttherapie mit Cannabis durchführen, muss beendet werden. So würden sowohl die Therapiefreiheit als auch die Menschenrechtssituation kranker Menschen in Deutschland spürbar verbessert.

In Deutschland können drei Medikamente auf Cannabisbasis auf einem Betäubungsmittelrezept verschrieben werden. Zudem besteht die Möglichkeit einer Ausnahmeerlaubnis durch die Bundesopiumstelle zur Verwendung von Medizinal-Cannabisblüten aus der Apotheke. In beiden Fällen müssen die Betroffenen die häufig nicht unerheblichen Behandlungskosten meistens selbst tragen.

Daher sind vermögende Patientinnen und Patienten in Deutschland hinsichtlich der Möglichkeiten der medizinischen Nutzung von Cannabisprodukten deutlich besser gestellt als weniger vermögende Patientinnen und Patienten. Es besteht in diesem Bereich eine Zweiklassenmedizin und eine medizinische Unterversorgung. Hunderttausende von Bürgerinnen und Bürgern sind heute mangels erschwinglicher Alternativen gezwungen, sich illegal mit Cannabisprodukten selbst zu therapieren.
In anderen Ländern wurden unterschiedliche Lösungen für dieses Problem gefunden. So erstatten viele Krankenkassen in den Niederlanden eine Behandlung mit Cannabisblüten. In Israel und Kanada sind die Preise für Cannabisprodukte wesentlich niedriger als in Deutschland. In Spanien ist der Anbau von Cannabis für den Eigenbedarf erlaubt.

Wenn man eine ärztlich befürwortete Selbsttherapie nicht legalisieren möchte, so sollte wenigstens der § 31 des Betäubungsmittelgesetzes, nach dem bereits heute ein Strafverfahren eingestellt werden soll, wenn nur eine „geringe Schuld“ vorliegt, sinnvoll erweitert werden. Bisher wird von einer geringen Schuld nur ausgegangen, wenn es um den Besitz einer kleinen Cannabismenge geht. Patientinnen und Patienten, die sich mangels Alternativen selbst therapieren, besitzen jedoch notwendigerweise häufig erhebliche Cannabismengen und sind zudem Wiederholungstäter. Es sollte Ärztinnen und Ärzten erlaubt sein, Empfehlungen für eine Selbsttherapie mit Cannabisprodukten auszusprechen, und Strafverfahren gegen Patientinnen und Patienten mit einer solchen ärztlichen Empfehlung sollten ebenfalls grundsätzlich eingestellt werden.

Internationale Vergleiche mit Ländern wie Kanada und Israel zeigen, dass die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit Medikamenten auf Cannabisbasis unzureichend ist. Das mit der unhaltbaren gegenwärtigen Situation verbundene körperliche und seelische Leid durch unzureichend behandelte schwere Krankheitssymptome bzw. eine andauernde Angst vor Strafverfolgung darf nicht ohne Not fortgesetzt werden. Hier ist der Gesetzgeber in der Pflicht.

Ich bin mal eben zeichnen.

2 Kommentare

  1. Anon29. August 2014 at 11:11

    In meinem Freundeskreis gab es auch mal einen „Hobbygärtner“, der Gras für seine schwerkranke Mutter angebaut hat. Nachdem alle legalen Optionen ausgeschöpft waren, erwies sich die Pflanze als das wirksamste und gleichzeitig an Nebenwirkungen ärmste Medikament für ihr Leiden (eine seltene Gelenkerkrankung). Die Angst vorm Arm des Gesetzes war in dem Fall allerdings nicht so erheblich, weil der Staatsanwalt zu den Freunden der Familie gehörte und eingeweiht war.

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