Zum Inhalt springen

SV Babelsberg 03 soll absteigen, wenn eine Strafe nicht bezahlt wird, weil Fans „Nazischweine raus“ skandierten

Ich habe es nicht so mit Fußball. Um genau zu sein, so gar nicht. Und dennoch gucke ich auf das, was hier in der Stadt passiert. Da haben wir den SV Babelsberg 03, der eine stabile antirassistische und antifaschistische Ultra-Szene an sich binden kann, die gerne mal Alarm macht, wenn Menschenfeinde als „Fußballfans“ getarnt ins hiesige Stadion kommen. So mal wieder geschehen, als im vergangenen April der FC Energie Cottbus auf dem Platz stand und mal wieder „Fans“ mitbrachte, von denen man so denken muss, „Wenn das deine Freunde sind, dann brauchst du keine Feinde mehr.“


(Direktlink)

Die Fans von Cottbus zeigten während der Partie mehrfach den Hitlergruß, stürmten den Platz und sorgten damit für eine zweifache Spielunterbrechung, die fast zum Abbruch wurde.

Die Polizei führte sie vom Spielfeld. Es soll sich um rechtsextreme Fußballfans handeln, die in Cottbus bereits Stadionverbot haben. Auch Babelberger Fans hatten als Reaktion versucht, auf den Platz stürmen, wurden von den Sicherheitskräften aber daran gehindert. Später skandierten die Cottbuser Fans Rufe wie „Arbeit macht frei, Babelsberg 03“ oder „Zecken, Zigeuner und Juden“.

Diese Szenen sind auf jeder Menge Fotos und Videos dokumentiert. Dieser Nachmittag zog medial seine Runden und sollte eigentlich längst aufgearbeitet sein. Was er leider nicht ist.

Der Nordostdeutsche Fußballverband belegte den FC Energie Cottbus erst mit einer Strafe, die mittlerweile allerdings wieder zurückgenommen wurde. Trotz der hitlernden Fans. Dem SV Babelsberg 03 wurde ebenfalls eine Strafe auferlegt, die sich wohl angeblich aus einer fehlenden Unterschrift ergab und somit auf einem Formfehler basierte. Dennoch hält der Nordostdeutsche Fußballverband an seiner Forderung fest und will 7000,00 Euro vom SVB. Cottbus ist mittlerweile raus und wird nichts zahlen und auch keine anderweitigen Konsequenzen fürchten müssen. Der DFB hat sich zu Gunsten der Klärung mittlerweile eingeschaltet, da aber bisher wenig Handlungsspielraum.

Dass die fremdenfeindlichen Sprüche, Nazigesänge und Hitlergrüße dem NOFV nicht bekannt gewesen sein wollen, behauptet NOFV-Richter Oberholz in dem Radio-Beitrag weiterhin: „Da wussten wir nichts von, schlicht und ergreifend.“ SVB-Chef Horlitz platzt dabei der Kragen: „Sie lügen, schlicht und ergreifend“, wirft er Oberholz vor und erinnert ein weiteres Mal daran, wie deutlich die Vorgänge im Energie-Gästeblock in Videos, auf Fotos, in Presseberichten und in Stellungnahmen beider Vereine dokumentiert waren. Erst als der DFB intervenierte, dass der NOFV diese Vorfälle nicht länger ignorieren solle, nahm der Verband Ermittlungen auf, verurteilte den Lausitzklub nachträglich. Der ging in Berufung, der NOFV nahm das nachträgliche Urteile wieder zurück. Das wiederum erboste den DFB, der inzwischen durch sein Bundesgericht Revision eingelegt hat.

Fassen wir zusammen: Da kommen Fans eines Fußballvereins, die in das Stadion ihres Vereins nicht mehr reingelassen werden, in ein Auswärtsstadion, zeigen Hitlergrüße, äußern sich sowohl rassistisch als auch antisemitisch, stürmen den Platz und sorgen für Spielunterbrechungen. Es passiert: nichts. Es gibt keinerlei Konsequenzen.

Auf der anderen Seite stehen Fans des Heimvereins in der Kurve, zünden Pyros, lassen sich als „Zecken, Zigeuner und Juden“ anschreien und antworten mit: „Nazischweine raus“ und sollen damit dafür verantwortlich sein, dass ihr Verein jetzt 7000 Euro Strafe zahlen soll. Genau dafür. Da stellt sich imho nicht die Frage, ob es da ein Problem gibt, sondern nur die danach, auf welcher Ebene genau das zu verorten ist. Das darf doch alles nicht wahr sein!

6 Kommentare

  1. der Benni31. Januar 2018 at 23:01

    Bin zwar fan von arminia bielefeld, sympathisiere aber seit mehreren fahrten zu dortigen auswärtsspielen stark mit dem SVB. selten bei einem auswärtsspiel so gastfreundlich vom heimclub aufgenommen worden. entspannte und humorvolle ordner, ebensolche mitarbeiter an bier- und pommesbude, der stadionsprecher (der sowieso ein echtes original ist) spielt vor dem match nicht nur die eigene, sondern auch die vereinshymne der gäste ab etc etc…. das sich der svb nicht nur sportlich sondern auch kulturell und gesellschaftlich hervorragend engagiert ist ja auch schon länger bekannt. umso trauriger das dem club dabei immer wieder sowohl von staatlicher seite als auch vom dfb knüppel zwiscvhen die beine geworfen werden. das der nofv einen stramm rechten einschlag hat und der brandenburger verfassungsschutz denen da in nix nachsteht, ist ein zustand, der in den medien leider deutlich zu wenig nachhall findet.
    Ich hoffe, die babelsberger lassen sich nicht kleinkriegen und der dfb haut da endlich mal ordentlich auf den tisch.

  2. Jan1. Februar 2018 at 10:09

    Lieber Ronny,

    als Fan von Cottbus, Antifaschist und jemand, der damals (zum Glück auf der Heimtribüne) anwesend war, muss ich kurz ein paar Worte los werden. Erstmal war das eine furchtbar eklige Situation und mir ist damals im Stadion fast schlecht geworden, als ich das gesehen hab. Zum einen, weil mich die Taten an sich ankotzen, zum anderen aus Angst um „meinen“ Verein. Damit einhergehend: Ja, Energie hat ein echtes Nazi-Problem. Das ist durch die generelle Situation in Cottbus bedingt, wo sich AfD, offene Nazis, Fußballfans und Kampfsportszene vermischen.
    Vor allem die (mittlerweile [meiner Meinung nach zum Schein] aufgelöste) Fangruppierung Inferno Cottbus ist hier zu nennen. Zu ihr gehör(t)en ca. 100-150 Leute. Aus dieser Gruppe heraus (+einige aus Chemnitz, mit denen Inferno Kontakte pflegt) waren in Babelsberg dafür verantwortlich. Dass es diesen Leuten nicht um Energie Cottbus geht, wird schon dadurch deutlich, dass sie eigene Fans bei Auswärtsfahrten bedroht haben, wenn diese sich nicht an ICs „Direktiven“ hielten, wenn es um Banner, Vorsänger etc. ging – hab ich selbst so erlebt, allerdings bei einem anderen Auswärtsspiel.
    Bezüglich der Strafe ist nicht ganz richtig, was du schreibst. Cottbus hat nämlich bereits im letzten Jahr eine erste, recht umfangreiche Strafe bezahlen müssen von 10.000€, was für einen Regionalligaverein sehr viel Geld ist.
    Jetzt ging es um ein zweites Verfahren, was der NOFV aufgrund angeblicher neuer Erkenntnisse anstrengte. Dagegen hat sich Cottbus juristisch gewehrt und gewonnen.
    Jetzt könnte ich noch über die generelle Sinnhaftigkeit von Vereinsstrafen anfangen (ich glaube ja, dass die Vereine lieber bei der Prävention unterstützt werden sollten), aber das führt zu weit.

    Also: Ja, Cottbus hat ein Naziproblem, aber.. das hat den Verein schon sehr viel Geld gekostet, eigene Fans sind ebenso betroffen & eine Strafe wurde gezahlt.
    Dass Babelsberg auch bestraft wird ist natürlich absolut lächerlich (bzw. eher traurig) und sagt viel über das Verständnis beim NOFV für antifaschistische Bestrebungen aus.

    Ich hoffe, ein wenig zur Debatte beigetragen zu haben. :)

  3. Gregoa1. Februar 2018 at 11:17

    Man könnte meinen, dass es sich bei manchen Richtern um braune Burschenschaftler handelt, jenen familiären Bündnissen, die auch nach dem Untergang des braunen Reiches wieder zu Wohl und Ansehen gekommen sind.
    Weil sie die Leute sind, die Recht verdrehen und Ordnung im eigenen Sinne verstehen. Wohl an, das wurde im Westen von den Studenten der 68er gebührend bekämpft, wenn auch nicht nachhaltig.
    Denn eine Politik, die soziale Spannungen herbeiführt, bedingt damit auch Diskriminierung von Minderheiten, Benachteiligten und Andersartigen, sei es eben wegen sozialen, mentalen oder körperlichen Merkmalen. Dass sich die Deutschsprachigen immer so viel auf sich einbilden ist einfach unfassbar. Doch solange das kapitale System von Vormacht und Interesse herrscht, werden sich wohl auch jene auf Geschäfte einlassen, die selbst als Gemeinschaft am meisten unter dieser Vergangenheit gelitten haben. Soviel zu Aufrichtigkeit in Politik und Gemeinschaft.

    Und äh, ja, die globalen Entwicklungen werden die Menschen als Gemeinschaft dazu zwingen sozial stabile Entwicklungen anzustreben oder es wird in einem großartigem Chaos alles verloren gehen (Reset). Da ist Fanfußball und Mannschaftstreue dann nur noch von geringen Interesse, geschweige denn Nationalgedöns.

  4. Rob1. Februar 2018 at 11:31

    Habe gerade mal nach SVB Trikots geschaut und den Trikot-Sponsor wahrgenommen. Mal blöd gefragt, ist die Marke nicht mehr mit dem rechten Rand in Verbindung zu bringen? Dachte das immer… Aber wenn ein Verein es schafft „eine stabile antirassistische und antifaschistische Ultra-Szene an sich [zu] binden …, die gerne mal Alarm macht, wenn Menschenfeinde als „Fußballfans“ getarnt ins hiesige Stadion kommen.“, dann wird das wohl nicht mehr so sein.

    • Ronny1. Februar 2018 at 11:36

      Lonsdale engagiert sich seit Jahren antirassistisch und unterstützt ganz bewusst Vereine, die das genauso handhaben.

      „Im September 2003 rief Lonsdale die „loves all colours“-Kampagne ins Leben. Mit befreundeten Initiativen wie z.B.: „Augen auf – Zivilcourage zeigen“ aus Zittau sowie Schulen, Jugendcentern und Sportvereinen wurde eine neue Werbestruktur aufgebaut. Schnell gab es erste Erfolge. Die Sportvereine „African United“, „Sardegna Oberhausen“ sowie die Handballer des „SC Teutonia Kleinenbroich 1921 e.V.“ liefen daraufhin mit der Trikotaufschrift „Lonsdale London“ auf. “

      http://nazimarkenjaodernein.blogsport.de/ist-xxx-eine-nazismarke/

      • Rob12. Februar 2018 at 19:07

        Danke!

Schreibe einen Kommentar zu Jan Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert